Wie jetzt bekannt wurde, hatte der Gemeinderat im nichtöffentlichen Teil der Beratungen zum Doppelhaushalt 2011/12 dem Stadtmarketing eine Million Euro zur Verfügung gestellt, um eine drohende Insolvenz abzuwenden.
Nach Informationen der Badischen Neusten Nachrichten habe das Finanzamt Karlsruhe-Stadt der Stadtverwaltung in einem Schreiben mitgeteilt, dass "an die Stadtmarketing GmbH geleistete Zahlungen als steuerbare Zuschüsse im Rahmen eines Leistungsaustauschs behandelt und der Umsatzsteuer unterworfen werden." Seit einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) von 2008 gelten auch Zuschüsse als Leistungsaustausch und müssen daher versteuert werden.
Im Steuerrecht versteht man unter Leistungsaustausch im Allgemeinen, wenn zwischen zwei Personen oder Einrichtungen eine Leistung erfolgt. Sind die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch erfüllt, so handelt es sich um einen zu versteuernden Umsatz. Es müssen also 19 Prozent Umsatzsteuer an den Fiskus gezahlt werden. Dies ist bei den Zuschüssen, die das Stadtmarketing von der Stadt für Projekte erhalten hat, wohl nicht geschehen. Demnach muss das Stadtmarketing jetzt für die Jahre 2008 bis 2010 mit Nachforderungen von rund einer Million Euro rechnen. Der Gemeinderat half jetzt mit einer Finanzspritze und stellte das Geld zur Verfügung. Die Stadträte retteten die Gesellschaft damit vermutlich vor einer drohenden Insolvenz.
Stadtmarketing steht schon länger in der Kritik
Warum die Umsatzsteuer nicht bezahlt wurde und wie dieses Steuerproblem in Zukunft gehandhabt werden soll, dazu wollten sich weder der Geschäftsführer des Stadtmarketings, Norbert Käthler, noch die Karlsruher Finanzbürgermeisterin Margret Mergen, in deren Verantwortungsbereich das Stadtmarketing fällt, gegenüber ka-news äußern. Es handele sich um ein schwebendes Verfahren und man wolle daher zur steuerlichen Situation kein Kommentar abgeben, hieß es. Zum gegebenen Zeitpunkt werde die Öffentlichkeit aber umfassend aufgeklärt.
Die Stadtmarketing GmbH steht schon länger in der Kritik. Aus Gemeinderatskreisen heißt es, die Stadtmarketing GmbH, die im Jahr 2001 vom damaligen Karlsruher Wirtschaftsbürgermeister und heutigen CDU-Landtagskandidaten Manfred Groh gegründet wurde, leide an "schwerwiegenden Geburtsfehlern". "Das Stadtmarketing hätte nie als GmbH gegründet werden dürfen", so eine Quelle, die namentlich nicht genannt werden möchte, gegenüber ka-news.
Das Stadtmarketing ist als Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) organisiert. Die ÖPP bezeichnet eine Form der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen und privaten Wirtschaftsteilnehmern. Der öffentliche Sektor greift aufgrund der knappen Finanzmittel zunehmend auf diese Konstruktion zurück, denn auf diese Weise kann er von dem Know-how des privaten Sektors profitieren.
Im Fall Karlsruhe bedeutet das, das neben der Stadt Karlsruhe und der Karlsruher Verkehrs-, Versorgungs- und Hafen GmbH (KVVH), insgesamt elf Unternehmen als Gesellschafter am Stadtmarketing beteiligt sind. Die Unternehmen halten insgesamt 40 Prozent der GmbH. Kritiker sind der Meinung die Stadtverwaltung habe hierdurch einen zu geringen Einfluss auf die Entscheidungsfindung und Verwendung der öffentlichen Ressourcen.
"Wer bestellt, muss auch bezahlen"
Dass der Gemeinderat zu wenige Entscheidungsbefugnisse beim Stadtmarketing hat, das bestätigt auch Finanzbürgermeisterin Mergen auf ka-news-Anfrage. Der Problematik sei sich die Stadtverwaltung sehr wohl bewusst und daher sei schon seit längerer Zeit eine Reform geplant. Man wolle - auch im Hinblick auf den 300. Stadtgeburtstag 2015 - das "Stadtmarketing neu aufstellen und Kräfte bündeln". Der Einfluss des Gemeinderats soll erweitert und mit mehr Entscheidungskraft ausgestattet werden. "Wer bestellt, muss auch bezahlen", so Mergen. In den nächsten vier bis fünf Wochen soll das Stadtmarketing umgekrempelt sein. Die Finanzkrise des Stadtmarketing sei nicht der Auslöser für die anstehenden Veränderungen gewesen, sondern schon seit längerer Zeit geplant, betont Mergen.
Auch Käthler, der seit Ende 2008 Chef des Stadtmarketings ist, weiß um die "Notwendigkeit die Strukturen zu optimieren". Man arbeite daher seit einiger Zeit an einer Neuorientierung der Gesellschaft. In Zukunft soll der "Gemeinderat stärker mit in die Entscheidungen einbezogen werden, die privaten Unternehmen werden weiterhin aber auch eine tragende Rolle spielen."