Vergangene Woche war das Heroinmodellprojekt Thema der Koalitionsspitzen von CDU/CSU und SPD. Die CDU lehnt weiterhin eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ab, welche nötig wäre, um eine Fortsetzung dieser Substitutionsform zu gewährleisten. Nach dem Aufruf von Marion Casper Merk (ka-news berichtete), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, erklärte nun auch Sabine Bätzing, dass die Initiative der Länder über den Bundesrat die letzte Chance sei, dieses Projekt am Leben zu erhalten.
CDU: Keine Aufnahme neuer Patienten
Dies sei äußerst wichtig, da rund 1.000 bis 1.500 Schwerstabhängige nicht mit Ersatzstoffen wie etwa Methadon geholfen werden könne, so Sabine Tanger, leitende Ärztin der AWO-Ambulanz Karlsruhe. Man müsse sich vorstellen, wie sich die Patienten fühlen: "Für viele ist Diamorphin die letzte Chance." Außerdem hätten die Studien ergeben, dass die Therapie mit Diamorphin signifikant erfolgreicher als die Methadon-Therapie sei, betont Bätzing. Dies sei auch der Grund, weshalb man eine Änderung des Betäubungsmittelgesetztes erwirken wolle. Da allerdings beide Koalitionen dem zustimmen müssen, seien der Bundesregierung die Hände gebunden.
Zwar habe die CDU zugestimmt, dass die bereits behandelten Patienten ihre Therapie zu Ende führen können, jedoch keine neuen Patienten aufgenommen werden. Neben der These der Legalisierung einer Droge ist der Hauptgrund der Ablehnung, dass die Heroinabgabe zu teuer sei, da sie drei Mal täglich unter Aufsicht in der Ambulanz verabreicht werden muss. Im direkten Vergleich stimme dies zwar, so Bätzing, doch führe die Heroinersatztherapie auch zu erheblichen Einsparungen und positiven Auswirkungen wie rückläufiger Beschaffungskriminalität oder sinkender Krankheitskosten.
Wo ist das "C" in CDU?
Das Angebot der CDU bezeichnete Bätzing als "faulen Kompromiss". Da das Ziel die Abstinenz sei, gäbe es über die Zeit hinweg immer weniger Patienten, so dass die Ambulanz dieses Projekt irgendwann wirtschaftlich nicht mehr tragen kann. Außerdem stelle dieser "Kompromiss" nur eine Druckverlagerung auf die Kommunen dar, die anschließend dafür aufkommen müssten. Es wäre einfach "nicht nachvollziehbar", wie man die Betroffenen "so einfach im Regen stehen lassen kann".
Zumal die Ergebnisse der Studie eindeutig für sich sprächen und einige der Teilnehmer mittlerweile wieder ein geregeltes Leben führen oder zu Abstinenzprogrammen wechselten. Auch die beteiligten Länder und Kommunen haben die Erfolge dieser Substitutionsform erkannt und verstehen die Welt nicht mehr. "Das 'C' in CDU finde ich momentan nicht", kommentiert Bürgermeister Harald Denecken die derzeitige Situation.
Dass man 1,8 Millionen Euro ohne Unterstützung vom Land investiert habe, sei ja noch in Ordnung, so Denecken; aber den jetzt auftretenden Widerstand habe man nicht erwartet. Sollte es dabei bleiben, sei dies ein extremer Rückschritt. "Die Dealer reiben sich ja schon die Hände in Erwartung ihrer neuen Kunden ab Ende Juni", und die "bestuntersuchten Menschen sitzen bald wieder auf der Straße und müssen sich Dreck in die Venen pumpen", empört sich Denecken. Die sechs Monate bis zum Ablauf des Projekts werden nun genutzt, die Patienten eventuell umzustellen und zu warten, ob eine Initiative des Bundesrats doch noch eine Änderung bewirkt. Schließlich wäre der Druck auf die CDU durch eine Bundesratsmehrheit enorm.