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Karlsruhe: Korruptionsprozess Claassen

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Korruptionsprozess Claassen

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    Nach Auffassung der Anklagevertreterin schickte der damalige EnBW-Chef Ende Dezember 2005 an sieben hochrangige Politiker per Weihnachtspost Ticket-Gutscheine für ein Spiel der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Die Staatsanwältin sprach von einer verbotenen, amtsbezogenen "Klimapflege" und verwies dabei auf die Korruptionsgesetzgebung, die eine Höchstgrenze bei Geschenken an staatliche Bedienstete von 150 Euro vorsehe. Die entsprechenden Gesetze wurden erst 1998 nochmals verschärft. Für Vorteilsgewährung reiche danach bereits der "Anschein der Käuflichkeit" aus.

    Es reicht Anschein der Käuflichkeit - Tickets im Wert von 2.000 Euro

    Die Empfänger der Gutscheine, die laut Staatsanwaltschaft "rein rechnerisch" einen Wert von jeweils etwas mehr als 2.000 Euro hatten, waren Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP), vier weitere Landesminister - darunter Umweltministerin Tanja Gönner - und der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Matthias Machnig (SPD). Die Staatsanwaltschaft sieht sich durch den Prozessverlauf bestätigt - die Tickets stellten "einen unangemessenen sozialen Vorteil" für die Eingeladenen dar, die Einladungen zu Weihnachten 2005 seien auch nicht Teil des Marketing-Konzepts vom WM-Sponsor EnBW gewesen, hieß es jetzt im Plädoyer.

    Die geforderte Geldstrafe soll nach dem Willen der Staatsanwältin in 90 Tagessätze zu je 5.000 Euro aufgeteilt werden. Dies wäre knapp unterhalb der Vorstrafen-Grenze. Staatsanwältin Yasemin Tüz räumte allerdings auch ein, dass die mit Claassens Weihnachtspost verschickten WM-Einladungen nach Erkenntnis der Anklagevertretung nicht Teil einer "Bestechungsstrategie" gewesen seien. Claassen habe nicht beabsichtigt, konkrete Entscheidungen beeinflussen zu wollen. Tüz nannte mehrfach das Stichwort "Klimapflege." Der Vorstandschef habe die Empfänger ausgewählt, die für seinen Geschäftsbereich relevant gewesen seien. Die betroffenen Ministerien sind unter anderem, wie Tüz ausführlich darlegte, im Bereich der Strom- und Atomaufsicht für die Energie Baden-Württemberg (EnBW) verantwortlich. Im Plädoyer wurde abermals deutlich, welche Spannungen zwischen der Anklagevertretung und Claassens Anwälten bestehen (ka-news berichtete). Auch Claassen selbst war dabei der Kritik der Staatsanwältin ausgesetzt. Der Prozess mutet Beobachtern an wie "ein großes Schaulaufen" für die Medien.

    Plädoyer der Verteidigung und Urteilsspruch kommende Woche

    Claassen war von Mai 2003 bis September 2007 Vorstandsvorsitzender der Energie Baden-Württemberg AG, die mehrere Kernkraftwerke betreibt. Der 44-jährige Angeklagte hat die Bestechungsvorwürfe im Prozess als "absurd" zurückgewiesen. Die Verteidigung wird am kommenden Dienstag ihr Plädoyer halten. Ein Urteil wird am 28. November erwartet.

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