Im Karlsruher Zoo können sich blinde und sehbehinderte Menschen nun besser orientieren. Seit dem 22. März können Betroffene auf einen taktilen Zooplan zurückgreifen, den das Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt hat.
Der Plan besteht aus erhobenen Punkten und sehr deutlicher Farbgebung. Der Zoo Karlsruhe ist deutschlandweit der erste Zoo, der einen taktilen Leitplan einführt - Zoodirektor Matthias Reinschmidt hofft, dass weitere Zoos dem Beispiel aus der Fächerstadt folgen.
Taktilen Zooplan gibt es nur in Karlsruhe
Der Plan bedeutet für blinde und sehbehinderte Menschen mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in Karlsruhe. "Der taktile Plan für den Zoo verbessert diese Rahmenbedingungen für Blinde und sehbehinderte Menschen", sagt Ulrike Wernert, Behindertenbeauftragte der Stadt Karlsruhe, "und trägt damit zu Inklusion bei." Aber: Er kann eine sehende Begleitperson nicht ersetzen, das bestätigt SZS-Mitarbeiter Gerhard Jaworek im Gespräch mit ka-news. Er ist selbst blind und war an der Umsetzung maßgeblich beteiligt.
Taktiler Plan schön und gut - aber wie steht es an anderen Stellen in der Stadt um die Inklusion von blinden- und sehbehinderten Menschen? Wie kommen die Menschen mit eingeschränkter oder gar keiner Sehfähigkeit beispielsweise überhaupt in den Karlsruhe Zoo?
Marktplatz wurde "freiwillig" umgestaltet
Jemand, der über dieses Thema bestens Bescheid weiß, ist Ulrike Wernert. Die Behindertenbeauftragte der Stadt Karlsruhe setzte sich unter anderem für einen anderen Bodenbelag am Marktplatz ein. Dort wurde erst auf Drängen des Beirats für Menschen mit Behinderung ein blindenfreundlicher Bodenbelag beschlossen.

"Hier bedurfte es vieler Argumente und Gespräche, um Verantwortliche davon zu überzeugen, dass für Blinde und sehbehinderte Personen auch außerhalb der Pflicht die Nutzung des öffentlichen Raums komfortabel und sicher möglich sein muss", so Wernert. Schlussendlich war Wernert mit ihrem Anliegen erfolgreich - der neue Bodenbelag ist sehbehindertenfreundlich ausgestattet.
Blindenleitsystem ist vorgeschrieben
Denn: Es gibt in Deutschland DIN-Vorschriften, die gewisse Maßnahmen vorschreiben, damit sich Blinde und Sehbehinderte im öffentlichen Raum bewegen können. Nach dem Gesetz gelten Menschen die weniger als zwei Prozent sehen als blind. Bei einem Sehvermögen von unter 30 Prozent wird von einem Sehbehinderten gesprochen. In Karlsruhe gibt es 1.274 Menschen die keine oder nur eine eingeschränkte Sehfähigkeit haben.
Zu den Maßnahmen gehört zum Beispiel das Blindenleitsystem, das bei der Straßenüberquerung und dem Auffinden von Haltestellen hilft: Die weißen Linien auf dem Boden.

Zusätzlich helfen spezielle Ampeln an Kreuzungen. Einige Ampeln haben neben einem Taster der vibriert wenn es grün ist, auch ein zusätzliches akustisches Signal. "Blinde neigen dazu schräg zu laufen. Daher hilft so ein akustisches Signal ungemein, um sicher die andere Straßenseite zu erreichen", sagt Beate von Malottki, die auch im Beirat für Menschen mit Behinderung in Karlsruhe sitzt.

Mit Bus und Bahn kann es da schon mehr Schwierigkeiten geben. Das weiß auch Beate von Malottki, die aufgrund einer Hirnhautentzündung seit ihrem sechsten Lebensjahr blind ist: "Ich muss an den Haltestellen immer Passanten fragen, welche Bahn denn gerade einfährt", sagt sie gegenüber ka-news.
Es gibt noch genug zu tun an den Haltestellen
Dieses Problem ist auch den Verkehrsbetrieben Karlsruhe (VBK) bekannt - bislang gibt es dafür aber noch keine konkrete Lösung. Langfristig könnt eine App die Lösung sein: "Über eine solche App könnten sich blinde oder sehbehinderte Fahrgäste über ihr Smartphone künftig an der jeweiligen Haltestelle ansagen lassen, welche Tram- oder Stadtbahn gerade in die Haltestelle einfährt", so die VBK auf ka-news-Anfrage.
Entwicklungspotenzial in Sachen Barrierefreiheit für Blinde herrscht auch noch am Hauptbahnhof. Doch nicht nur dort, sondern der komplette öffentliche Nahverkehr in Karlsruhe soll bis zum Januar 2022 vollständig barrierefrei ausgebaut werden. Damit sollen die knapp 25.000 Menschen, die in Karlsruhe einen Schwerbehindertenausweis besitzen, leichter durch die Fächerstadt kommen.