Der Karlsruher Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung darüber entschieden, ob die Stadtverwaltung erneut die Patenschaft für ein Marineschiff der Bundeswehr übernehmen wird. Nach einer emotionalen und teilweise hitzigen Debatte wurde dem Beschluss am Ende mehrheitlich zugestimmt (31:15).
Damit wird ein Schiff des Typs "Korvette" als sechstes Marineschiff der Bundeswehr unter dem Namen "Karlsruhe VI" durch die Weltmeere schippern und eine mehr als 100 Jahre alte Tradition fortsetzen. Bereits seit 1912 tragen Einsatzschiffe den Namen der Fächerstadt. Seit 2007 warb die Stadt für eine weitere Berücksichtigung, wenn die "Karlsruhe V" ausgemustert wird.
Die Fraktionen von CDU, SPD, FDP sowie die Stadträte von AfD, Freien Wählern und Für Karlsruhe begrüßten den Beschluss, die langjährige Tradition fortzusetzen. Kritik am Vorhaben der Stadt gab es hingegen von den Grünen und Linken. Sie forderten in Änderungsanträgen, dass man als Zeichen der Humanität in Karlsruhe stattdessen die Patenschaft für ein Seenotrettungsschiff übernehmen sollte. Auch die Kult-Fraktion sprach sich geschlossen gegen eine erneute Patenschaft mit einem Schiff der Deutschen Marine aus.
Petition sollte erneute Patenschaft verhindern - und verärgert CDU
Die Organisation Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner übergab im Vorfeld der Sitzung im Oktober an Oberbürgermeister Frank Mentrup sogar eine Petition, die die Patenschaft für ein Marineschiff ablehnt und ebenfalls die Solidarität zur Seenotrettung fordert.

CDU-Stadtrat Sven Maier zeigte sich darüber verärgert: "Die Forderung, die Patenschaft für ein Seenotrettungsschiff zu übernehmen, lehnen wir ab. Eben genau diese selbsternannten Retter in Form von Seenotrettungsschiffen haben, gewollt oder ungewollt, mit dazu beigetragen, dass die menschenverachtenden Praktiken der Schlepper aufgegangen sind, und so tausende von Flüchtlingen ertrunken sind!" Dafür erntete er empörte Zwischenrufe der Grünen. Stattdessen müsse man, so Maier, dazu beitragen, dass die Fluchtursachen wirksamer bekämpft werden.
"Stolz, dass einem eine solche Ehre zu Teil wird!"
Die Petition gegen die Patenschaft bezeichnete der Christdemokrat als "Hohn und Ohrfeige" für die Soldaten, da die Bundeswehr einen wichtigen Beitrag zum Frieden leiste. "Es könnte keine bessere Visitenkarte geben", erklärte er mit Hinblick auf eine erneute Patenschaft.
Auch FDP-Stadtrat Tom Høyem bekannte sich zur Bundeswehr: "Man sollte stolz sein, dass uns eine solche Ehre zu Teil wird!" Marc Bernhard, Stadtrat und Bundestagsabgeordneter der AfD, sprach sich ebenfalls für eine erneute Patenschaft aus, da sich jedes Schiff nach Seerecht zur Rettung verpflichte und die Soldaten eine "besondere Wertschätzung" verdient hätten.

Der Antrag der Linkspartei, dass sich die Stadt bei Hilfsorganisationen bemüht und Karlsruhe so zum "sicheren Hafen" erklärt, wurde vom Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt. OB Mentrup erklärte, dass eine solche Kampagne nicht der richtige Weg sei, da Karlsruhe keine Anschlussunterbringung biete und solche Zusagen andere Kommunen träfen.
Assoziation mit Krieg
Grünen-Stadtrat Ekkehard Hodapp kritisierte die Tradition der Flotte, die damals zum Zwecke eines Wettrüsten mit anderen Nationen entstanden war. "Es gilt, diese Tradition zu beenden", so seine Forderung. Die Grünen stören sich an einer zu engen Verknüpfung mit einem Kriegsschiff. Der parteilose Stadtrat Stefan Schmitt kritisierte das Handeln der Grünen wiederum: Dies sei "fehlende Identifikation mit dem heutigen Deutschland", so Schmitt.

SPD-Fraktionsvorsitzender Parsa Marvi betonte, dass die Debatten um die Schiffspatenschaft der Marine und von Seenotrettungsschiffen nicht miteinander verknüpft werden dürfe. Auch Jürgen Wenzel, Stadtrat der Freien Wähler, fand die kontroverse Vermischung mit Flucht "unpassend". Marvi betonte in seiner Rede im Gemeinderat die Verbundenheit zur Marine und wies darauf hin, dass die Bundeswehr in dieser Form wichtige Aufgaben für Frieden erfülle.
Eine Patenschaft für ein Schiff der Seenotrettung aus "Humanität" und "Nächstenliebe" sollte nach Vorstellung der SPD gesondert geprüft werden. Linken-Stadtrat Niko Fostiropoulos kritisierte hingegen den Spagat der SPD zwischen Soldatenheimat und Seenotrettung und befand, dass "Kriegsschiffe nicht mit Karlsruhe assoziiert werden sollten."
Ehemalige Besatzungsmitglieder der 'Karlsruhe' zu Besuch in Karlsruhe
Verbundenheit zu den Soldaten der Marine und zu Menschen, die sich in der Seenotrettung engagieren: Kein Widerspruch, wie Bürgermeister Albert Käuflein anlässlich eines Empfangs ehemaliger Besatzungsmitglieder der Flotte "Karlsruhe V" im Rathaus nochmals betonte. Die Stadtverwaltung will dem Vorschlag nachgehen und eine separate Patenschaft für ein Seenotrettungsschiff prüfen. Die Fregatte "Karlsruhe V" wurde nach 33 Dienstjahren im vergangenen Jahr aus Altersgründen ausgemustert.

Zwischen 2000 und 2003 fuhr auch Marine-Offizier Jürgen Looft als Kommandant der "Karlsruhe V" zur See und hatte in dieser Zeit unter anderem mehrmonatige Einsätze im Mittelmeer und am Horn vor Afrika. Die ehemaligen Besatzungsmitglieder kamen mit Angehörigen auf Einladung der Patengesellschaft Marineschiffe Karlsruhe in die Fächerstadt und sind noch bis Sonntag hier.
Bei Helmut Barz von der Patengesellschaft sorgten einige Aussagen der Stadträte um eine weitere Patenschaft für "Kopfschütteln und Stirnrunzeln". Er betonte im Gespräch mit ka-news, welch wichtige Aufgaben die Besatzungsmitglieder einnehmen, von der Sicherung von Seewegen bis hin zur Flüchtlingsrettung, oft monatelang getrennt von Familien und Freunden.