Startseite
Icon Pfeil nach unten
Karlsruhe
Icon Pfeil nach unten

Karlsruhe: Der Karlsruher Münzskandal 1975: Als aus Sammlerstücken plötzlich Falschgeld wurde

Karlsruhe

Der Karlsruher Münzskandal 1975: Als aus Sammlerstücken plötzlich Falschgeld wurde

    • |
    • |
    Die Münze, Ansichten von Karlsruher Gebäuden, Bauwerke und Denkmälern 1845 
Signatur: Stadtarchiv Karlsruhe, 8_Alben78_33a
    Die Münze, Ansichten von Karlsruher Gebäuden, Bauwerke und Denkmälern 1845 Signatur: Stadtarchiv Karlsruhe, 8_Alben78_33a Foto: Stadtarchiv Karlsruhe, 8_Alben78_33a

    Die Münze in Karlsruhe

    Münzen in Deutschland werden in fünf Prägestätten hergestellt: Berlin, München, Stuttgart, Karlsruhe und Hamburg. Die Staatliche Münze Baden-Württemberg ist die kleinste Münzprägestätte von diesen und trägt das Prägezeichen G.

    Münzprägeanstalt in Karlsruhe.
    Münzprägeanstalt in Karlsruhe. Foto: Thomas Riedel

    Bei der Gründung von Karlsruhe im Jahr 1715 braucht die Residenz – wie es damals üblich war – auch eine Münzprägestätte. Ab 1732 erscheint erst mal in einem Nebengebäude des Schlosses eine Münze, bereits nach zwei Jahren jedoch wird diese in die Stadt Durlach verlegt. Napoleon macht Markgraf Karl Friedrich 1806 zum Großherzog und Karlsruhe zum Großherzogtum, woraufhin 1816 der Bau einer neuen Münzstätte beschlossen wird.

    Das Gebäude basiert auf Plänen des Militärbaumeisters Friedrich Arnold, die von Friedrich Weinbrenner ausgeführt werden. Nach Weinbrenners Tod wird das Gebäude 1827 von seinem Schüler Friedrich Fischer fertiggestellt.

    Die ersten Nachprägungen werden gefertigt

    1964 wird Willy Ott der neue Leiter der Karlsruher Münze. Ende der 1960er Jahre bekommt er einen inoffiziellen Auftrag, für das Münzmuseum der Bundesbank, Münzen in Spiegelglanz aus allen Jahrgängen der DM-Ära zu produzieren. Infolge gibt Ott den Auftrag an seinen Mitarbeiter Klaus Fetzner, alle Münzen der Jahrgänge 1949 bis 1968, die in Karlsruhe hergestellt wurden, nachzuprägen.

    Münzprägeanstalt in Karlsruhe.
    Münzprägeanstalt in Karlsruhe. Foto: Thomas Riedel

    Ott und sein Stellvertreter Stefan Heiling holen die alten Prägestempel und prägen Rohlinge. Das Münzmuseum der Bundesbank ruft jedoch diese Nachprägungen nicht ab und sie liegen lange Zeit im Tresor herum. Anstatt die Münzen zu vernichten, beginnen die drei Mitarbeiter der Münzanstalt nach einiger Zeit, Anfang der 1970er Jahren, diese vergessenen Münzen in Sammlerkreisen anzubieten.

    Prägung von neuen 5-DM-Münzen durch die Karlsruher Münze (Türkenlouis-Gedenkmünzen)
Signatur: Stadtarchiv Karlsruhe, A3_148_7_34
    Prägung von neuen 5-DM-Münzen durch die Karlsruher Münze (Türkenlouis-Gedenkmünzen) Signatur: Stadtarchiv Karlsruhe, A3_148_7_34 Foto: Stadtarchiv Karlsruhe, A3_148_7_34

    Anfang der 1970er Jahre erteilt Ott einen zweiten Auftrag an Fetzner, für den ebenfalls keinen offiziellen Auftrag des Bundesfinanzministeriums vorliegt. Fetzner sollte fehlende Münzen und Münzen der Jahrgänge bis 1973 aufzustocken, macht jedoch hierbei einen gravierenden Fehler, der letztendlich zur Aufdeckung des Skandals führt.

    Für die Wertseite der Münzen verwendet er die Originalstempel aber für die Bildseite nimmt er Prägestempel, die es erst seit 1971 gibt. Und für den Rand verwendet er Werkzeuge, die erst seit 1973 verfügbar sind.

    Die Gier motiviert zu weiteren Prägungen

    Die nachgeprägten Münzen sind bei Sammlern sehr begehrt und können zu hohen Preisen verkauft werden. Das führt offenbar dazu, dass sich die drei Mitarbeiter von der Gier verführen lassen, möglichst viele Nachprägungen herzustellen. Aber Raritäten sind halt rar. Die seltenen Münzen werden in Mengen produziert, die irgendwann Aufmerksamkeit erregen.

    Münzprägeanstalt in Karlsruhe.
    Münzprägeanstalt in Karlsruhe. Foto: Thomas Riedel

    1974 prägt die Karlsruher Münze weitere zwei- und fünfzig-Pfennig-Münzen für die privaten Sammlungen zweier Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums. Willy Ott hat auf eine Frage des Regierungsdirektors offensichtlich missverstanden, dass die Karlsruher Münzstätte diese Münzen nachprägen durfte. Beide Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums waren ahnungslos, was die illegale Nachprägung der Münzen anging.

    Die illegalen Aktivitäten fallen auf

    Im November 1974 erhält die Bundesbank Information von dem privaten Münzsammler Phillip Kaplan, dass seltene Münzen vermehrt erscheinen. Außerdem hat Kaplan gemerkt, dass für die Bildseite der alten Münzen ein Stempel benutzt wurde, den es erst seit 1971 gab – also eine falsche Stempelkopplung. Auch merkt er bei manchen Münzen neue Rändeleisen, die es zum Prägejahr nicht gab.

    Es handelt sich hauptsächlich um zwei- und fünfzig-Pfennig-Münzen von 1950 bzw. 1967 und Münzen, für die es keinen Auftrag oder keinen Auftrag für die Karlsruher Münzstätte gegeben hat, wie das Zwei-Mark-Stück von 1950. Die Bundesbank kontaktiert die Münzstätte in Karlsruhe, aber es dauert zwei Monate, bis der Staatsanwalt eingeschaltet wird.

    Münzprägeanstalt in Karlsruhe.
    Münzprägeanstalt in Karlsruhe. Foto: Thomas Riedel

    Diese illegalen Nachprägungen sind jedoch nur für Sammler interessant und stoßen deshalb auf wenig Resonanz in der Öffentlichkeit, obwohl die Täter aus ihren Aktivitäten sich sehr bereichert haben.

    Das Hauptmotiv der drei Münzmitarbeiter war klar: Es war eine leichte Methode, zusätzliches Geld zu verdienen. Die Polizei findet bei den Fälschern etwa 600 nachgeprägte Münzen und bei einem Sammler in Karlsruhe rund 300 Stück. Die Polizei stellt fest, dass über einen Zeitraum von sechs Jahren fast 1700 Exemplare seltene Münzen im Gesamtwert von zirka 500.000 Mark hergestellt wurden.

    Die Verurteilungen

    Das Landgericht Karlsruhe verurteilt die drei Täter zunächst zu kurzen Freiheitsstrafen und Geldstrafen. Die Staatsanwaltschaft fechtet das Urteil an, weil die Angeklagten nicht wegen Falschmünzerei verurteilt werden.

    Mehrjährige Haftstrafen wegen Vergewaltigung einer 13-Jährigen. Das Urteil fiel vor der Auswärtigen Jugendkammer des Landgerichts in Pforzheim. (Archivfoto)
    Mehrjährige Haftstrafen wegen Vergewaltigung einer 13-Jährigen. Das Urteil fiel vor der Auswärtigen Jugendkammer des Landgerichts in Pforzheim. (Archivfoto) Foto: Uli Deck/dpa

    Das Landgericht behauptet jedoch, dass es sich nicht um Falschgeld handeln könnte, da das Geld in einer staatlichen Münze geprägt wurde, auch wenn dies ohne Auftrag des Bundesfinanzministeriums erfolgte. Der Bundesgerichtshof jedoch kommt zu dem Beschluss, dass das Geld doch Falschgeld sei, da es ohne gültigen Prägeauftrag hergestellt wurde.

    Die Täter werden entlassen bzw. werden ihres Dienstes enthoben und zu Freiheitsstrafen auf Bewährung beurteilt. Inzwischen gilt eine Münze nur als echt, wenn sie in einer Staatlichen Münze mit offiziellem Prägeauftrag vom Bundesfinanzministerium produziert wird.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden