Der Hummer überreicht eine Perlenkette (Foto: ka-news) |
Sämtliche Tiere aus Tabalugas Heimat Grünland beschenken den kleinen grünen Drachen zu seinem Ehrentag mit Ketten: Der Hummer überreicht eine Perlenkette, die Nashörner eine Eisenkette und auch eine Glücksklee-, Gold- und Diamantenkette sind darunter. Doch schwer wiegt die Last um Tabalugas Hals und so fällt es ihm leicht, seinem aufkommenden Hungergefühl nachzugeben: Er tauscht die Goldkette gegen einen Topf Bienenhonig. So setzt sich das Geschehen fort, in dessen Verlauf er immer wieder eine seiner Ketten abgibt, bis er selbst keine mehr hat. Dafür ist Tabaluga um einige Erfahrungen reicher und als ihn der Übermut packt, merkt er, dass wer gibt, auch etwas zurück bekommt. Alle seine Freunde erscheinen, um ihn gemeinsam aus einer gefährlichen Lage zu befreien.
Tolle Darbietungen - schwacher Sound
"Dafür sind Freunde da" lautet schließlich der Schlusstenor, angestimmt vom "Drachenvater" Peter Maffay. Doch man muss kein Maffay-Fan sein, um Gefallen an der aufwendigen Inszenierung zu finden. Der Sänger hält sich eher im Hintergrund, tritt nur in einigen Szenen in Erscheinung und wenn er in Erscheinung tritt, so wird offensichtlich, welch vielfältiger Künstler in Maffay steckt. Mal liefert er sich ein Rap-Duett mit dem Dreckschwein, "saustark" gespielt von Kader Kesek, mal singt er gefühlvoll nachdenkliche Balladen oder zeigt sich von seiner rockigeren Seite. Da lohnt ein Blick über den Tellerrand, selbst wenn der Musikfreund dabei nicht das eigene tonale Lieblingsgericht findet, dafür aber einige andere nicht zu verachtende Leckerbissen.
Tolle Musik, faszinierende Kostüme (Foto: ka-news) |
Jedes Tier erhält seinen eigenen Charakter durch die Musik. So säuselt die glamouröse Silberfüchsin (Sissi Perlinger) in verführerisch französischem Akzent ihr Chanson, schmettert der Kuckuck - mit Kuckucksuhrenhäuschen auf dem Kopf - sein "Kuckuck ruft’s aus dem Wald" in einer ganz neuen Version, jammert der Pechvogel (Eisi Gulp) sein Klagelied über das Pechvogel-Dasein oder bringt die Bienenkönigin (Nadeen Holloway) den Samba nach Grünland. Schade nur, dass der Sound etwas zu wünschen übrig ließ. Allzu dumpf schepperte es aus den Hightech-Boxen, Zuschauerreaktionen schluckte die Hallenakustik. Wenn schon die Ohren nicht völlig zufrieden gestellt wurden (wohlgemerkt durch den Sound, nicht die Darbietung), so kamen die Augen voll auf ihre Kosten. Farbenprächtig und fantasievoll faszinierten die Kostüme den Betrachter.
Bemerkenswerte Schauspieler
Frostig-fies aber mit einem warmen Herzen hinter der dicken Eisschicht spielt Heinz Hoenig den Schneemann und Tabaluga-Gegenspieler Arktos brillant. Ob er auf seinem dreirädrigen Schneemobil durch die Zuschauerreihen brettert, sich hinterlistige Gemeinheiten ausdenkt oder seinen Gehilfen "08/15" herum kommandiert - Hoenig gibt dem Schneemann eine eigene Note, die von grimmig-gemein bis versteckt-sympathisch reicht. Dem Magier kommt dabei die Aufgabe zu, dem Eisklotz die Stirn zu bieten. Er ist für Arktos das Gewissen, das ihm manchmal abhanden gekommen scheint und an das er erinnert werden muss.
Moderner Weiser versus fieser Schneemann (Foto: ka-news) |
Rufus Beck spielt dabei nicht den verstaubten Moralapostel, sondern den modernen Weisen. In der Doppelfunktion als Regisseur und Schauspieler agiert er in beiden Disziplinen meisterlich. Nicht zu vergessen Tabaluga-Darstellerin Ina Bures, die den kleinen Grünschnabel zu Leben erweckt und ihm seine kindliche Leichtigkeit sowie liebenswerte Naivität verleiht - wohl eine der schwierigsten Rollen des Stückes, wenn man bedenkt, dass unter dem Ganzkörperkostüm eine erwachsene Frau steckt.
Tabaluga und KMK: aus kleinen Fehlern lernen
"Tabaluga und das verschenkte Glück" lebt vor allem durch seine Interaktivität. Fünf Bühnen verteilen sich zwischen den Zuschauerreihen, der Besucher wird zum direkten Teilnehmer. Die "vierte Wand" zwischen Schauspielern und Publikum ist hier ganz im Brechtschen Sinne niedergerissen. Der Zuschauer wird gefragt, eingebunden, er sitzt mittendrin. Das Alter spielt dabei keine Rolle. Verzaubert wird, wer sich verzaubern lässt, lautet die einfache Gleichung für das Show-Spektakel. "Ob Erwachsene oder Kinder - Du siehst die selben Augen", stellt schon Heinz Hoenig bei der Aufführung in Frankfurt fest. In Karlsruhe fand sich jene Aussage bestätigt. Wie man dem noch jungen Drachen Tabaluga seine Fehler verzeiht, so steht es auch mit den noch jungen Räumlichkeiten, also der dm-Arena.
Feuertaufe bestanden (Foto: ka-news) |
Als Mehrzweckhalle konzipiert, gibt es hier keine fest installierten Ränge oder Tribünen. Beholfen wird sich mit Gerüstaufbauten, die ein wenig wie Zirkus-Sperrsitze anmuten. Beinfreiheit und Abstand zum Nachbarn laden nicht gerade zum gemütlichen Platznehmen ein - schon gar nicht für Preise bis zu 66 Euro. Atmosphäre schafft dies nicht gerade, doch machte dies das "Fantastical" wett und lenkte vom Mobiliar ab. Auch der kalte Luftzug, der ständig die Ränge umwehte und das unzureichende Catering sorgten nicht gerade für Wohlfühl-Flair. Doch wie der kleine Drache wird auch der Hallenbetreiber, die Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH (KMK) aus diesen Startfehlern lernen. Schließlich war es die erste Produktion dieser Art und trotz kleiner Widrigkeiten stand die großangelegte Show der dm-Arena gut. Wenn es auch hinter den Kulissen der dm-Arena vielleicht noch einiges zu überdenken geben mag (ka-news berichtete), so darf sich Karlsruhe freuen, nun eine Stätte für Veranstaltungen von größerem Format vor den Toren der Stadt zu haben.
Die Stimmung in der Halle war von Anfang an gut, einzelne Auftritte wurden mit Szenenapplaus gefeiert. Am Ende kamen Maffay-Fans doch noch auf ihre Kosten, als der Meister als Zugabe alleine ein Lied zum Besten gab. "Tabaluga und das verschenkte Glück" - ein intensives, fanszinierendes und generationenübergreifendes Konzertereignis. Und die dm-Arena hat nun nicht nur einen feuerspeienden Drachen unbeschadet überstanden, sondern auch ihre Feuertaufe.