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Berlin: Finanzierung Deutschlandticket: "Nichts ist gelöst", meint Baden-Württembergs Verkehrsminister

Berlin

Finanzierung Deutschlandticket: "Nichts ist gelöst", meint Baden-Württembergs Verkehrsminister

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    Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen), Verkehrsminister von Baden-Württemberg.
    Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen), Verkehrsminister von Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weissbrod/dpa

    Nach wochenlangem Streit und Warnungen vor einem Aus des Deutschlandtickets haben Bund und Länder Schritte zu einer weiteren Finanzierung vereinbart. So sollen in diesem Jahr nicht verbrauchte Mittel 2024 zum Ausgleich finanzieller Nachteile durch das günstigere Ticket bei Verkehrsunternehmen eingesetzt werden können.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich mit deutlichen Worten gegen Antisemitismus gewendet.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich mit deutlichen Worten gegen Antisemitismus gewendet. Foto: Michael Kappeler/dpa

    Darauf verständigten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Montagabend in Berlin, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. In den Blick rückt auch der Preis von bisher 49 Euro im Monat, der ausdrücklich als "Einführungspreis" gilt. Die Verkehrsminister sollen jetzt ein Konzept für die Umsetzung des Tickets 2024 erarbeiten.

    Scharfe Kritik am Beschluss

    Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann kritisiert das Ergebnis der Runde zwischen Bund und Ländern scharf. Nach dem Gipfeltreffen teilt der Grünen-Politiker mit: "Dieser Beschluss zum Deutschlandticket ist ein Nicht-Beschluss: Nichts ist gelöst. Der Bund hat eine schöne Ticket-Idee in die Welt gesetzt, weigert sich aber, dafür Finanzierungsverantwortung zu übernehmen".

    Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen), Verkehrsminister von Baden-Württemberg.
    Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen), Verkehrsminister von Baden-Württemberg. Foto: Henning Kaiser/dpa

    Die Vereinbarung helfe bei der Lösung der strittigen Finanzierungsfrage nicht weiter, meint Hermann. Der Ball sei lediglich zu den Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister der Länder zurückgespielt worden. Einen gültigen Finanzbeschluss können die jedoch nicht fassen. Der müsste durch eine weitere Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzler Scholz erwirkt werden.

    Verkehrsminister Wissing spricht von "Erfolg"

    Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte die Verständigung von Bund und Ländern und bezeichnete das Ticket am Dienstag als großen Erfolg. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein (CDU) aus Hessen, sagte schon vor der Runde mit Scholz, das Ticket für Busse und Bahnen im Nahverkehr in ganz Deutschland sei ein Erfolgsmodell. "Wir wollen es weiterführen." Dazu einigten sich Bund und Länder nun auf ein Vorgehen - aber mit noch offenen Punkten.

    Operation Umschichtung

    Nach einer Verabredung von Ende 2022 schießen beide Seiten in diesem und im nächsten Jahr schon je 1,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Bus- und Bahnbetreibern zu. Doch Knackpunkt waren zuletzt etwaige Mehrkosten darüber hinaus. Dass Bund und Länder sie ebenfalls je zur Hälfte tragen, ist nur für das Einführungsjahr 2023 vereinbart.

    Das Deutschlandticket kann seit 1. Mai in Bussen und Bahnen im Nahverkehr für 49 Euro im Monat genutzt werden.
    Das Deutschlandticket kann seit 1. Mai in Bussen und Bahnen im Nahverkehr für 49 Euro im Monat genutzt werden. Foto: Christoph Soeder/dpa

    Verkehrsbranche und Länder forderten das lange auch für 2024. Davon war nun keine Rede mehr. Als Puffer soll ungenutztes Geld von 2023 dienen können, wozu eine Gesetzesänderung nötig ist. Mit dem angepeilten Konzept der Verkehrsminister soll "eine weitere Nachschusspflicht durch Bund und Länder" 2024 ausgeschlossen werden.

    Genaue Zwischenabrechnung

    Welche Mehrkosten es wirklich gibt, lässt sich noch nicht beziffern. Bund und Länder peilen daher eine genaue "Spitzabrechnung" für 2023 und 2024 an, die nach Vorliegen endgültiger Daten für beide Jahre von den Ländern gemacht werden soll.

    Laut einer Prognose des Verbands der Verkehrsunternehmen dürften die Verluste für die Branche dieses Jahr 2,3 Milliarden Euro betragen, nachdem das Ticket erst Anfang Mai startete. Im vollen Jahr 2024 sollen es dann 4,1 Milliarden Euro sein. Bei sechs Milliarden Euro Zuschüssen für 2023 und 2024 könnte sich unter dem Strich also eine Lücke von 400 Millionen Euro ergeben.

    Der Ball für das Finanzkonzept

    Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte vor der Beratung mit Scholz, die Übertragung nicht verbrauchter Mittel von 2023 schaffe die Grundlage, dass das Ticket auch im nächsten Jahr weitergehen könne. "Ob und in welcher Form das Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben wird, das müssen uns die Verkehrsminister sagen."

    Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr.
    Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr. Foto: Britta Pedersen/dpa/Archivbild

    Insofern werde der Ball da an die Fachminister zurückgegeben. Bund und Länder beauftragen die Verkehrsministerkonferenz, ein Konzept vorzulegen - und zwar rechtzeitig vor dem 1. Mai 2024. Dann wird das Ticket ein Jahr alt. Dafür sollen sich Bund und Länder über die weitere Finanzierung und einen Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises verständigen, "der auch eine Erhöhung beinhalten kann".

    Die heikle Preis-Frage

    Dass der verlockende Start-Preis von 49 Euro einmal wie andere Tarife auch steigen kann, war prinzipiell immer klar. Doch nun kommt eine mögliche Anhebung als Finanzierungselement für 2024 konkret auf den Tisch. Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte prompt, Scholz wolle sich mit dem D-Ticket schmücken, dafür zahlen wolle er aber nicht.

    Das könne nicht funktionieren. "Wenn die Kundinnen und Kunden jederzeit mit einer Preiserhöhung rechnen, dann würgt das den Erfolg des Tickets ab, noch bevor es überhaupt richtig angekommen ist", sagte Greenpeace-Expertin Clara Thompson. Bund und Länder betonten, das Ticket weiterentwickeln, vereinfachen und digitaler machen zu wollen. Und Ziel sei auch, "mit einer erfolgreichen Umsteigeoffensive mögliche Finanzierungsdefizite soweit wie möglich zu senken".

    Wissing lobt Deutschlandticket

    Bundesverkehrsminister Wissing rief die Landesverkehrsminister auf, "sachlich am Erfolg des Deutschlandtickets zu arbeiten und aufzuhören, es ohne Not in Frage zu stellen". Der Beschluss bekräftige noch einmal das im vergangenen Jahr vereinbarte Finanzkonzept und zeige, dass die von den Ländern losgetretene Debatte über die Finanzierung des Deutschlandtickets vollkommen überflüssig gewesen sei. Er bezeichnete das Deutschlandticket als großen Erfolg. Die Länder sollten diese Chance erkennen und alles dafür tun, damit die Abo-Zahlen weiter steigen. "Die nächsten Schritte dafür sind mehr Digitalisierung des ÖPNV-Angebots, der Verzicht auf Konkurrenzprodukte und eine konsequente Vereinfachung der Strukturen."

    (Mit Informationen der dpa)

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