"Die Vorfälle, über die ich Ihnen berichten möchte, betreffen die Sicherheit der Bahnstrecke Karlsruhe Hauptbahnhof - Karlsruhe-Hagsfeld. Genauer gesagt: Es geht um den Abschnitt vor Karlsruhe-Hagsfeld (von Karlsruhe Hauptbahnhof kommend) zwischen Kilometer 56,4 und 56,8", heißt es in dem Schreiben des Lokführers, der anonym bleiben möchte. 

"Triebfahrzeuge schwanken"

Auf besagtem Streckenabschnitt sei eine maximale Geschwindigkeit von 180 km/h erlaubt. "Bei dieser Geschwindigkeit kommt es seit fast zwei Monaten zu extremen Schwankungen des Triebfahrzeugs", schreibt der Lokführer. Er spricht gar vom Risiko, dass Züge entgleisen. 

Die überlastete Infrastruktur steht bei den Pünktlichkeitsproblemen der Bahn im Fokus.
Ein ICE unterwegs (Symbolbild) | Bild: Daniel Reinhardt/dpa

Das sei auch der automatisierten Drehgestell-Überwachung nicht entgangen. "Der Ruck war so stark, dass sie in der Folge eine Zwangsbremsung auslöste", berichtet der Lokführer. Darüber hinaus beschreibt er die Fahrt als unkomfortabel: "Ich wäre fast vom Führersitz gefallen, weil die Verwerfung so groß ist."

Der besorgte Lokführer sei mit einem Appell einer Geschwindigkeitsanpassung bereits im Juni 2023 an seine Vorgesetzten bei der DB AG herangetreten. Laut eigenen Angaben blieb dieser unbeantwortet. Dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) habe er seine Sicherheitsbedenken ebenfalls mitgeteilt, erklärt er gegenüber der Redaktion. 

Blick entlang der Eisenbahnschienen. Die Brücke der Karlsruher-Straße quert diese.
Blick entlang der Eisenbahnschienen. Die Brücke der Karlsruher-Straße quert diese. | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Was sagt die Deutsche Bahn dazu?

Tatsächlich ergibt sich auf Nachfrage der Redaktion ein etwas anderes Bild. Wie das EBA auf Nachfrage mitteilt, seien die Bedenken sehr wohl eingegangen. "Den von Ihnen genannten Hinweisen war das EBA im Juli 2023 und aktuell im September 2023 im Rahmen der Eisenbahnaufsicht nachgegangen", so die EBA. Daraufhin wurden vonseiten der DB AG sofortige Maßnahmen eingeleitet. So habe die DB AG als Sofortmaßnahme zunächst die Geschwindigkeit im betroffenen Bereich reduziert. 

"Die Betreiber haben regelwerkskonform gehandelt. Das hat unter anderem eine Ermittlung ergeben", so die EBA weiter. Die letztmalige turnusmäßige Messzugfahrt hierzu habe Mitte August stattgefunden. Dort habe sich bestätigt, dass kein sicherheitsrelevanter Zustand vorliege sowie es der Lokführer befürchtet würde.

Gleise werden regelmäßig gewartet

Wenn es nicht die Geschwindigkeit ist, wo liegt dann das Problem? Laut der DB musste die Geschwindigkeit reduziert werden, da es Unebenheiten am Gleis gebe. Den Vorwurf des Fahrers, dass die Verwerfung auf den Gleisen so groß sei, widerspricht der Streckenbetreiber jedoch: "Der besagte Streckenabschnitt ist nicht von Gleisverwerfungen betroffen – sonst würden unsere Züge nicht mehr fahren. Alle Strecken werden in regelmäßigen Abständen untersucht", heißt es auf Nachfrage der Redaktion.

Strecke wird ausgebessert - bis dahin sollen Züge etwas langsamer fahren

Ungeachtet des tatsächlichen Ausmaßes des Problems sind sich alle Beteiligten bei einem Punkt einig: Im Bereich der Strecke "Karlsruher Hauptbahnhof - Karlsruhe/Hagsfeld" besteht Ausbesserungsbedarf. Deshalb verkündet eine Sprecherin der DB AG: "Die notwendigen Richt- und Stopfarbeiten werden bis spätestens Ende des Jahres ausgeführt." Bis der Zug also wieder ruhig über die Schienen gleitet, gilt Tempo 160 km/h - statt 180 km/h. 

Bahnsicherheit

Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) überwacht in der Eisenbahnaufsicht, ob die Eisenbahnunternehmen grundlegende Sicherheitsanforderungen und gesetzliche Bestimmungen einhalten.

Nach dem Gesetz sind die Eisenbahnen uneingeschränkt dafür verantwortlich, den Betrieb sicher zu führen. Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) definiert die Mindeststandards, die zur Gewährleistung der Sicherheit im Eisenbahnbetrieb einzuhalten sind.

Sofern sich Abweichungen von sicherheitsrelevanten Vorgaben ergeben, muss der Betreiber gezielt und in geeigneter Weise eingreifen, um für uneingeschränkte Sicherheit zu sorgen. Bis zur Beseitigung des Fehlers können je nach Einzelfall Ersatzmaßnahmen erforderlich werden, z.B. die Geschwindigkeit zu reduzieren.

In prozessbezogenen Überwachungen und Audits überzeugt sich das EBA etwa davon, dass ein Unternehmen sein Sicherheitsmanagementsystem konsequent umsetzt und weiterentwickelt und dass es aus seinen Erfahrungen und Erkenntnissen aus dem laufenden Betrieb die richtigen Schlüsse zieht.

Im Rahmen von Einzelfallprüfungen wird zudem stichprobenartig oder anlassbezogen kontrolliert, ob die unternehmensinternen Prozesse wirksam sind. Wenn das EBA Verstöße gegen eisenbahnrechtliche Verpflichtungen feststellt, kann es Maßnahmen anordnen und vollziehen.

Eine Ausführung vonseiten des Eisenbahn-Bundesamts (EBA)