Startseite
Icon Pfeil nach unten
Karlsruhe
Icon Pfeil nach unten

Karlsruhe: Gesetz gegen Motorradkrach? "Ein generelles Fahrverbot ist völliger Schwachsinn!"

Karlsruhe

Gesetz gegen Motorradkrach? "Ein generelles Fahrverbot ist völliger Schwachsinn!"

    • |
    • |
    Am Anfang der Saison sind Biker lieber besonders vorsichtig unterwegs, um sich wieder an die Maschine zu gewöhnen.
    Am Anfang der Saison sind Biker lieber besonders vorsichtig unterwegs, um sich wieder an die Maschine zu gewöhnen. Foto: Judith Michaelis/dpa-tmn

    Motorräder sollen leiser werden: Das hat der Bundesrat in einer Sitzung bereits am 15. Mai beschlossen. Auch der Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann, hat sich in einem Brief an den Bundesrat für diesen Schritt ausgesprochen. Konkret umgesetzt werden soll der Beschluss in zwei Schritten.

    Nicht lauter als ein Profifön - "Ich bin überzeugt, dass das geht"

    Zum einen sollen neu zugelassene Motorräder nicht lauter als 80 Dezibel sein dürfen. Diese Lautstärke ist ungefähr vergleichbar mit einem hochwertigen Haarfön und dient dazu, in Zukunft die Ohren der Anwohner viel befahrener Motorrad-Strecken zu verschonen.

    undefined
    Foto: Monique Wüstenhagen/dpa-tmn

    Fahrzeuge, die diesen Grenzwert überschreiten, sollen laut Bundesratsbeschluss in Zukunft von der Polizeibehörde beschlagnahmt werden. Darüber hinaus sollen Modifikationen, die die Lautstärke erhöhen, höher bestraft werden. Dass eine solche Forderung nach leiseren Maschinen durchaus legitim ist, findet auch Holger Siegel. 

    "Wir sind überzeugt, dass das geht", so der Experte vom Arbeitskreis Motorradlärm des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Gespräch mit ka-news.de. "Ich selbst fahre ein Motorrad aus den Neunzigern, dass dieses Limit einhält."

    Motorradhersteller müssen umdenken

    Dennoch würde ein solches Lärmverbot eine große Umstellung für die Motorradhersteller bedeuten. Der Grund: Laut Siegel hält sich fast kein neues Motorrad mit Verbrennungsmotor aktuell an das 80-Dezibel-Limit. Motorsteuerung und Auspuffanlagen seien so entworfen, dass sie einen besonders lauten Klang erzeugen. Dieser sei zwar für die Fahrer und Beifahrer angenehm, jedoch nicht für Außenstehende. "Diese Firmen sind Marktführer im Lärm", meint Siegel.

    Motorradfahrer sind sichtbarer - und damit sicherer - wenn sie sich auf der Fahrbahn etwas hin und her bewegen. Schlangenlinien sollten sie aber natürlich nicht fahren.
    Motorradfahrer sind sichtbarer - und damit sicherer - wenn sie sich auf der Fahrbahn etwas hin und her bewegen. Schlangenlinien sollten sie aber natürlich nicht fahren. Foto: Judith Michaelis/dpa-tmn

    Als vorbildliches Beispiel nennt der BUND-Experte hingegen die grünen Polizeimotorräder aus den frühen 2000ern: sie waren für innerstädtische Einsätze entworfen worden und waren trotz Verbrennungsmotor in der leiseren Fraktion der motorisierten Zweiräder angesiedelt.

    Sind E-Motorbikes eine Lösung?

    Auch wenn die Polizeimotorräder vergleichsweise leise waren, gibt es trotzdem noch Verbesserungsansätze: Die Initiative "Silent Rider" setzt sich schon seit Jahren für weniger Motorradlärm ein. Neben der Einführung einer Schallobergrenze fordert sie auch beispielsweise die staatliche Förderung und Subvention von Batterie-elektrischen Motorrädern, die um einiges leiser sind.

    undefined
    Foto: Zero Motorcycles

    Beispielsweise liefern elektrische Bikes wie das SR/S der amerikanischen Firma Zero Motorcycles eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 200 Stundenkilometern - zu einem Preis, der vergleichbar mit den Angeboten von BMW und Yamaha ist. Das sei ein Schritt in die richtige Richtung, meint Siegel.

    Und die Initiative geht sogar noch weiter: So fordert "Silent Rider" auch ein Verbot, Motorräder mit Augenmerk auf besonders lauten Klang zu entwerfen und verlangt eine Nachrüstung aller Auspuffanlagen, die das Limit von 80 Dezibel überschreiten.

    Motorradfans starten Online-Petition

    Begeisterte Motorradfahrer, die das satte Aufheulen ihrer Maschinen lieben, sind weniger von diesen Vorschlägen überzeugt. Besonders aber widerstrebt ihnen der zweite Beschluss des Bundesrates: Dieser hat nämlich auch ein Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen vorgeschlagen.

    Vorsicht bei Seitenwind: Starke Böen können Motorradfahrer aus der Spur schieben.
    Vorsicht bei Seitenwind: Starke Böen können Motorradfahrer aus der Spur schieben. Foto: Peter Steffen/dpa/dpa-tmn

    Auf sozialen Netzwerken und Petitions-Webseiten formieren sich daher bereits Gegner dieses Vorschlags. Heiko Schmidt ist einer dieser Motorrad-Enthusiasten. In einer Online-Unterschriftenaktion auf der Plattform "Open Petition" an die Bundesregierung macht er seinem Ärger Luft: "Es gibt genug arbeitende Menschen in unserem Land, die nur an Sonn- und Feiertagen dazu kommen, mal auf dem Motorrad zu entspannen und dem Alltag, der gerade in Corona Zeiten sehr schwer ist, zu entfliehen.

    Auch verurteile ich die Motorradfahrer, die in Ortschaften und Wohnvierteln extra Krach machen. Aber durch dieses Verbot werden wir in unserer freien Entfaltung eingeschränkt", erklärt der Essener Motorradfan dort. Knapp 171.000 Menschen sehen das bisher genauso und haben die Petition unterzeichnet.

    Generelles Fahrverbot ist "völliger Schwachsinn"

    Die Aufregung um ein mögliches Fahrverbot kann Holger Siegel vom BUND allerdings nicht verstehen. Der Grund: Es ginge dabei nur um bestimmte Strecken, bei denen die Lärmbelastung unzumutbar werde. "Ein generelles Fahrverbot, egal ob an Sonntagen oder an anderen Tagen, ist völliger Schwachsinn", sagt Siegel im Gespräch mit ka-news.de.

    Wie es jedoch zu den neuen Restriktionen kommen wird, obliegt zunächst der Bundesregierung. Sie muss nun entscheiden, ob und wann sie die Anregung umsetzen möchte. Wann über den Bundesratsbeschluss debattiert werden soll, ist aber noch nicht bekannt. 

    Der Artikel wurde nachträglich bearbeitet. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden