Am Samstag, den 24. Februar, findet auf dem Karlsruher Marktplatz eine Kundgebung für die Ukraine statt. Ein Grund mehr, mit dem Verein "Ukrainer in Karlsruhe" über die aktuelle Lage in Karlsruhe zu sprechen.
Am Samstag, den 24. Februar veranstaltet ihr auf dem Marktplatz in Karlsruhe eine Kundgebung für die Ukraine. In ein bis zwei Sätzen zusammengefasst: Was ist euer zentrales Anliegen, das ihr dort nach außen tragen wollt?
Unser zentrales Anliegen ist der Appell, die Ukraine in ihrem Kampf gegen den Aggressor zu unterstützen. Denn die Ukrainer verteidigen nicht nur ihr eigenes Recht, in einer demokratischen, freien Welt zu leben, sondern ganz Europa.
ka-news.de: Der 24. Februar ist kein "zufällig" gewählter Tag für eure Kundgebung. An diesem Tag begann die Invasion russischer Truppen in die Ukraine. Hättet ihr jemals gedacht, dass sich der Krieg über mehrere Jahre erstrecken wird?
Russland hat die Ukraine im Jahr 2014, also vor zehn Jahren, angegriffen. Zehn Jahre lang verteidigen die ukrainischen Streitkräfte die Entscheidung der Ukraine für Demokratie und eine europäische Zukunft für unsere Kinder. Am 24. Februar 2022 setzte Russland schließlich seinen Plan zur Zerstörung der Ukraine in die Tat um: eine unabhängige Ukraine soll nicht existieren und die Ukrainer und ihre Kultur sollen für immer ausgelöscht werden.

Es wird alles getan, um dies zu erreichen, einschließlich der Mobilisierung der eigenen Streitkräfte, der Akzeptanz von Sanktionen und Abgrenzungen und der Umstellung der Wirtschaft auf militärische Schienen. Wir haben nicht damit gerechnet, dass der Krieg so lange dauern würde, weil wir auf wirksame militärische Unterstützung gehofft haben.
Ohne die entsprechende Technik haben wir keine Chance, uns und Europa zu verteidigen. Es ist allen klar, dass Russland nicht bei der Ukraine stoppt, Polen und die baltischen Länder sind die nächsten auf der Liste.
Wie schwer fällt es, nach so langer Zeit noch immer zu "kämpfen" und die Hoffnung nicht aufzugeben?
Sie haben das Wort " kämpfen" in Anführungszeichen gesetzt, für uns ist es ein echter Kampf ums Überleben. Wir haben Hoffnung, weil es für uns nur zwei Möglichkeiten gibt: entweder wir überleben oder die Russen werden uns töten. In Deutschland ist die Hoffnung groß, dass der Krieg endlich zu Ende ist und alles zur Normalität zurückkehrt.
Aufgrund vieler anderer Geschehnisse in Deutschland und auf der ganzen Welt (u. a. der zunehmende Rechtsruck in Deutschland), gerät der Krieg in der medialen Öffentlichkeit etwas in den Hintergrund. Wie beobachtet ihr diese Entwicklung?
Wir fragen uns auch, warum so viele Menschen in Deutschland dem Krieg in Europa keine Aufmerksamkeit schenken, obwohl er so nahe bei ihnen stattfindet. Anderthalb tausend Kilometer entfernt werden jeden Tag Menschen terrorisiert und getötet.

Wenn der Aggressor nicht gestoppt wird, wird sich der Terror weiter ausbreiten, wie es Russland seit Jahren tut: Moldawien, Tschetschenien, Georgien, die Krim und jetzt die gesamte Ukraine. Wer wird der Nächste sein? Leider versteht Russland nur Gewalt, und Verhandlungen kommen nach allem, was geschehen ist, nicht in Frage. Die russische militärische Macht muss eliminiert werden, damit der Terrorstaat keine Gefahr für die zivilisierte Welt mehr darstellt.
Habt ihr denn Kontakt zu ukrainischen Geflüchteten, die aktuell in Karlsruhe leben? Wie geht es diesen aktuell?
Dank der angebotenen Sprachkurse und der Arbeitserlaubnis haben viele Ukrainer hier Arbeit gefunden, und viele sind dabei, das B2-Niveau zu erreichen, um eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Die Situation ist unterschiedlich und hängt hauptsächlich von der Familiensituation ab: Diejenigen, die Kinder zu betreuen haben, hatten noch nicht die Möglichkeit, sich vollständig zu integrieren.
Haben einige dieser Geflüchteten noch Angehörige, die sich in der Ukraine befinden? Falls ja, welche Informationen erhalten diese über das Kriegsgeschehen und den Zustand ihrer Angehörigen?
Nicht nur Flüchtlinge, sondern auch die meisten Ukrainer haben Verwandte und Freunde, die derzeit in der Ukraine sind. Fast jede Familie hat jemanden an der Front - einen Vater, Bruder oder Onkel, außerdem leisten viele Frauen als Freiwillige Dienst, ob als Sanitäterinnen oder Scharfschützinnen.

Das Leben abseits der Frontlinie verläuft so gut wie es nur geht: Jeden Tag heulen die Sirenen, aber die Kinder gehen trotzdem zur Schule, selbst wenn sie sich in einem Schutzkeller stundenlang verstecken müssen. Die russischen Raketen werden in der Regel nachts abgefeuert und bringen Tod und Zerstörung in alle Städte der Ukraine.
Russland ist ein Terror-Staat, denn sein Hauptziel ist die Zivilbevölkerung: Männer, Frauen, Kinder, Babys. Auch viele Tiere, ob in Zoos, auf Bauernhöfen oder im Freien, sind dem russischen Terror zum Opfer gefallen.
Lasst uns noch einmal zu der Kundgebung am 24. Februar in Karlsruhe zurückkommen: Was konkret erhofft ihr euch davon?
Mit der Kundgebung wollen wir noch einmal daran erinnern, dass die russische Aggression und die Gefahr für die freie demokratische Welt nicht vorbei ist, dass die Ukraine weiterhin Unterstützung braucht und dass die Ukrainer nicht nur für ihren eigenen Staat, sondern für ganz Europa kämpfen.
Wie viel Unterstützung erhaltet ihr seitens der Stadt Karlsruhe im Rahmen der Kundgebung – aber auch allgemein?
Vom ersten Tag an erfuhren wir große Unterstützung durch die Stadt Karlsruhe. Wir sind besonders dankbar für die Aufnahme von mehr als 5.000 Flüchtlingen aus der Ukraine, für die Unterstützung bei der Organisation vieler Demonstrationen und für die humanitäre Hilfe, die direkt in die Ukraine geschickt wurde.
Im April 2023 wurde die Partnerschaft zwischen Karlsruhe und Winnyzja unterzeichnet - ein großer Schritt für die Zukunft, für den wir ebenfalls sehr dankbar sind.

Und wie nehmt ihr die Solidarität der Karlsruher mit den Ukrainern wahr?
Im Jahr 2022 haben wir von den Karlsruherinnen und Karlsruhern eine großartige Unterstützung erhalten, sei es in Form von Spenden, Unterkünften oder ehrenamtlichen Helfern in allen Bereichen. Das bleibt uns immer in Erinnerung und wir sind dafür unendlich dankbar. Leider ist seit 2023 die Aufmerksamkeit für die Ukraine und damit auch die Unterstützung stark zurückgegangen, obwohl sich die Lage in der Ukraine nicht entspannt hat.

Und noch eine letzte Frage: Die russische Kriegsführung führt laut eurer Aussage auf ein "instabiles Deutschland" hin. Was genau meint ihr damit?
Russlands Krieg gegen die Ukraine verfolgt das Ziel, nicht nur die Ukraine zu zerstören, sondern auch Europa, insbesondere Deutschland, zu destabilisieren und zu schwächen.
Russland führt den Krieg nicht ausschließlich mit Soldaten und Waffen: Die Verbreitung von Desinformationen durch russische Medien, die in Deutschland nicht zugelassen sind, aber dennoch viele Zuschauer finden, und die Propaganda populistischer Ideen destabilisieren die Lage in Deutschland, weshalb wir so viele AfD-Anhänger unter den Wählern sehen.