Traditionell gab es in vielen Vereinen Till Eulenspiegel als Büttenredner. Till hält den Menschen den Spiegel vor und rückt damit meistens politische Unzulänglichkeiten in die Öffentlichkeit. Dabei kam er jedoch nicht immer gut an und war oft eher ernst als lustig.
Traditionelle Figuren in der Bütt und auf der Straße
Heutzutage fehlt er in vielen Karlsruher Vereinen, da sich die Interessen und Bedürfnisse geändert haben. "Die Personen, die diese Figuren verkörpert haben, sind teilweise nicht mehr da und es gibt öfter keinen Nachwuchs", erklärt Michael Obert, Ehrenrat und Büttenredner in der Karnevalsgesellschaft Humoristika und ehemaliger Baubürgermeister von Karlsruhe.

Eine weitere traditionelle Figur ist der Narr vom Narrenbrunnen, der auch einen kritischen Vortrag über die Ereignisse des vergangenen Jahres hält.
Dieses Jahr feierte die Karnevalsgesellschaft Badenia ihr 125-jähriges Bestehen mit einer Jubiläumsprunksitzung. Hier parodierte Bernd Lindorf von der KG Fidelio den Narr vom Narrenbrunnen. Michael Obert, der bei der KG Humoristika lange Till Eulenspiegel gespielt hat, hielt die Ladatio.
Die Hexen in und um Karlsruhe
Bei den Umzügen gibt es sehr viele lokale Figuren, die seit Jahrzehnten immer dabei sind. In Karlsruhe und der Umgebung sind es häufig Hexen, beispielsweise die Hottscheck-Hexen aus Grötzingen, eine Schöpfung der Nachkriegszeit, mit ihrer farbenfreudigen Kleidung und handgeschnitzten Holzmasken aus dem Schwarzwald.
Bis zirka 2012 veranstalteten die Hexen ihren spukigen Nachtumzug mit Fastnachtsverbrennung und machten Grötzingen damit zu einem Mittelpunkt der alemannischen Fastnacht, zu dem oft Gastgruppen aus dem Schwarzwald und der Schweiz eingeladen wurden. Anstelle des aus organisationstechnischen Gründen nicht mehr stattfindenden Nachtumzugs findet jedes Jahr zirka 14 Tage vor dem eigentlichen Faschingssonntag der Narrensprung statt.

Die Daxlander Schlampen, 1988 etabliert, tragen auch eine aus Holz geschnitzte Maske. Die Rebhexen wurden 1979 in Ettlingen gegründet und erinnern mit ihrem Namen daran, dass Ettlingen eines der ältesten Weinbaugebiete des Landes Baden ist. Am Faschingsdienstag verbrennen die Rebhexen ihre Besen am Ettlinger Narrenbrunnen, zum Ausklang der Fastnacht, mit großer Anteilnahme des Publikums.
Wie haben sich die Umzüge in den letzten Jahren in Karlsruhe verändert?
Früher waren die Wagen aufwendiger aufgebaut und größer, erklärt Michael Obert. Die Sicherheitsauflagen sind aber heute strenger geworden, und Wagen müssen in der Regel von Privatfirmen gemietet werden, was dann wiederum zu erhöhten Kosten führt. "In Städten wie Köln, wo der Fastnachtsumzug eine touristische Veranstaltung ist, können die Umzüge teilweise von der Stadt unterstützt werden", sagt Obert.

Auch die Themen hier in Karlsruhe haben sich verändert – statt Parodien der allgemeinen Politik ist der Fokus eher auf kommunalpolitische als auch lokale Politik und Politiker ausgerichtet. Aber die Leute wollen sich heutzutage in der Fastnachtszeit amüsieren und nicht so viel über Politik nachdenken.
"Lieber Freude und schönes Leben, lustig sein – das ist eher die Reaktion der Menschen auf schlechte Nachrichten", erklärt der Präsident des Festausschusses Karlsruher Fastnacht, Michael Maier.
Politische und gesellschaftliche Themen in Sitzungen und Umzügen
In den Prunksitzungen wird die Politik weiterhin thematisiert und parodiert, sagt Michael Obert, jedoch ist dieses auch weniger geworden. "Die politischen Büttenreden sind stark im Rückzug in Karlsruhe", so Obert. Insgesamt sei aber Fastnacht diverser geworden, meint er.
Michael Maier sieht das genau so – die Themen spiegeln nicht die Weltpolitik wider, sondern sind eher auf lokalpolitischer Ebene angesiedelt. "Unser Motto für die diesjährige Fastnacht heißt "So bunt wie’s Lebe ebe", erklärt Maier.

"Wenn sich jemand mit einem bunten Nebeneinander auskennt, dann sind es die Fassnachtler". "Heutzutage übernehmen die Leute auf der Bühne andere Rollen als im echten Leben und jede Gesellschaftsschicht wird vertreten", sagt Michael Obert. "Früher gab es sogar bestimmte Vereinsschichten, wie zum Beispiel Arbeitervereine und bürgerliche Vereine.
Heute ist alles durchmischt und die Vereine enthalten alle Schichten. Das war vor 100 Jahren anders, und es blieb in der Nachkriegszeit auch so, bis in die 1950er Jahre. Danach begannen sich, die Dinge zu verändern".

In den 1950er Jahren sind die ersten Tanzgarden entstanden, beispielsweise die Tulpengarde der KG Badenia, und der Gardetanz entwickelte sich in den meisten Vereinen zum Leistungssport. Zwischen dem Fastnacht der Nachkriegszeit und der heutigen Fastnachtzeit sind die Werte und Ziele des Fastnachts aber ähnlich geblieben und die gesellschaftliche Bedeutung ist gewachsen.
Natürlich ist es aber die Verpflichtung der Narren, den Spiegel vorzuhalten, meint Maier. Deswegen werden auch weiterhin lokalpolitische Themen hervorgehoben. Jedoch achtet man darauf, dass niemand auf persönlicher Ebene parodiert wird. "Zu den Themen gehören auch LGBTQ, Gendern, und so weiter," sagt Maier. "Viele Menschen sind heutzutage sehr aufgeschlossen. Auf jeden Fall – wir freuen uns!"