"Ab heute wird die Tramtrain-Halle in der Wikingerstraße zur Mock-up-Halle", sagt Frank Mentrup zu Beginn der Presskonferenz am Dienstag. Doch diesmal ist Mentrup nicht als Oberbürgermeister zugegen, sondern als Aufsichtsratsvorsitzender des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV). Heißt im Klartext: Er ist einer der Personen, die die neuen Bahnwaggons innerhalb des Projekts TramTrain in Gestalt eines Mock-ups enthüllen wird.

Ein Mock-up bezeichnet dabei ein Modell in Originalgröße, das an einem gewissen Tag erstmalig gezeigt wird. Ab Januar kann auch die Öffentlichkeit einen Blick auf die neue Tram werfen.
Die neuen Bahnen sind "schneller, moderner, barrierefreier"
"Wir haben die Designs für die neuen Stadtbahnen unter Einbezug der Öffentlichkeit ausgearbeitet, darunter dem Fahrgastbeirat und verschiedenen Verbünden von Menschen mit Behinderung", sagt der technische Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe, Christian Höglmeier."Nun möchten wir, dass die Leute die neuen Bahndesigns schon jetzt am Mock-up-Modell ausprobieren".
Das heißt: Berühren und Ausprobieren ist in diesem Fall eindeutig erwünscht! Vor allem Rollstuhlfahrer sollen mit den neuen Bahnen besser reisen können. "Falls die Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten nicht ihren Bedürfnissen gerecht werden, besteht noch die Möglichkeit, bei der Produktion nachzubessern", so Höglmeier.

Diese Produktion übernehme die Firma Stadler aus der Schweiz, die die neuen Modelle jedoch im spanischen Valencia herstelle. Genaueres erklärt der anwesende Vertreter von Stadler, Ansgar Brockmeyer: "Das jetzige Modell aus Holz und Kunststoff gibt die Oberfläche der fertigen Modelle schon realistisch wieder", sagt er.

"Ziel dieser neuen Modelle ist es, schneller, moderner und barrierefreier zu werden. Es wird bessere Klimatisierung, effizienteren Stromverbrauch, weniger Lärmbelästigung, rollstuhlgerechte Toiletten, kostenloses Wlan in den Waggons und einiges mehr geben", so Brockmeyer weiter.
"Das Mekka des öffentlichen Verkehrs"
Das Besondere dabei ist, dass jenes Projekt TramTrain nicht alleine in Karlsruhe umgesetzt wird. Sechs Verkehrsbetriebe beauftragten die Firma Stadler gemeinsam, ihnen im Laufe des Jahrzehnts diese neuen Modelle zur Verfügung zu stellen.

Neben der VBK und der Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG) beteiligen sich auch die Verkehrsbetriebe aus Saarbrücken, Salzburg, Linz und dem Rhein-Neckar-Kreis an den neuen Bahnen, deren Vertreter ebenfalls bei der Pressekonferenz in Karlsruhe anwesend sind.
Gemeinsam haben sie alle, dass sie eine Mehrsystemschienenbahn betreiben - also Züge, die nach Karlsruher Vorbild sowohl an den Stadt- als auch an den Regionalverkehr angebunden sind. Als ein "Mekka des öffentlichen Verkehrs" bezeichnet der Salzburger Landesrat für Verkehr, Stefan Schnöll, die Fächerstadt bei dieser Gelegenheit.

"Unsere Kooperation hat verschiedene Vorteile", erklärt Höglmeier dazu. "Wir können das Know-how der verschiedenen Verkehrsbetriebe bündeln und die Kosten für die neuen Bahnen gemeinsam stemmen. Beispielsweise sparen wir rund eine Million Euro pro neu angeschafftem Modell im Vergleich dazu, wenn jede Stadt für sich genommen neue Züge anschaffen würde. So konnten wir bei der Firma Stadler auch einen Instandhaltungsvertrag erwerben, der die Qualität und Wartung der neuen Bahnen auch die nächsten 32 Jahre gewährleisten soll."
Wann fahren die neuen Bahnen in Karlsruhe?
Die Gesamtkosten dieser neuen Bahnen beziffert Oberbürgermeister Mentrup dabei auf rund vier Milliarden Euro, die die beteiligten Städte gemeinsam aufbringen. Von Karlsruher Seite aus werde ein "wohlwollender Teil" vom Land Baden-Württemberg finanziert, wie der OB hinzufügt. Wie viel genau von diesen vier Milliarden aus Karlsruher Kassen fließen wird, sei noch nicht klar, wie eine Sprecherin der VBK bestätigt. "Die Preise werden wir pro gelieferter Bahn bezahlen. Entsprechend werden wir die genauen Kosten auch erst mit der Lieferung überblicken können."

Stellt sich natürlich noch die Frage, wann die ersten modernisierten Bahnen ihre Jungfernfahrt in der Fächerstadt antreten können. "Wohl nicht vor 2026", sagt Höglmeier.
Insgesamt wurden für die AVG 75 neue Fahrzeuge für das Jahr 2025 bestellt. Für die VBK 73 Exemplare für das Jahr 2026 - mit der Option auf 52 weitere Bahnen für die kommenden Jahrzehnte.
Wichtig sei dabei zu erklären, dass zunächst nur die älteren Bahnen ersetzt werden. Die neueren Modelle könnten noch weiter in Betrieb bleiben.
"Wir stehen noch vor einigen Herausforderungen, zum Beispiel, dass die Bahnen gleichermaßen als Zweisystem-Züge für den Regional- und den Stadtverkehr zugelassen werden müssen, was mit aufwendiger Bürokratie verbunden ist", so Höglmeier weiter.
Die Züge werden individualisiert
Bezüglich der optischen Gestaltung des 22 Meter langen Modells gebe es aber durchaus noch Möglichkeiten für letzte Anpassungen, betont VBK und AVG-Chef."Natürlich hat jede Stadt und jeder Verkehrsbetrieb ganz eigene optische Vorgaben, die Stadler auch berücksichtigen wird", sagt er. "Die Farbe der Züge und die Form der Sitze werden also nicht von der Bekannten abweichen."

Eine Aussage, die Ansgar Brockmann von der Firma Stadler bestätigt: "Jeder der sechs Kunden hat uns ein Fahrzeugkonzept vorgelegt, nach dem wir die Bahnen für die jeweilige Stadt individualisieren werden", erklärt er.
Heißt im Klartext: Das Weiß an der Bahn gilt nur für den Prototyp. Die neuen Stadtbahnen in Karlsruhe werden wohl auch im Jahr 2026 ihr Wiedererkennungsmerkmal behalten - ihren typischen Gelbton.
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