"Der eigentliche Zweck des Heizkraftwerks ist es, das Herz für die Fernwärme zu sein", erklärt Manuel Rink, Hauptabteilungsleiter im Technischen Bereich "Wärme". Wie ein Herz das Blut "sauge" das Werk die Wärme von den Wärmeproduzenten an und verteile sie dann im Netz der Stadt.
Fernwärme vom RDK und der Miro
Hauptproduzent der Fernwärme ist das Rheinhafen Dampfkraftwerk (RDK) der EnBW. Im Block 7 erzeugt das Werk den größten Teil der Wärme in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Bei diesem Prinzip fällt Wärme als Nebenprodukt der Stromerzeugung an.
Von 100 Prozent Primärenergie aus dem Einsatz eines Brennstoffs - im Fall des RDK ist dies Steinkohle - entstehen bei der KWK rund 35 Prozent Strom und 50 Prozent Wärme. Im Gegensatz dazu produziert ein Kraftwerk ohne KWK zwar Strom mit einem Effizienzgrad von 40 Prozent , allerdings können die restlichen 60 Prozent der erzeugten Energie nicht weiter verwertet werden. Dadurch nutzt die KWK den Brennstoff wesentlich besser aus.
Wärmeproduktion ohne zusätzlichen Brennstoff
Im bisher kältesten Winter 2009 forderten die 23.000 Haushalte in Karlsruhe, die am Fernwärmenetz hängen, eine Stundenlast von 286 Megawatt Wärme. Der Block 7 des Dampfkraftwerks am Rhein, der so genannte RDK 7, allein erbringt eine maximale Leistung von 220 Megawatt pro Stunde und war damit bisher der einzige externe Wärmelieferant. Seit Ende November führt nun eine zweite externe Leitung von der Mineralölraffinerie Mittlerer Oberrhein (Miro) zum HKW.
40 Kilowatt der dort bei den Raffinerieprozessen anfallenden Abwärme gelangen über das HKW ins Karlsruher Wärmenetz. Besonders die Stadteile Knielingen und Neureut sollen von der Zusammenarbeit profitieren, wenn die Leitung im Frühjahr offiziell ihren Betrieb aufnimmt. "Abwärme, die bisher nicht nutzbar war, wird nun für die Stadt nutzbar gemacht", erklärt Manuel Rink das innovative Projekt.
"Diese Wärme fällt ohne ein Gramm mehr an Brennstoff an", weshalb die zusätzliche Energie kohlendioxidfrei und damit umweltfreundlich ist. Mit den beiden externen Wärmeproduzenten ist die Wärmeleitung jedoch komplizierter, weil das Werk die Wärme aus zwei verschiedenen Quellen ins Netz einspeist.
HKW kann die ganze Stadt versorgen
Durch die neue Bezugsquelle kommt das HKW selbst erst zum Einsatz, wenn das RDK außer Betrieb ist. Sobald es seine Turbine in Gang setzt, produziert diese konstant 100 Megawatt thermische Energie. "Damit können wir die ganze Stadt versorgen", bemerkt Rink. Verbrauchen die Karlsruher mehr als diese Energiemenge, lieferen das Heizwerk Ahaweg und die Miro den Rest. Normalerweise produziert das Werk mit Erdgas als Brennstoff Wärme und damit Strom für die Spitzenlast, das heisst für eine kurzfristig auftretende hohe Leistungsnachfrage bei beiden Energieformen.
"Fernwärme macht nur dort Spaß, wo eine hohe Wärmedichte ist" erläutert Manuel Rink, also besonders in dicht besiedelten Gebieten und im Hinblick auf die dort produzierten Kohlendioxid-Emissionen. Obwohl die Kosten für Fernwärme nicht in Stein gemeißelt sind, bescheinigt Rink der Fernwärme eine gewisse Preisstabilität - zumal sie nur sehr gering von einem Brennstoff abhängig ist: "Den Kesseln ist es egal, mit was sie beheizt werden."
16 Prozent der Karlsruher Haushalte sind am Fernwärmenetz
Neben fossilen Brennstoffen wie Erdgas, Kohle und Heizöl liefern auch erneuerbare Energien wie Solarenergie, Erdwärme oder Biogas den Antriebsstoff für die Fernwärmeproduktion. Aufgrund ihrer energieeffizienten Produktion als Nebenprodukt der Stromgewinnung oder der Erdölverarbeitung ohne zusätzlichen Brennstoffverbrauch kann die Fernwärme dafür sorgen, Emissionswerte zu reduzieren: "In Ballungsräumen sind Fernwärmesysteme nicht zu toppen."
Warum die Fächerstadt nicht ihre gesamte Wärmeversorgung aus der Fernwärme zieht, beantwortet sich mit den Kosten für das im Vergleich zum Gasnetz viel aufwändigere System und der daraus resultierenden Wirtschaftlichkeit: Die Wärmerohre sind größer als die Gasrohre. Während eine Gasleitung lediglich ein Rohr mit einigen Dezimetern Durchmesser benötigt, müssen die Mitarbeiter der Stadtwerke für die umweltschonende Fernwärme zwei Rohre für Hin-und Rücklauf verlegen. Das ist aufwänderiger und wesentlich kostenintensiver.
Neue Leitungen nach Daxlanden, Grünwinkel und Oberreut
Der Anteil der Fernwärmeversorgung liegt bundesweit bei 15 Prozent. Im Westen Deutschlands beschränkt sich diese ausschließlich auf größere Städte. Im Osten der Republik erreichen die Leitungen auch kleinere Städte in ländlichen Gegenden.
16 Prozent der Karlsruher Haushalte erhalten ihre Energie für die Heizung und das warme Wasser über die Wärmeenergie. Bis 2020 wollen die Stadtwerke insgesamt 30.000 Karlsruher Haushalte mit Fernwärme versorgen. Dazu will der Energieversorger in Zukunft Leitungen nach Daxlanden, Grünwinkel und Oberreut verlegen.
Trotz aller Vorteile lohne sich die Fernwärme etwa für den Eigentümer eines Einfamilienhauses kaum, bemerkt Manuel Rink. Meist ist an Grundstücken bereits ein Gasanschluss vorhanden, weshalb ein Fernwärmeanschluss sich nicht rechnet. Aber "ab einem Acht-Familien-Haus ist Fernwärme die günstige Variante."