Startseite
Icon Pfeil nach unten
Karlsruhe
Icon Pfeil nach unten

Karlsruhe: E10-Desaster: Karlsruher Raffinerie drosselt Biosprit-Produktion

Karlsruhe

E10-Desaster: Karlsruher Raffinerie drosselt Biosprit-Produktion

    • |
    • |
    Der Bio-Kraftstoff E10 wird weiterhin kritisch beäugt.
    Der Bio-Kraftstoff E10 wird weiterhin kritisch beäugt. Foto: (dpa)

    Wegen der schwachen Nachfrage bei den Verbrauchern hat die Karlsruher Mineralölraffinerie Oberrhein (Miro) die Produktion des Biosprits gedrosselt und die Produktion an E10 gegenüber den "früheren E5 Mengen deutlich reduziert". Das teilte das Unternehmen auf ka-news-Anfrage mit. Die reduzierte Produktion habe allerdings keinerlei Auswirkungen auf Arbeitsplätze, so der Konzern.

    Die Miro ist Deutschlands größte Kraftstoffraffinerie. Sie veredelt beispielsweise für die Ölkonzerne Esso, Shell und BP Rohöl zu Benzin und Diesel. Insgesamt produziert Miro nach eigenen Angaben jährlich 16 Millionen Tonnen Kraftstoffe. Bisher hat der Konzern bereits 200.000 Tonnen des umstrittenen Biosprits E10 hergestellt. 

    Zurzeit lagern etwa 100.000 Tonnen davon in der Raffinerie. Das Unternehmen sei aber nach eigenen Angaben in "Balance". Das heißt: Die Menge Sprit, die produziert wird, wird auch abgeholt. "E10 wird nur in dem Maße nachproduziert, wie es abgefahren werden kann", so eine Konzernsprecherin auf ka-news-Nachfrage.

    Politik muss Autohersteller in die Pflicht nehmen

    Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg macht für die mangelnde E10-Nachfrage die unzureichende Informationspolitik der Automobil- und Mineralölindustrie verantwortlich. Die Kunden seien nicht ausreichend über Risiken des Biosprits informiert worden, meint Eckhard Benner, Referent für Verbraucherschutzpolitik, auf ka-news-Anfrage. Außerdem werde den Kunden nicht erklärt, welchen Nutzen und welche Qualität der neue Treibstoff eigentlich habe, moniert Benner. Die Verbraucher würden von der Politik und Industrie alleine gelassen, der Kunde bleibe so ratlos vor der Zapfsäule zurück.

    Er kritisiert auch die verantwortlichen Politiker. Die Bundesregierung würde für das Erreichen der Klimaschutzziele und den damit verbundenen Verkauf von E10 ausschließlich die Verbraucher in die Pflicht nehmen. Dabei stehe gerade die Automobilindustrie in der Verantwortung, Fahrzeuge mit geringerem CO2-Ausstoß zu entwickeln und zu produzieren. Alleine den Verbrauchern einen Biosprit aufzudrängen sei nicht zielführend, kritisiert Benner.

    ADAC klagt gegen Ölmultis

    An den meisten Tankstellen wird neben dem umstrittenen Biosprit häufig nur noch das teure Super Plus mit 98 Oktan angeboten, was den Autofahrer je Liter sechs bis acht Cent mehr kostet. Das hätten laut ADAC Stichproben an Tankstellen in München ergeben. Nach Auffassung des ADAC müssen die Mineralölkonzerne, die E10 mit 95 Oktan verkaufen, auch einen herkömmlichen Sprit genau dieser Qualität anbieten. Das günstigere Super E5 wird nur noch selten Angeboten, was auch damit zusammenhängt, dass die Raffinerien im Auftrag der Ölmultis kaum noch E5 herstellen. Auch bei Miro in Karlsruhe habe man die "Verbundstruktur soweit möglich auf die Produktion von Super Plus umgestellt".

    Der ADAC zeigte jetzt die Ölmultis an und will Aral, BP, Jet, OMV und Shell dazu bringen, an ihren Tankstellen mit E10 auch weiter herkömmliches Super anzubieten - und nicht nur das deutlich teurere Super Plus. Die Mineralölindustrie sieht die ADAC-Anzeige hingegen gelassen, wie ihr zuständiger Verband (MWV) am Dienstag mitteilte. Denn ihr Angebot sei völlig gesetzeskonform. Mit ihrer E10-Politik verstoßen die Mineralölkonzerne nach Ansicht des ADAC gegen die gesetzlichen Regelungen für den Biosprit, wie der Autoclub in München mitteilte. "So ist gerade in der noch laufenden Einführungsphase für viele Autofahrer besonders wichtig, zwischen Super E10 und Super E5 wählen zu können, um sich ohne Zeitdruck ausreichend zu informieren", erklärte der ADAC in einer Pressemitteilung. "Solange es Pkw gibt, die kein E10 vertragen, muss E5 weiter angeboten werden", findet auch Verbraucherschützer Benner.

    Ist E10 am Ende?

    Eine weitere Kuriosität in Sachen E10 liefert gerade das britische Mineralölunternehmen Shell. Der Konzern bietet zurzeit eine kostenlose Versicherung gegen E10-Schäden an. Die Sache hat jedoch mehrere Haken. Das Auto muss nicht nur auf der E10-Verträglichkeitsliste der Autohersteller auftauchen, sondern vor Versicherungsabschluss muss mindestens 30 Litern des Biosprits bei Shell getankt werden. Wenn die Versicherung abgeschlossen ist, muss der Kunde nachweislich mindestens 80 Prozent seiner Tankfüllungen bei Shell kaufen, um möglicherweise im Schadensfall entschädigt zu werden. "Die Versicherung ist ein reines Marketing-Instrument zur Kundenbindung und überhaupt nicht notwendig", ist sich Verbraucherschützer Benner sicher. Er rät daher von dieser Versicherung ab. "Verbraucher benötigen keine Versicherungen, sondern Garantieerklärungen der Automobilindustrie", fordert Benner.

    Ist E10 am Ende? "Die Einführung von E10 ist aus Sicht der Verbraucher fehlgeschlagen", meint Benner. Die Raffinerie Miro sagt dazu: "Super E10 muss zur Standardsorte werden, wenn die Biokraftstoffziele der Bundesregierung erfüllt werden sollen. Bei Nichterfüllung der Quote drohen empfindliche Strafen zu Lasten der Verbraucher". Denn die Mineralölbranche habe die technische und logistische Herausforderung der Einführung von E10 mit sehr hohen Investitionen geleistet, um die politischen Vorgaben zu erfüllen, heißt es in einer Stellungnahme der Miro. Die Umstellung auf E10 habe die Miro nach eigenen Angaben einschließlich der Vorleistungen für E5 rund 17 Millionen Euro gekostet. Für Verbraucherschützer Benner ist das keine Ausrede: "Dass der Verbraucher letztlich durch höhere Spritpreise für eine Fehlinvestition der Unternehmen aufkommen soll, das ist nicht nachvollziehbar."

    Wir wollen heute in unserer ka-news-Umfrage von Ihnen wissen: E10-Desaster: Was fordern Sie? Stimmen Sie ab!

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden