Die Mineralölbranche hatte kürzlich eingeräumt, rund zwei Cent auf die Preise des alten Super Benzins mit fünf Prozent Ethanol aufzuschlagen, um erwartete Strafzahlungen in Millionenhöhe wegen zu wenig verkauftem E10 an die Kunden weiterzugeben. So hatte BP angekündigt, dass man die Quote 2011 wohl nicht erfüllen könne und Strafzahlungen an die Kunden weiterreiche. Auch die Karlsruher Mineralölraffinerie Oberrhein (Miro) veredelt unter anderem für den Mineralölriesen BP Rohöl zu Benzin und Diesel.
Hans-Gerd Löhr, Sprecher der Miro-Geschäftsführung, sagte bereits im Januar: "Die Idee, doppelt so teures Bioethanol statt Benzin einzusetzen, stammt nicht von uns. Wir sind verpflichtet, eine Gesamt-Bioquote von aktuell 6,25 Prozent energetisch in den Kraftstoffen einzuhalten, ansonsten drohen drastische Strafen." Ein Prozentpunkt Abweichung würde den Konzern rund 45 Millionen Euro kosten. Die Ölbranche ist verpflichtet den vorgeschriebenen Anteil des verkauften Kraftstoffes - gemessen am Energiegehalt - aus pflanzlicher Produktion zu gewinnen.
Strafe wird an Kunden weitergereicht
Auf ka-news-Anfrage, ob Miro derzeit davon ausgehe, die Quote zu erreichen oder mit Strafzahlungen rechne, teilte der Konzern mit: "Als Lohnverarbeiter haben wir mit unseren Gesellschaftern eine Quotenausgleich vereinbart, der die Quotenerfüllung auf die Gesellschafter verlagert." Lohnverarbeitung heißt, gelieferte Rohstoffe werden gegen einen bestimmten Lohn zu einem fertigen Produkt verarbeitet. Ob mögliche Strafzahlungen an den Kunden über den Spritpreis weiter gereicht würden, dazu könne Miro derzeit nichts sagen.
Im April teilte Miro auf ka-news-Anfrage allerdings mit: "Super E10 muss zur Standardsorte werden, wenn die Biokraftstoffziele der Bundesregierung erfüllt werden sollen. Bei Nichterfüllung der Quote drohen empfindliche Strafen zu Lasten der Verbraucher." Denn die Mineralölbranche habe die technische und logistische Herausforderung der Einführung von E10 mit sehr hohen Investitionen geleistet, um die politischen Vorgaben zu erfüllen, hieß es in einer Stellungnahme. Die Umstellung auf E10 habe die Miro nach eigenen Angaben rund 17 Millionen Euro gekostet.
ADAC: Panikmache der Ölkonzerne
Der ADAC Nordbaden sieht die "Panikmache der Mineralölkonzerne" als nicht gerechtfertigt. "Die Konzerne haben die drohenden Strafzahlungen doch bereits im Preis versteckt", meint Alexa Sinz , Pressesprecherin des ADAC Nordbaden. Der Verbraucher werde für die Versäumnisse der Mineralölriesen zur Kasse gebeten. "Die Konzerne sind selbst schuld. Durch ihr mangelnde Informationspolitik und fehlendes Marketing haben sie selbst zu der E10-Absatzkrise beigetragen", erklärt die ADAC-Sprecherin.
Für Edelspritsorten würden schließlich auch aufwendige Werbekampagnen gestartet, E10 sei aber nicht beworben worden. Das liege wohl vor allem daran, dass E10 im Vergleich zu anderen Kraftstoffsorten aufwendiger zu produzieren und daher die Gewinnspanne niedriger sei. Verbraucher sollten Preise vergleichen und nur an den günstigsten Tankstellen tanken, empfiehlt Sinz. Damit könnten Autofahrer auf die Preispolitik der Ölkonzerne Einfluss nehmen.
Quote ist erreichbar
Auch das Bundesumweltministerium hält den E10-Aufschlag auf die Spritpreise für "nicht akzeptabel": E10 sei offenbar ein Feigenblatt für eine lange geplante Erhöhung der Tankstellenpreise, sagte kürzlich die Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche. Die Absatzquote von Biokraftstoffen könne auch anders erreicht werden. Es sei "völlig daneben", jetzt schon zu drohen, mögliche Strafzahlungen auf die Kunden abzuwälzen.
Es gebe auch andere Möglichkeiten als den Verkauf von E10, um die Quote zu erreichen, insbesondere den Verkauf von reinem Biodiesel, teilte zudem der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie in einer Pressemitteilung mit. Es drohten der Industrie folglich keine Strafzahlungen in Millionenhöhe.
400.000 Tonnen Biosprit aus Karlsruhe
Miro war eine der ersten Raffinerien in Deutschland, die E10 produziert haben. Täglich stellt die Karlsruher Raffinerie zwischen 1.500 und 2.000 Tonnen des Biosprits her. Seit Februar 2011 insgesamt über 400.000 Tonnen.
E10 enthält bis zu 10 Prozent Ethanol, der aus Getreide und Rüben gewonnen wird. Der Sprit sollte zu Jahresbeginn flächendeckend eingeführt werden. Wegen mangelnder Akzeptanz durch die Autofahrer hatte die Mineralölwirtschaft die Einführung jedoch auf halbem Wege gestoppt. Gründe für die Zurückhaltung sind Zweifel am ökologischen Nutzen, die Sorge um eine mögliche Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion sowie Verträglichkeitssorgen.
Günstige Tankstellen in der Region
E10-Desaster: Karlsruher Raffinerie drosselt Biosprit-Produktion
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