Er polarisiert wie kein Zweiter in der Unterhaltungsbranche: Spätestens seit seinem "Schmähgedicht" spaltet Moderator Jan Böhmermann die Gemüter. Am Donnerstag hat sich der Satiriker in seiner ZDF-Sendung mit einem neuen Werk zurückgemeldet: In seinem aktuellen Song "Recht kommt (K.O. in Karlsruhe)" teilt er gegen die Gangsta-Rap-Szene aus und berappt die deutsche Justiz. Im Zentrum steht auch die Stadt Karlsruhe.
Vermeintlich harte Rapper beschweren sich über Kleinigkeiten
Unter dem Titel "Recht kommt (K.O. in Karlsruhe)" teilt "Pol1z1stens0hn", das Alter Ego von Böhmermann, gewohnt provokativ gegen die sogenannte Gangsta-Rap-Szene und die im Genre übliche harte Sprache aus. Anlass war für den ZDF neo-Moderator ein Facebook-Post des Rappers "Haftbefehl". Dieser beschwert sich über einen Reiseanbieter, von dem er sich ungerecht behandelt fühlt.
Auch seine Rap-Kollegen Bushido und Sido - welchen in ihren Texten keine Probleme mit vulgärer Sprache und Beleidigungen von Personen jeglicher Couleur haben - beschwerten sich zuletzt via Social Media über vermeintliche kleinbürgerliche Lappalien, wie schlechten Service an der Postannahmestelle. Gehören zu den neuen Gegner der Gangster heute etwa die Deutsche Post oder Reisebüro Jahn Reisen? Das Team von "Neo Magazin" lässt das neue Spießbürgertum zwischen den Zeilen durchklingen.
Neue Haftbefehl-Parodie
Diese Vorfälle waren eine Steilvorlage für Böhmermann, der sich in einem Rap-Video die Gangsta-Rap-Szene zur Brust nimmt. Es ist nicht seine erste "Haftbefehl"-Parodie: Nach der Polizei (Song: "Ich hab Polizei" im Dezember 2015), bekommt jetzt die deutsche Justiz mit allen Beteiligten ihr Fett weg.
Eingeleitet wird der Song bei der Sendung mit der ironischen Frage, was kleine Rapper von der Straße und kleine Leute unternehmen können, wenn sie sich "beschissen" und "verarscht" fühlten? Wer könnte diese Ungerechtigkeit klären? Die Antworten liefert der Moderator in seinem knapp dreieinhalbminütigen Rapsong, der in seiner Machart in erster Linie die Gangsta-Rap-Szene durch den Kakao zieht.
Anwälte in teuren Autos, halbnackte Justitia und "Karlsruhesohn"
In seinem Video überträgt der Satiriker die klassischen Stilmittel des Gangsta-Raps auf die Justiz: Neben Juristen, die aus einem Lamborghini steigen, ist auch eine halbnackte Frau als "Justitia", die Göttin der Gerechtigkeit und Symbol der Justiz, zu sehen. Diese beleidigt in derber Sprache die von der Justiz angeklagten Parteien.

Eine große Rolle in Böhmermanns neuestem Werk spielt daher auch die "Stadt des Rechts". Im Zusatztitel seines Rapsongs "K.O. in Karlsruhe" spielt der Satiriker auf den Sitz der beiden höchsten deutschen Gerichte (Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht) und letzten Instanzen bei deutschen Gerichtsprozessen an. Im Refrain ist immer wieder "Recht kommt. 0721, Karlsruhesohn" zu hören - in ironischer Anspielung auf den häufig im Gangsta-Rap verwendeten Begriff "Hurensohn".
Die Botschaft?
Trotz der teilweise derben und überdrehten Darstellung besingt Böhmermann schlussendlich die Kraft des Rechtsstaates und der Justiz in Deutschland - nur eben aus Sicht eines Gangsta-Rappers. Statt rabiater körperlicher Gewalt gibt es beim Gangster von heute "Attacke, Anwaltarmee". Weiterhin sind im Musik-Video Utensilien von Neonazis, dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) und das Logo von Volkswagen zu sehen. Böhmermanns Fazit: "Recht kommt, steht über dir und lacht."
Und wie beurteilen die Angehörigen der Justiz die Böhmermann-Parodie? Im Video selbst ist immerhin auch der aus dem TV bekannte Rechtsanwalt Ingo Lenßen ("Lenßen & Partner") zu sehen, der dort gemeinsam mit Böhmermann posiert.
Ob sich die von Böhmermann besungenen Richter und Staatsanwälte über das neueste Werk des Moderators begeistern oder entrüsten, darüber kann nur spekuliert werden. Auf ka-news-Nachfrage wollte sich das Karlsruher Bundesverfassungsgericht nicht äußern. Zu einzelnen Medienbeiträgen gebe man keine Stellungnahmen oder Bewertung ab, hieß es von der Pressestelle. Auch der Bundesgerichtshof möchte sich nicht zu dem Video äußern.
Hintergrund
Jan Böhmermann ist deutscher Satiriker und Fernsehmoderator. Er moderiert seit 2013 die Satiresendung Neo Magazine Royale, welche wöchentlich auf ZDF neo ausgestrahlt wird. Böhmermann veröffentlicht seit 2015 unter anderem unter seinem Rap Alter Ego "Pol1z1sten0hn" Song-Parodien. Bekannt wurde der Entertainer bundesweit durch die "Böhmermann-Affäre" und den sogenannten "Varoufakis-Fake". Die Böhmermann-Affäre entwickelte sich nach einem Fernsehbeitrag des TV-Moderators in Bezug auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Erdogan: Mit dem Vortrag einer Schmähkritik im März 2016 - unterbrochen durch erläuternde Einschübe - wollte Böhmermann aufzeigen, wie in Deutschland eine verbotene Schmähkritik funktioniere. Die türkische Regierung erstattete daraufhin Strafanzeige basierend auf Paragraf 103 Strafgesetzbuch (Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten). Das Verfahren wurde ein halbes Jahr später eingestellt. Der Paragraf wurde im Juni 2017 durch den Bundestag abgeschafft.