Die Studierenden hatten zuvor mehrheitlich für die Zivilklausel gestimmt (siehe auch: "Keine Militärforschung am KIT"). Die Gewerkschaften Verdi und GEW zusammen mit der Gewerkschaftlichen Studierendengruppe hatten zu einer öffentlichen Veranstaltung in der Universität Karlsruhe zum Thema „Für Frieden und freie Wissenschaft - Gegen Militärforschung an der Uni - Zivilklausel für KIT“ geladen.
Für das gesamte KIT wurde von Anfang an die Übertragung der Zivilklausel des Forschungszentrums verlangt. Das für die KIT-Gesetzgebung zuständige Land Baden-Württemberg – vertreten durch Minister Professor Peter Frankenberg - und der Rektor der Universität Professor Horst Hippler verhielten sich dazu ausweichend. Der Rektor musste auf Bundestags- und Landtagsanfragen und "Nachbohren" der Gewerkschaft Verdi hin zugeben, dass am Nachrichtentechnischen Institut NTI unter der Leitung von Professor Friedrich Jondral wehrtechnische Forschung betrieben werde.
"Wer Wehrforschung machen will, kann das an Bundeswehr-Universitäten tun"
Demnach pflege das NTI bereits seit 1964 weitgehend unbekannte, stillschweigende Kooperationen mit Wehrforschungsinstituten. Generationen von Studierenden hätten damit über Studien- und Diplomarbeiten der Wehrforschung zugearbeitet, in der Regel ohne darüber Kenntnis zu haben. Das sei durch einen Diskussionsbeitrag von Dr. Christoph Klein-Brabender ins Rollen gebracht worden. Er berichtete über seine Aktivitäten Ende der 1980er Jahre als Mitglied des Senats der Universität Tübingen am Beispiel eines beabsichtigten Kooperationsvertrags mit dem damaligen Forschungsinstitut für Informationsverarbeitung und Mustererkennung (FIM) in Ettlingen. Angeblich sollte die Kooperation ausschließlich friedlichen Zwecken dienen. Als jedoch die Offenlegung verlangt wurde, sei der Vertrag geplatzt.
Unter großem Beifall der Anwesenden bekräftigte Nadja Brachmann, Studierendenvertreterin im Uni- und KIT-Senat, dass das grundgesetzliche Freiheitsrecht der Studierenden, Doktoranden und studentischen Beschäftigten eine Zivilklausel erfordert, damit sie nicht von Professoren unwissentlich in Militärforschungsprogramme eingebunden werden können. Wer Wehrforschung machen möchte, könne das an Bundeswehr-Universitäten tun. Zum Beispiel in München, wo man gerade am gleichen Wehrforschungsprogramm wie am NTI arbeiten würde. Bei einer Urabstimmung Ende Januar waren 63 Prozent der abstimmenden Studierenden der Universität Karlsruhe dafür, die Zivilklausel in das KIT-Gesetz aufzunehmen.
Zivilklausel: Einzig eine Frage des politischen Wollens
Reiner Braun von der Naturwissenschaftler-Friedensinitiative und Dr. Wolfgang Liebert, IANUS Universität Darmstadt, hatten an die besondere Verantwortung der öffentlich-finanzierten Wissenschaftseinrichtungen für den Friedensauftrag der Verfassung erinnert und den Standpunkt vertreten, dass die Zivilklausel für Universität und KIT ein riesiger auch für andere Universitäten beispielhafter Gewinn wäre. Die gegenteilige juristische "Mainstream-Interpretation" der Verfassung, dass diese gerade die Freiheit für Militärforschung garantiere, wurde mit einem erstmals in der Versammlung vorgestellten Gutachten widerlegt.
Professor Erhard Denninger, bekannter Verfassungsrechtler und Emeritus der Universität Frankfurt a.M., ist in seinem von Verdi und GEW initiierten und von der Hans-Böckler-Stiftung beauftragten Gutachten zum Schluss gekommen, dass Artikel 5, Absatz 3 des Grundgesetz den Gesetzgeber nicht daran hindert, im Gesetz für die neue Körperschaft KIT die Friedens-Finalität der geplanten Forschung durch eine Zivilklausel auszudrücken. Es sei einzig eine Frage des politischen Wollens.
Leni Breymaier, Verdi-Landesbezirksleiterin Baden-Württemberg, hielt in diesem Sinne eine geteilte Zivilklausel ohne Gültigkeit für den Universitätsteil nicht für akzeptabel und appellierte an Landes- und Bundesregierung, sich der öffentlichen gesellschaftlichen Debatte über Militärforschung und Zivilklausel zu stellen. Die Diskussion um die geforderte Zivilklausel sei im Kern die politische Diskussion um Macht und Geld, über massenhafte Zivilopfer der Kriege, über zivile Konfliktlösungswege und die Umverteilung von Rüstungsausgaben für soziale Zwecke und Bildung. Die Veranstalter betonten, dass dies erst der Anfang einer notwendigen Auseinandersetzung sei und die Vernetzung mit Initiativen an anderen Universitäten angestrebt werde.
Karlsruhe