Drei prominente jüdische Spieler, die sowohl in den Vereinen als auch in der Nationalmannschaft gespielt haben, wurden aus dem Fußballleben in Karlsruhe ausgeschlossen.
Die Stuttgarter Erklärung
Am 9. April 1933 treffen sich in Stuttgart die 14 Vereine, die an den Endspielen um die süddeutsche Fußballmeisterschaft beteiligt sind, außer Worms und Mainz. Es geht darum, die sportliche Lage im Hinblick auf die Anforderungen der neuen nationalsozialistischen Regierung zu besprechen.
Die Vereine geben eine Erklärung ab, dass sie sich “den von der nationalen Regierung auf dem Gebiete der körperlichen Ertüchtigung verfolgten Bestrebungen zur Verfügung stellen und sind bereit, mit allen Kräften mitzuarbeiten“. Dies gilt insbesondere für die Frage über die Entfernung der Juden aus den Sportvereinen.
Weiter betrachten die Vereine es “als vaterländische Pflicht, den Wehrsport in ihr Jugenderziehungsprogramm aufzunehmen“. Wehrsport umfasst Militärsport und verschiedene militärische Übungen. Im Dritten Reich wird der Wehrsport vom Staat gefordert und ist fester Bestandteil der Dienste der Hitlerjugend und sogar Pflichtsport in Hochschulen.
Der Karlsruher Fußballverein ist der zweite Verein, der die Stuttgarter Erklärung unterschreibt.

Walther Bensemann zieht in die Schweiz
Walther Bensemann gründet mehrere Fußballvereine, vor allem in Süddeutschland und ist auch an der Gründung des DFB (Deutschen Fußball-Bundes) beteiligt. 1889 gründet er den Karlsruher Football Club, aus dem die Kickers und der KFV hervorgehen. Nach der Erklärung vom 9. April 1933 zieht Bensemann, der jüdischer Abstammung ist, in die Schweiz um, wo er ein Jahr später an einem Herzleiden stirbt.
Gottfried Fuchs emigriert nach Frankreich und Kanada
, geboren 1889 in Karlsruhe spielt für den KFV und wird mit dem Verein im Jahr 1910 Deutscher Fußballmeister. Von 1911 bis 1913 spielt er sechsmal für die deutsche Fußballnationalmannschaft – die sogenannte A-Nationalmannschaft, die Auswahlmannschaft des DFB, die auf internationaler Ebene bei Länderspielen gegen Mannschaften anderer Nationen spielt.
Er stammt wie Bensemann aus einer jüdischen Familie und dient im Ersten Weltkrieg. Aufgrund der antisemitischen Politik der Nationalsozialisten emigriert Fuchs bereits 1937 zuerst nach Frankreich und nach Einmarsch der Deutschen 1940 nach Kanada. Hier lebt er unter dem Namen Godfrey Fochs.
Stürmer Julius Hirsch bleibt
Julius Hirsch wird 1892 in einer jüdischen Familie in Achern geboren und in Karlsruhe eingeschult. Er tritt dem KFV 1902 bei und wird auch 1910 Deutscher Meister. Hirsch gewinnt dreimal mit dem KFV die süddeutsche Meisterschaft und spielt insgesamt siebenmal für die A-Nationalmannschaft, davon zweimal bei Olympischen Spielen. Er bildet mit seinen Mitspielern Gottfried Fuchs und Fritz Föderer den starken Innensturm des KFV.
Hirsch absolviert Wehrdienst beim 1. Badischen Leibgrenadier-Regiment 109 im Jahr 1912 und dient wie Gottfried Fuchs auch im Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg wird er ab 1919 wieder für den Karlsruher Fußballverein aktiv. Er beendet seine Fußballlaufbahn 1925 und übernimmt, zusammen mit seinem Bruder, ein Jahr später die Firma seines Vaters. Aber aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten muss die Firma liquidiert werden und ein Konkursverfahren wird im Februar 1933 eröffnet.
Julius Hirsch liest von der Stuttgarter Erklärung im April 1933 und schreibt dem KFV, dass er aus dem Verein austreten wird. Der Verein antwortet jedoch, dass die von den 14 Vereinen verfasste Erklärung nicht so zu verstehen war, wie Hirsch sie auffasste, und bittet ihn, mit seiner Auftrittserklärung zu warten.
KFV will neue DFB-Satzung ablehnen - ohne Erfolg
Am 19. April 1933 veröffentlicht der DFB die Erklärung: “Der Vorstand des Deutschen Fußballbundes hält Angehörige der jüdischen Rasse in führenden Stellen der Landesverbände und Vereine nicht für tragbar“.
Ab Januar 1935 muss der KFV, wie alle Sportvereine, die neue Einheitssatzung des Deutschen Reichsausschuß für Leibesübungen übernehmen, die Mitglieder des DRL zur nationalsozialistischen Erziehung verpflichten soll. Der KFV übernimmt die Satzung jedoch nicht und muss vom DFB angemahnt werden.
Daraufhin übernimmt der Verein die neue Satzung, fügt aber nicht den sogenannten “Arierparagraph“ hinzu. Dieser schreibt den gesetzlichen Ausschluß der Juden aus der Gesellschaft vor. Erst im März 1940 übernimmt der KFV eine neue Satzung, die diesen Paragraphen enthält.
Hirsch stirbt im Konzentrationslager Ausschwitz
Hirsch findet Arbeit bei der jüdischen Firma Vogel und Schnurrmann in Karlsruhe aber das Unternehmen wird 1938 "arisiert" und Hirsch verliert seinen Arbeitsplatz. Vergeblich versucht er in der Schweizer Nationalliga eine Stelle als Trainer zu bekommen.
Im November 1938 überlebt der Fußballer einen Selbstmordversuch. Vier Jahre später lässt sich seine evangelischen Ehefrau von ihm scheiden – dadurch verliert Julius Hirsch seinen privilegierten Status als Partner in einer Mischehe und wird Februar 1943 nach Ausschwitz deportiert, wo er im Konzentrationslager stirbt.
Seine beiden Kinder werden ins Konzentrationslager Theresienstadt abgeschoben, werden aber durch die Rote Armee im Mai 1945 befreit. Sein Sohn Heinold gründet das Busreiseunternehmen Hirsch-Reisen in Karlsruhe.
Die Erfolge des KFV im Dritten Reich
Im Jahr 1933 wird die Gauliga Baden gegründet. Der KFV gehört der Liga an, von 1933-1937, 1938-1941 und 1943/1944. Zwischen 1932 und 1939 hat der Verein drei Nationalspieler: Ludwig Damminger, Lorenz Huber und Franz Immig.