Die Corona-Krise hat das Schaustellergewerbe - wie so viele andere Berufszweige - hart getroffen. Da bis auf Weiteres keine Großveranstaltungen - beispielsweise die Schlosslichtspiele oder die Karlsruher Mess' - stattfinden können, fehlen den Besitzern der fliegenden Bauten die Einnahmen.
"Wir stehen mit dem Rücken zur Wand"
Auch Willy Krusig kennt das Problem. Seit seinem 18. Lebensjahr arbeitet der heute 64-Jährige als Schausteller - und das bereits in dritter Generation. Seit März, als der Corona-Lockdown jedermanns Alltag durcheinanderbrachte, gilt für ihn wie für alle anderen Buden- und Fahrgeschäftbesitzer noch bis mindestens Oktober ein Berufsverbot.

"Ich habe zwar 15.000 Euro als erste Soforthilfe bekommen, aber das Geld reichte gerade mal bis Mitte März", sagt Krusig im Gespräch mit ka-news.de. "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand, wissen weder ein noch aus. Wir haben keine Berufsperspektiven." Von der Politik fühlt er sich alleingelassen. "Die lässt sich Zeit. Hätte ich keine KfW-Förderung beantragt, wäre ich jetzt pleite!"
In Eggenstein entsteht eine Mess' ohne Fahrgeschäfte
Seither sucht er händeringend nach Möglichkeiten, sein Familienunternehmen über die Krisenzeit zu bringen. Seine Idee: Eine Art 1.500 Quadratmeter großen Biergarten aus seinen fliegenden Bauten, die - unter normalen Umständen - aktuell eigentlich gerade auf Messen und Märkten in Deutschland unterwegs sein würden, will Krusig am Rande von Eggenstein-Leopoldshafen auf seinem Grundstück eröffnen.

Neben Essens- und Getränkeständen, die bereits aufgebaut sind, soll für Kinder noch eine Schaukel- und Kletterlandschaft entstehen - quasi wie eine kleine Karlsruher Mess', nur ohne Fahrgeschäfte. An die Corona-Hygieneregeln wurde dabei auch geachtet: Abstandsregelungen und Desinfektionsspender sind bereits zu erkennen, als ka-news.de am Montag das Budendorf besucht. "Ich bin mir sicher, dass die Leute das annehmen würden", sagt Willy Krusig.

Öffnung nur mit Gaststättenkonzession zulässig
Grundsätzlich wäre damit eigentlich alles bereit für eine Eröffnung - eigentlich - wenn da nicht ein großes Problem wäre: Krusig darf noch keine Gäste empfangen. Der Grund ist - unter anderem - eine fehlende Gaststättenkonzession, da er alkoholische Getränke ausschenken möchte. "Seit vier Wochen stehen die Buden schon und ich könnte innerhalb von zwei Tagen öffnen, sobald ich darf", sagt er.

Dass er jetzt als Besitzer von fliegenden Bauten auf eine Konzession für eine fest installierte Gaststätte warten muss, kann er nicht nachvollziehen. Beantragt habe er sie schon, von den städtischen Stellen wie Marktamt und Ordnungsamt habe er bisher aber nur Absagen erhalten.
"In ganz Europa dreht sich das Rad weiter, nur bei uns nicht"
"Da heißt es immer, es wird unbürokratisch geholfen, und dann das", zeigt sich Willy Krusig sichtlich aufgebracht. "In ganz Europa und in anderen baden-württembergischen Städten dreht sich das Rad weiter, nur bei uns nicht."

Die Karlsruher CDU-Fraktion hat nun ebenfalls von dem Problem des 64-jährigen Schaustellers erfahren und will ihn dabei unterstützen, die Konzession, die nicht von der Stadt selbst ausgestellt wird, so schnell wie möglich zu erhalten.
CDU fordert: Stadt sollte Ausnahmegenehmigung erteilen
"Alteingesessene Schausteller wie Willy Krusig sind in Karlsruhe alle keine Unbekannten. Daher müsste es möglich sein, dass die Stadt ihnen auf Vertrauensbasis eine vorläufige Genehmigung erteilt", sagt Fraktionsvorsitzender Tilman Pfannkuch bei einem Treffen mit dem Budenbesitzer vor Ort. Mehrere Wochen, so schätzt Krusig, wird er noch einmal auf die offizielle Konzession warten müssen.

"Ich erkenne das als stadtweites Problem. Wenn die Schausteller alle Bedingungen erfüllen, sollten sie öffnen dürfen, so etwas kann meiner Meinung nach nicht sein", sagt auch Stadtrat Detlef Hofmann. Die Fraktion wolle nun prüfen, welche Unterlagen noch genehmigt werden müssen und ob eine vorläufige Öffnungserlaubnis erwirkt werden kann.

Auf Karlsruher Plätzen könnten bald die Schausteller stehen
Ehemalige CDU-Stadträtin und Erste Bürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz weist zudem auf ein neues dezentrales Märktekonzept hin, das die Stadt ausgearbeitet hat und über das der Gemeinderat Ende Juli abstimmen soll.

Hierbei sollen künftig auf dem städtischen Bereich des Schlossplatzes, auf dem Friedrichsplatz, dem Gottesauer Platz, dem Kronenplatz, dem Marktplatz, dem Kirchplatz St. Stephan und dem Stephanplatz Schausteller ihre Buden jederzeit aufschlagen und länger als vier Wochen am Stück öffnen können - eine Möglichkeit, die bereits in anderen Städten wie Heidelberg praktiziert wird - und von der auch Willy Krusig Gebrauch machen will.
"Sobald ich wieder reisen darf, bin ich hier weg"
"Wir hoffen, dass wir auf den Plätzen aufschlagen können, sobald die Sommerferien beginnen", so Luczak-Schwarz weiter. Sie geht davon aus, dass das Konzept im Gemeinderat großflächig Anklang finden wird.

Doch selbst wenn das dezentrale Märktekonzept kommt und er seine Gaststättenkonzession erhält: Für Schausteller Willy Krusig wird das keine Dauerlösung sein: So plant er, sein Budendorf nur solange bestehen zu lassen, bis die Corona-Krise vorüber ist. "Sobald ich wieder reisen darf, bin ich hier weg", sagt er. "Aber wenn der Lockdown so bleibt, sehe ich keine Chance, dass das vor April kommenden Jahres möglich sein wird."
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