Das Frühjahr hat begonnen und nicht nur die Sonne mitgebracht. Auch für Zecken ist wieder Hochsaison (ausführlichere Infos zum Lebensraum der Zecken und Schutzmaßnahmen finden sich in unserem ka-news Hintergrund). Diese Gefahr wird oft unterschätzt. Inzwischen sind auch erste Exemplare einer tropischen Art, der landläufig als "Monsterzecke" bezeichneten Gattung "Hyalomma-Zecke", die ursprünglich in Asien, Afrika und Teilen Südosteuropas heimisch ist.

Das immer wärmere Klima führt sie aber, ähnlich wie die Tigermücke, nach Deutschland - zumeist über Zugvögel. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sind sie doppelt so groß wie der in Deutschland verbreitete Gemeine Holzbock. Sie können das tropische Krim-Kongo-Fieber übertragen - und bringen so ein neue Krankheitsgefahr mit ins Land.
Monsterzecke ist gefährlicher Krankheitsüberträger
Wird das Virus durch die Zecke ins Blut übertragen, können Darmblutungen, Bluterbrechen und innere Blutungen auftreten. Nach Angaben von Pfizer Pharma, die ein eigenes Infoportal über Zecken betreiben, verläuft die Krankheit bei jedem Zweiten tödlich. Ein Impfschutz sei bislang noch nicht entwickelt. Laut Robert Koch-Institut findet man seit 2007 immer wieder einzelne Exemplare der Hyalomma-Zecke in Deutschland. Im Jahr 2018 sollen es 19 Exemplare in acht verschiedenen Bundesländern gewesen sein, darunter auch in Baden-Württemberg.

Der Erreger des Krim-Kongo-Fiebers ließ sich glücklicherweise bislang bei keiner der gefundenen Tiere nachweisen. "Für die Zukunft ist damit aber durchaus zu rechnen", erklärt Eveline Schwerdt vom Gesundheitsamt Karlsruhe. Im Raum Karlsruhe sei noch kein Exemplar entdeckt worden, so Schwerdt im Gespräch mit ka-news weiter.
Diagnose der Krankheiten oft schwierig
Doch auch die heimischen Exemplare können gefährlich sein. Arten wie der Gemeine Holzbock können vor allem das FSME-Virus übertragen. Darunter versteht man die Frühsommer-Meningoenzephalitis. "Bei FSME ist es so, dass die Erkrankung meist asymptomatisch verläuft, so dass der Patient oft gar nichts bemerkt", erklärt Dr. Fabian Meisel, Oberarzt und Leiter der Zentralen Notaufnahme der Neurologie am Städtischen Klinikum Karlsruhe.

Wenn dennoch Symptome auftreten, sind diese meist grippeähnlich: "Zuerst tritt Fieber in Kombination mit Grippeerscheinungen auf. Das kann von selbst abklingen. Manchmal kommt es aber nach ein bis zwei Wochen zu einem erneuten Fieberanstieg. Der kann mit einer Hirnhautentzündung einhergehen, aber auch mit Entzündungen des Rückenmarkes oder der Nervenwurzeln", so Dr. Meisel gegenüber ka-news weiter.
Impfung gibt es nur für FSME
"Es wurden auch schon schwere Fälle von FSME mit Lähmungen und künstlicher Beatmung auf unserer Intensivstation behandelt. Hier war im Anschluss an die Krankenhausbehandlung eine langwierige Rehabilitation erforderlich", berichtet Fabian Meisel gegenüber ka-news. Das ist für Patient wie Angehörige ein langer Weg.
Da die Krankheit nicht ursächlich behandelbar ist und nur die Symptome bekämpft werden können, empfiehlt sich eine vorbeugende Impfung. Sind Hirnhaut und Nervensystem erst befallen, können starke Kopfschmerzen, hohes Fieber und ein steifer Nacken auftreten, erläutert die Expertin vom Gesundheitsamt, Eveline Schwerdt.

Karlsruhe wird, wie nahezu ganz Baden-Württemberg, als FSME-Risikogebiet eingestuft, sagt sie Schwerdt im Gespräch mit ka-news und erklärt weiter: "Das RKI hat gemeldet, dass in ganz Deutschland von 2016 auf 2017 die Zahlen der FSME-Fälle um 40 Prozent gestiegen sind. 2017 wurden 485 Erkrankungen gemeldet. 2018 waren es 583 Erkrankungen mit FSME und somit ein Anstieg um 20 Prozent."
Borreliose tückischer als FSME
Eine andere, von Zecken übertragene Krankheit ist die Borreliose. "Sie wird im Unterschied zu FSME durch ein Bakterium hervorgerufen", so Eveline Schwerdt. Die Symptomatik ist hier noch komplizierter als bei der FSME, da die Symptome sehr unspezifisch sind, von Müdigkeit bis hin zu Muskelschmerzen.

"Die Folgen können neurologische Ausfälle sein, unter anderem eine Lähmung des Gesichtsnervs. Es kann zu schweren Gliederschmerzen kommen, zu Problemen mit dem Herzen, Hirnhautentzündung, Gelenkentzündungen. Diese Krankheit ist so ein bisschen ein Chamäleon. Sie kann alle möglichen Symptome besitzen", betont Schwerdt. Die Diagnose kann erleichtert werden, wenn der Arzt über einen Zeckenstich, der zeitnah zu den Symptomen auftrat, informiert wird.

Erkennen kann man die Borreliose vor allem an der Wanderröte, eine ringförmige Hautrötung an der Einstichstelle, die immer größer wird. "Das ist ein Zeichen, dass man dringlichst zum Arzt gehen sollte", appelliert Eveline Schwerdt vom Gesundheitsamt Karlsruhe. "Bei frühzeitiger Diagnose kann die Krankheit oft sehr gut mit Antibiotika behandelt werden, wenngleich viele Patienten hinterher noch sehr lang über Beschwerden wie zum Beispiel Gliederschmerzen klagen", so Schwerdt weiter.
Ein langer Arztmarathon
Die Borreliose zu diagnostizieren ist wegen der unspezifischen Symptome oft nicht einfach, das weiß auch Dr. Fabian Meisel. Er erinnert sich im Gespräch mit ka-news an einen Patienten, der vor Kurzem in der Notaufnahme auftauchte und "seit Monaten unter Müdigkeit und Abgeschlagenheit" litt. Bei seinem Ärztemarathon konnte wegen der unspezifischen Symptomatik bis dato nichts konkretes festgestellt werden. "Einen Zeckenstich habe er nicht bemerkt und die Ärzte auch nicht die übliche Wanderröte feststellen können", erklärt der Oberarzt am Städtischen Klinikum.

"Er hat sich dann bei uns in der Notaufnahme vorgestellt, weil Fieber und Kopfschmerzen stärker geworden sind. Wir haben eine Nervenwasseruntersuchung gemacht und dadurch eine Entzündung, die sich letztlich als Borreliose herausgestellt hat, feststellen können. Der Patient wurde schließlich über zwei Wochen mit Antibiotika behandelt und glücklicherweise sind die Beschwerden auch abgeklungen", so der Oberarzt weiter.
Monsterzecke bringt neue Gefahren
Doch manchmal kann es auch zu Langzeitschäden kommen. "Natürlich gibt es auch immer wieder mal Fälle, wo die Borreliose zu spät entdeckt wird und dadurch die Behandlung nicht mehr erfolgreich ist und somit Lähmungen zurückbleiben", erklärt Dr. Meisel. Bleibt die Krankheit unbehandelt, "kommt es zu einer voranschreitenden Entzündung des Nervengewebes und des Rückenmarkes, es kommt zu Hautveränderungen, die man dann als Pergamenthaut bezeichnet", so der Arzt weiter.

Auch wenn die "Monsterzecke" wieder eine neue Gefahr mit sich bringt, wird die Behandlungsweise ähnlich bleiben wie bei den hiesigen Arten. "Es ist in jedem Fall vernünftig, sich mit den heimischen Zecken und deren Umgang und entsprechenden Schutzmaßnahmen einzuüben, denn für die Hyalomma-Zecke werden letztlich dieselben Regeln gelten", empfiehlt Schwerdt. Ihrer Meinung nach habe die Hyalomma-Zecke sogar den Vorteil, dass sie sich leichter entfernen lässt, "da sie im Vergleich zu unseren heimischen Exemplaren relativ groß sind und damit leichter mit der Zeckenzange zu fassen sind", so Eveline Schwerdt vom Gesundheitsamt Karlsruhe.

Dr. Fabian Meisel sieht das Städtische Klinikum auch bei tropischen Krankheiten medizinisch gut aufgestellt: "Grundsätzlich ist es schon so, dass das Städtische Klinikum die diagnostischen Möglichkeiten hat, alle Erkrankungen, die durch die Zecke übertragen werden können, behandeln zu können. Alle Abteilungen, die da möglicherweise involviert sein könnten, haben wir vor Ort", betont der Neurologe.
Zecken leben in "niedriger Vegetation bis maximal 1,50 Meter Höhe", so Eveline Schwerdt vom Karlsruher Gesundheitsamt. Sie fallen nicht, wie gern behauptet, von Bäumen, sondern sind in Gräsern, Kräutern oder Büschen zu finden und klettern von dort auf den Menschen. "Es ist aber ein Irrtum, zu glauben, Zecken gebe es nur im Wald. Die finden sich auch im heimischen Garten, in Parks oder auf Spielplätzen", macht Schwerdt deutlich. Am liebsten haben sie es feucht und warm und lassen sich daher gerne in den Kniekehlen, unter den Achseln, am Nacken oder zwischen den Beinen nieder, wie Schwerdt erklärt.
Grundsätzlich empfiehlt es sich für jemanden, der in der Natur unterwegs ist lange Kleidung zu tragen. "Die Hosen sollten am besten in die Strümpfe gesteckt werden. Es gibt außerdem Sprays, die dafür sorgen, dass man für die Zecken nicht so anziehend ist", so Schwerdt. Ferner ist helle Kleidung ratsam. Wichtig ist aber vor allem, sich nach einem Ausflug in die Natur gründlich auf Zecken abzusuchen und im Fall der Fälle die Parasiten mit einer Zeckenzange oder Zeckenkarte zu entfernen.
Beim Entfernen sollte man jedoch vorsichtig sein. Die Zecke sollte langsam und gerade aus dem Körper gezogen werden. Ein Herausdrehen der Zecke ist nicht ratsam. "Sie bohrt sich mit ihrem Stich in die Haut. Das dauert mehrere Stunden bis überhaupt das Blutsaugen und damit das Übertragen von Erregern einsetzt", erklärt Dr. Meisel. Je länger die Zecke am Körper saugen kann, desto wahrscheinlicher ist eine Infektion mit den gefährlichen Erregern. "Wenn man die Zecke frühzeitig entfernt, ist das Risiko einer Infektion eigentlich gleich null", so der Oberarzt des Städtischen Klinikums.
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