Damit erübrige sich die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens, so das Regierungspräsidium weiter. Bereits im Vorfeld der Ende Mai 2007 eingereichten Anträge auf Durchführung des Raumordnungsverfahrens und auf Zulassung einer so genannten Zielabweichung hatte das Regierungspräsidium die Stadt und das Unternehmen in mehreren Besprechungen auf die landesplanerischen Vorgaben hingewiesen. Bis zuletzt bestand auf Seiten der Raumordnungsbehörde die Hoffnung, dass das geplante Ikea-Projekt so angepasst würde, dass die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens sinnvoll und zielführend wäre (ka-news berichtete).
Zu viele Quadratmeter Verkaufsfläche von Ikea geplant
Ikea hatte seine ursprüngliche Planung abgeändert und zuletzt ein Ikea-Haus, einen Bau- und Gartenmarkt und einen Küchenfachmarkt mit zusammen 40.000 Quadratmetern Verkaufsfläche geplant. Trotzdem bleibt nach Ansicht des Regierungspräsidiums die Verletzung des so genannten Kongruenzgebotes und des Integrationsgebotes bestehen. Beide Gebote seien sowohl im Landesentwicklungsplan von Baden-Württemberg als auch im Regionalplan Mittlerer Oberrhein festgeschrieben.
So würden beim Ikea-Einrichtungshaus die Umsätze lediglich zu etwa zehn Prozent, bei den ergänzenden Fachmärkten nur zu 43 Prozent aus dem Mittelbereich Rastatt stammen. Ausschlaggebend seien insbesondere die vorgesehenen 5.450 Quadratmeter Verkaufsflächen für so genannte zentrenrelevante Sortimente (Glas/Porzellan/Keramik, Haushaltswaren, Heimtextilien und Bettwaren).
Verletzung des Beeinträchtigungsgebots nicht auszuschließen
Nach den landesweit gültigen Vorgaben dürften an so genannten nicht integrierten Standorten, wie hier in einem peripher gelegenen Gewerbegebiet an der Autobahn A5, höchstens 800 Quadratmeter Verkaufsfläche für solche Sortimente vorgesehen werden. Eigentlich gehört auch der Verkauf von Teppichen und Leuchten dazu, was den Umfang der von Ikea in Rastatt vorgesehenen Verkaufsfläche für solche zentrenrelevanten Sortimente sogar auf 8.450 Quadratmeter erhöhen würde.
Da die genannten Vorschriften landesweit und für alle Antragsteller gelten würden, hatte das Regierungspräsidium Karlsruhe bereits im vergangenen Jahr die Verkaufsfläche eines Wohnkaufhauses der Unternehmensgruppe Lutz/Neubert für einen Standort am Rande des Oberzentrums Pforzheim auf 800 Quadratmeter zentrenrelevanter Sortimente begrenzt. Hinzu komme eine nicht auszuschließende Verletzung des Beeinträchtigungsgebotes, da sich bereits aus den Antragsunterlagen eine Überschreitung der zulässigen Werte in Teilbereichen ergebe.
Rastatts OB Walker enttäuscht - gerichtliche Kontrolle vorgesehen
Klaus-Eckhard Walker sieht die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle (Foto: pr) |
Rastatts Oberbürgermeister Klaus-Eckhard Walker begrüßte die schnelle Entscheidung des Regierungspräsidiums, "weil wir damit schneller dem Ergebnis einer Ansiedlung von Ikea am Standort Rastatt entgegen sehen können". Was auf den ersten Blick enttäusche, eröffne auf den zweiten Blick alle Möglichkeiten einer gerichtlichen Kontrolle, die die Firma Ikea mit Nachdruck herbeigesehen haben möchte.
Die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderates der Stadt Rastatt wurden über die zu erwartende Entscheidung bereits am vergangenen Donnerstagabend informiert und wollen am kommenden Montag, 25. Juni, in der Gemeinderatssitzung unter dem Tagesordnungspunkt "Ikea-Ansiedlung in Rastatt" über die Beschreitung des Rechtsweges reden.
"Prinzipienreiterei"?
Die Ikea-typische Projektplanung kann nach Auffassung des Regierungspräsidiums in Baden-Württemberg allenfalls in einem Oberzentrum umgesetzt werden. Rastatt ist jedoch nur Mittelzentrum. Auch wenn es in der gesamten Region Mittlerer Oberrhein hierfür an einem entsprechenden Standort fehlen sollte, der den spezifischen Anforderungen von Ikea gerecht werde, könne das Regierungspräsidium als Verwaltungsbehörde dennoch keine Befreiung über ein Zielabweichungsverfahren zulassen. Eine solche käme nämlich nur dann in Betracht, wenn dadurch die Grundzüge der Landesplanung beziehungsweise Regionalplanung nicht tangiert würden.
Da dies hier aber eindeutig der Fall wäre, könne sich das Regierungspräsidium nicht an die Stelle der Plangeber (Land und Regionalverband) setzen und das gesamte raumordnerische Ordnungssystem aufheben. Das Ergebnis stelle keine "Prinzipienreiterei" dar, so das Regierungspräsidium Karlsruhe, weil es letztlich um den Schutz aller umliegenden Innenstädte vor einem übermäßigen Kaufkraftabfluss und einer damit einhergehenden Gefährdung aller, oft aus Steuergeldern geförderter, Bemühungen um den Erhalt urbaner und lebensfähiger Innenstädte gehe.