Am Donnerstag, den 22. Oktober, war es wieder soweit. Der #digiTALK Karlsruhe startete in eine neue Runde - wegen Corona aber in deutlich abgespeckter Form. So diskutierten, passend zum Thema, zwei Experten per Videochat mit. Die (meisten) Zuschauer wurden über Livestream zugeschaltet. Die Moderation übernahm Uwe Gradwohl vom Südwest Rundfunk (SWR).

Digitalität = nachhaltig?
Den Auftakt bildete der "Impulsvortrag" von Rainer Rehak, kritischer Informatiker und Wissenschaftler im Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft. Hierbei kritisierte Rehak das westliche Denken der Gesellschaft: der Mensch als Mittelpunkt und Beherrscher der Erde.
Das mache sich vor allem am "materiellen Fußabdruck" des Menschen bemerkbar. Davon befreie selbst die Digitalisierung nicht.

Denn: Digitalität bedeutet auch Ressourcenverbrauch - sei es das Litihium in Smartphones, dessen Abbau auf Kosten der ärmeren Länder ausgeführt wird, oder die Stromerzeugung für unsere Technik. Allein das Streamen von Onlinevideos mache ein Prozent aller Emissionen aus, so Rehak.
Allerdings sei das Heranziehen von faktischen Zahlen bei diesem Themengebiet weniger sinnvoll, noch seien sie vorhanden. Der Grund: Alles was inzwischen digital sei, ersetze etwas - und bringe damit weitere "Probleme".
Rehak führte dazu mehrere Beispiele an: So ist ein analoger Wecker größtenteils vom Handy ersetzt worden - welches deutlich mehr Strom benötigte. Das Homeoffice spare zwar den Weg zum Arbeitsplatz - sorge aber zum Beispiel für mehr Heizkosten.

Auch der Spruch "Google verbraucht so viel Strom wie eine ganze Stadt" soll, laut Rehak, den Tatsachen entsprechen. Auf die Frage, ob es dann für Unternehmen realistisch sei auf erneuerbare Energien umzusteigen, bejahen er und die anderen Experten jedoch mit Vorbehalt.

"Neue Unternehmen können sich definitiv danach ausrichten. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Beim Umrüsten bereits bestehender Konzerne, muss jedoch bedacht werden, dass alte Geräte dann vermutlich weggeworfen werden", sagt Rehak. Außerdem seien finanzielle Aspekte zu beachten, ergänzt Sebastian Richter vom "OK" Lab Karlsruhe.

Kurzum: Digitalisierung ist zwar wirtschaftlich fördernd, sie müsse aber trotzdem in Relation zum Gesamten betrachtet werden.
"Wir müssen anfangen terrestrisch zu denken"
Dennoch sei, so Rehak, bereits ein Umdenken bei einigen Unternehmen und Menschengruppen zu vermerken. Das Problem liege aber nicht in der Hinterfragung, sondern in der Organisation.
"Wir wissen genau was wir tun sollen, haben aber ein demokratisches Problem, weil die Werte auf dem Weg verloren gehen. Da werden Kompromisse geschlossen und viel toleriert. Es herrscht eine enorme Lücke zwischen dem Initiativen und dem was wir tun müssen", sagt Rehak.

Dem stimmt auch Barbara Kiolbassa, Kunstvermittlerin am ZKM, zu: "Anstatt alles in Zahlen zu sehen, müssen die Menschen verstehen wie alles zusammenhängt, über ihre Lebensgrundlage nachdenken. Im Grunde brauchen wir eine neue Erdpolitik - Mit der Herausforderung, eines gemeinsamen, terrestrischen Denkens."

Nachhaltig digital sein - was kann ich tun?
Mehr Verantwortung für sein Handeln tragen und "Nachhaltiges zum Standard erheben". Sich über die "Art und Weise des anderen Denkens, Umdenkens, sich und seine Position kritisch reflektieren und sich internationaler Verflechtungen bewusst werden", raten die Experten.

Dazu gehöre das Kaufen von nachhaltiger, langlebiger Technik ebenso dazu wie das Aufsuchen von "Hackserspaces". Das sind Orte, an denen Wissen im technischen Bereich gefördert und weitervermittelt wird - wie beispielsweise das Fablab.

Wer den Zugang aus der künstlerischen Perspektive bevorzugt, kann sich über die Thematik in der Ausstellung "Critical Zones" vom ZKM informieren.
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