Herr Bottlender, wie sieht das aktuelle Angebot im Bereich Kinder-und Jugendpsychiatrie am Städtischen Klinikum Karlsruhe aus?
Wir behandeln in Karlsruhe als allgemeinversorgende Klinik alle Erkrankungsbilder und zwar in allen Altersbereichen, die für die Kinder- und Jugendpsychiatrie ausgewiesen sind. Konkret hier also vom fünften Lebensjahr bis zur Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres.
Der Standort an der südlichen Hildapromenade verfügt jetzt über zwei Jugendstationen mit insgesamt zwanzig Behandlungsplätzen und einer Schulkinderstation mit zehn Behandlungsplätzen und zwölf tagesklinischen Plätzen auf zwei Gruppen- einer Jugendgruppe und einer Kindergruppe.
Und dennoch ist es derzeit sehr schwierig an einen Therapieplatz zu kommen. Was sind denn die Voraussetzungen, um überhaupt einen Platz zu erhalten?
Ich kann nur für den stationären Bereich sprechen. Bei den stationären Aufnahmekriterien ist es so, dass bei Suizidalität und bei schweren psychiatrischen Erkrankungen- bei akuten bipolaren Störungen, akuten Schizophrenien, akuten Essstörungen sofort aufgenommen wird. Das ist vollkommen klar.
Bei Patienten, die unter Erkrankungsbildern leiden, wo eine gewisse Wartemöglichkeit noch gegeben ist, ist es indes so, dass auch ambulant überbrückt wird. Dadurch haben sich in der Vergangenheit natürlich schon verlängerte Wartezeiten ergeben. Das muss man einfach so sagen. Aber prinzipiell sollte es so sein, dass Kinder und Jugendliche mit entsprechendem Bedarf relativ schnell ein Angebot erhalten.

Und da ist jetzt die Erweiterung der Klinik um 20 Betten schon eine deutliche Hilfe und führt mit Sicherheit auch dazu, dass wir Patienten schneller in die Behandlung bringen können.
Prinzipiell, wenn die Indikation steht, das heißt, wenn ein niedergelassener Arzt beziehungsweise ein Psychotherapeut sagt: Da ist Handlungsbedarf gegeben, dann nehmen wir auch relativ schnell auf.
Wird es durch die Erweiterung zukünftig einen ganz konkreten psychosomatischen Schwerpunkt wie zum Beispiel Traumatherapie geben?
Die Schwerpunkte, die wir uns neben der Allgemeinversorgung gesetzt haben, sind:
- Die Psychosomatik: Diese ist zum Beispiel durch die Behandlung von Essstörungen aktuell sehr gefragt. Da wir mit der Pädiatrie hier am Klinikum einen leistungsstarken Partner haben, wollen wir das psychosomatische Angebot auch erweitern. Bei vielen Kindern und Jugendlichen, bei denen chronische Erkrankungen diagnostiziert werden, wie etwa Stoffwechselerkrankungen liegen in einigen Fällen auch psychiatrische Ursachen zu Grunde, die im Rahmen der Psychosomatik eben behandelt werden können. Und das wollen wir gemeinsam machen.

- Die Therapie für junge Erwachsene: Ein weiterer Schwerpunkt ist das Thema der jungen Erwachsenen. Da haben wir am Standort in Langensteinbach die Ambulanz und das möchte man natürlich auch erweitern, weil nicht nur das ambulante Angebot für die Altersspanne von Nöten ist, sondern auch das stationäre.
- Die frühe Versorgung: Außerdem haben wir noch einen weiteren Schwerpunkt mit der familientherapeutischen Versorgung. Diese ist nur denkbar, wenn sie im Rahmen einer Eltern-Kindbehandlung durchgeführt wird. Das heißt, man nimmt das Kind mit dem Begleitelternteil für einen bestimmten Zeitraum auf, um gemeinsam Schwierigkeiten, die sich in der Beziehung entwickelt haben und daraus resultierende psychische Auffälligkeiten gemeinsam anzugehen.
Wie viele Kinder und Jugendliche stehen derzeit denn auf der Warteliste? Können Sie die Anforderungen decken oder ist das vielleicht auch ein Punkt, warum Sie sagen würden: Gott sei Dank, gibt es jetzt diese zusätzlichen 20 Betten?
Wir haben in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein zweigliedriges System. Auf der einen Seite haben wir Patienten, die angemeldet zur stationären Behandlung kommen. Da geht es dann um Angst- und Zwangserkrankungen oder auch Depressionen.
Und wir haben die Patienten, die aufgrund der Akuität des Erkrankungsbildes, einer sofortigen Aufnahme bedürfen. Dieser Notfallversorgung konnten wir bisher immer nachgehen. Zugleich ist es aber natürlich schwierig, dann auch die Patienten aufzunehmen, die regulär angemeldet sind, weil wir viel Kapazität für Notfälle vorhalten müssen. Das hat Ressourcen und Bettenkapazitäten geblockt.

Durch die Erweiterung der Klinik haben wir jetzt mehr Möglichkeiten, das anders zu verteilen-, weil bisher hat sich die Notfallversorgung auf einer Station abgespielt. Jetzt können wir es auf zwei Stationen verteilen. Das schafft eine Entlastung für alle. Die Patienten haben jetzt mehr Raum und das macht eine Menge aus. Sodass ich davon ausgehe, dass es durch die Erweiterung des Bettenangebots, was das stationäre Versorgungsangebot angelangt, zu einer deutlichen Entlastung kommen wird.
Wie viele Betten stehen denn nun eigentlich zur Verfügung? Ist es richtig, dass durch die Erweiterung nun 50 Betten für die stationäre Behandlung von psychiatrischen Fällen bei Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stehen?
Genau! Wobei, wenn man es genau nimmt, sind es sogar 54 Betten. Hinzu kommen noch die zwölf tagesklinischen Betten plus das ambulante Angebot, was wir über die psychiatrische Institutsambulanz hier haben. Wir haben für komplex oder schwer erkrankte Jugendliche, die einer sofortigen Diagnostik bedürfen, den ambulanten Bereich oder für eine sofortige Behandlung die psychiatrische Institutsambulanz. Dadurch können wir jetzt schon relativ schnell auch akute Erkrankungsbilder ambulant wie auch stationär behandeln.