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Karlsruhe: Herr über 1.645 PS: Dieser Mann steuert den Karlsruher Tunnelbohrer

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Herr über 1.645 PS: Dieser Mann steuert den Karlsruher Tunnelbohrer

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    Björn Döppner ist Schichtingenieur beim Bau des Karlsruher Stadtbahntunnels.
    Björn Döppner ist Schichtingenieur beim Bau des Karlsruher Stadtbahntunnels. Foto: cob

    Einer von den Tunnelbauern ist Björn Döppner: Er ist gelernter Bauingenieur und kommt aus Essen. Als Schichtingenieur bei der BeMo Tunnelling überwacht der 34-Jährige zusammen mit zwei weiteren Kollegen den Tunnelvortrieb im 24-Stunden-Betrieb.

    Die Schichtingenieure koordinieren die Arbeiter unter Tage, halten Kontakt zum Bauherrn - der Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig) - und überwachen die Führung der 1.645 PS-starken Maschine durch den Schildfahrer.

    Herr Döppner, wann darf man sich hinter das Steuer eines tonnenschweren Tunnelbohrers setzen? 

    Schildfahrer ist ein Anlernberuf. Viele von ihnen kommen ursprünglich aus dem Stahlbau, sind beispielsweise Schlosser oder ähnliches. In der Regel arbeiten die angehenden Schildfahrer schon viele Jahre auf der Maschine und werden dann über mehrere Monate eingelernt.

    Und was macht ein Schildfahrer genau?

    Er steuert den Vortrieb der Maschine und überwacht, dass sie auf Achse bleibt; dass der Tunnel richtig gebaut wird. Im Prinzip ist er mit einem Kapitän oder Pilot zu vergleichen.

    Gibt es Ausschlusskriterien?

    Ja, Platzangst sollte man bei der Arbeit unter Tage eher nicht haben. Man muss teamfähig sein und sich mit der Arbeit identifizieren können. Es ist kein "nine to five job" für Einzelkämpfer.

    Hat "Giulia" nur einen Schildfahrer?

    Nein, es gibt drei feste Fahrer - einer pro Schicht.

    Wie hoch ist die maximale tägliche Vortriebsleistung?

    Sie liegt bei 30 Metern in 24 Stunden.

    Wie viele Arbeiter sind am Bau des Karlsruher Stadtbahntunnels beteiligt?

    Beim reinen Vortriebspersonal pro Schicht sind es um die zehn Personen auf der Maschine. Sechs weitere sind in der Separieranlanage oberirdisch tätig. Insgesamt sind wir zirka 85 Mann, die sich im Schichtsystem um den Vortrieb kümmern.

    Kannten sich die Arbeiter schon vorher?

    Ja, in der Regel besteht eine Mannschaft aus 10 bis 15 Personen. Es wird versucht, sie zusammen auf den Baustellen einzusetzen. Der Tunnelbau ist eine kleine Familie, man sieht alle paar Jahre immer wieder die gleichen Gesichter.

    Gibt es außer "Giulia" noch weitere weibliche "Arbeiter" unter Tage?

    Nein, in Karlsruhe fest im Vortriebsteam nicht. Der Tunnelbau ist noch eine klassische Männerdomäne. Wir haben aktuell jedoch eine weibliche Vermesser- und Geologin. Und natürlich unsere Giulia - die Namenspatin als gute Seele im Büro.

    Es ist Ihre dritte Baustelle, zuletzt waren Sie in Amsterdam beim Bau einer neuen Metro-Linie (Noord Zuidlijn) tätig - was ist das Besondere am Karlsruher Tunnel?

    Er ist im Bau einer der kompliziertesten.

    Warum?

    Aufgrund der geringen Überdeckung im innerstädtischen Bereich ohne Bodenverbesserungsmaßnahmen über dem Tunnel, zum Beispiel durch ein Eisdach oder Injektionen über der Tunnelfirste. Unter der grünen Wiese ist das kein Problem, aber in Karlsruhe geht  an der Oberfläche das alltägliche Leben seinen gewohnten Gang. Mir fällt weltweit kein Tunnel ein, bei dem dies der Fall ist.

    Für Karlsruhe ist der Tunnel ein Jahrhundertprojekt - wie beurteilen Sie das?

    Mit seinen 2,04 Kilometern kurz, aber anspruchsvoll. Es ist ein notwendiges Projekt, viele Städte haben die Erweiterung der Infrastruktur verpennt, das muss jetzt nachgeholt werden. Mit der Weiterentwicklung der Maschinentechnik lassen sich immer schwierigere Projekte realisieren. Vor 50 Jahren wäre der Tunnelbau in der Form hier nicht möglich gewesen.

    Aktuell geht es überraschend flott voran im Vortrieb - Sie sind bis zu 50 Prozent schneller als geplant. Was könnte den Zeitvorsprung noch zunichte machen?

    Ein altes Sprichwort im Bergbau sagt: Vor der Hacke ist es dunkel. Man weiß nie, was in der nächsten Minute passiert. Das kann sich im Tunnelbau immer schnell ändern. Es könnten noch alte Anker oder alte Keller auftauchen, die den Vortrieb verzögern würden - man weiß nicht, was vor 50 und 100 Jahren im Untergrund verbuddelt worden ist.

    Die Fragen stellte Corina Bohner.

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