"Dass die Linksfraktion des Bundestags sich auflöst - dieser Schritt ist zunächst unvermeidlich", erklärt Karin Binder, Karlsruher Stadträtin für die Linke. Die Auflösung bedeute jedoch nicht auch das Aus für Ihre Mitgestaltung. Dazu werde voraussichtlich eine Linke-Gruppe im Bundestag gebildet werden müssen, so die Karlsruher Stadträtin.

Dass es so weit kommen würde, sei seit Langem absehbar gewesen, sagt Binder. "Der Kreisvorstand der Linken Karlsruhe hat bereits am 23. Oktober eine Stellungnahme veröffentlicht, die deutlich macht, dass dieser Bruch konsequent und notwendig ist."
Streit in der Führungsspitze
Der Bruch ist die Folge einer parteiinternen Spaltung. Die Kluft scheint über die Zeit immer weiter gewachsen zu sein. Schließlich folgte der Partei-Austritt der ehemalige Fraktionschefin Sahra Wagenknecht - zusammen mit neun weiteren Abgeordneten.

Der Grund: "Seit Jahren hadert Wagenknecht mit der Programmatik der Partei und war nicht in der Lage, sich mit ihrer bisherigen Fraktion und Partei über Differenzen in einer angemessenen Weise zu verständigen", so die Karlsruher Linke. Um wesentliche Parteigrundsätze sei gestritten worden.
Laut Stadträtin Binder ginge es dabei unter anderem um den konsequenten Einsatz für Frieden und gegen Waffenlieferungen. Weitere Uneinigkeit habe in Fragen zur sozial-ökologischen Gerechtigkeit, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit bestanden, meint Binder.
Chance auf einen Neuanfang
Die Neustrukturierung im Bundestag und das Ende der internen Auseinandersetzungen sei eine Chance, erklärt die Karlsruher Stadträtin. "Die Abgeordneten, die ihr Mandat weiterhin als Linke-Abgeordnete wahrnehmen und ihre politische Arbeit ohne Frau Wagenknecht zusammen mit DIE LINKE fortsetzen möchten, sollten dies ohne weitere Störungen endlich tun können."

Deshalb und um innerhalb der Fraktion für Klarheit zu sorgen, soll eben jene Gruppe möglichst schnell gebildet werden, meint Binder. "Nur so wird es möglich sein, die politische Arbeit im Bundestag entsprechend unserer Programmatik fortzusetzen - im Sinne der Menschen, die die Linke gewählt haben."
Keine Ablenkungen mehr
Ohne die Streitigkeiten auf der höchsten politischen Ebene kehrt auch in der Karlsruher Linke-Fraktion endlich wieder der Alltag ein. "Wir können uns wieder besser auf unsere kommunalpolitische Arbeit konzentrieren und für die Menschen eintreten, die uns als Fraktion in den Gemeinderat gewählt haben", erklärt die Stadträtin.

Für die Fraktion bedeute das, unter anderem für die Verbesserung von Lebens- und Arbeitsverhältnissen zu kämpfen. "Unsere bisherige Arbeit, unsere Anträge, die wir auch jetzt zu den Haushaltsberatungen stellen, und unser bisheriges Abstimmungsverhalten kann dies belegen und wird von uns fortgesetzt", so Binder.
Kreisverband erfährt deutlichen Zulauf
Auch der Kreisverband der Linke sieht im politischen Gebaren in Berlin die Chance, die Partei wieder zukunftsfähig aufzustellen. Seither stelle die Fraktion einen deutlichen Zulauf fest, erklärt die Linke. In einer Stellungnahme vom 23. Oktober heißt es also: "Die Linke Karlsruhe ist erleichtert, dass sich das Kapitel Wagenknecht nun endlich schließt."

Gegenüber der ehemaligen Fraktionschefin Wagenknecht äußert der Kreisverband starke Kritik: "Ihr Umgang mit der Linken war und ist verantwortungslos, egoistisch und undemokratisch." Rückhalt vonseiten des Kreisverbands gibt es keinen.
Wagenknecht hat Karlsruher Linke geschadet
Wagenknecht habe nur wenig Unterstützung in Baden-Württemberg genossen, so der Kreisverband in seiner Mittelung an die Presse. Dennoch: "Ihr Verhalten hat auch uns sehr geschadet", erklärt die Fraktion von Karlsruher Kreis.

In Karlsruhe distanziere man sich von der "nach recht schielenden Formation aus Personenkult und Egomanentum". Man habe mit der Auflösung auf Bundestagsebene die Hoffnung, dass wieder mit frustrierten und ausgetretenen Mitgliedern der Dialog hergestellt werden kann, erklärt der Kreisverband.