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Karlsruhe: Ausstellung in Karlsruhe: "Moschee braucht nicht immer Kuppel und Minarette"

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Ausstellung in Karlsruhe: "Moschee braucht nicht immer Kuppel und Minarette"

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    Mesut Palanci und Mahiye Sarikan haben die Moscheenausstellung in Karlsruhe mitgestaltet.
    Mesut Palanci und Mahiye Sarikan haben die Moscheenausstellung in Karlsruhe mitgestaltet. Foto: (mda)

    "Wir wollen ins Gespräch kommen und das Verständnis auf beiden Seiten fördern", sagt Mesut Palanci, Vorsitzender des Dachverbands Islamischer Vereine in Karlsruhe und Umgebung. Der 44-Jährige lebt seit 40 Jahren in Deutschland und hat die Ausstellung "Allahs Häuser zwischen Heimat und Heimweh" im Architekturschaufenster in der Waldstraße mitkonzipiert. Der Ausstellungstitel soll laut Palanci ausdrücken: "Die Moschee ist für viele Muslime ein Stück Heimat auf deutschem Boden."

    Eine Moschee ist ein Ort der Besinnung, des Gebets und des Zusammentreffens - sie ist der Mittelpunkt des sozialen Lebens der Muslime.

    "Muslime leben seit 50 Jahren in Deutschland", sagt Palanci. Die Bürger müssten einsehen, dass Muslime eben nicht mehr nur die Gastarbeiter von damals seien, sondern mittlerweile ein fester Bestandteil dieser Gesellschaft. "Ich sage es mal provokativ: solange eine Türkin mit Kopftuch in der Schule putzt, ist das für viele okay, sobald sie aber Lehrerin wird, also eine Respektperson, gibt es Kritik", so Palanci. Ähnlich sei das mit den Moscheebauten: solange sich die muslimischen Gebetsräume versteckt in "schäbigen Hinterhöfen" befänden, sei das für die meisten kein Thema, sobald aber Pläne für eine sichtbare und repräsentative Moschee bekannt würden, kochten die Emotionen hoch.

    In der vorhandenen Ausstellung wird die Moschee als Gebäude sowie ihre Bedeutung als sozialer Mittelpunkt im Leben der Muslime dargestellt. Dies wird im Kontext der Situation der muslimischen Präsenz in Europa - insbesondere in Deutschland - dargestellt. Dabei geht die Ausstellung auf die historische Entwicklung ein und stellt die Verbindung zu unserer heutigen Zeit her.

    Sicher hätten sich auch viele muslimische Gemeinden bisher zu wenig nach außen präsentiert und zu stark den Mitbürgern verschlossen, gibt Palanci zu. Es gebe eben auf beiden Seiten Nachholbedarf. Die "Integrationskeule" zu schwingen sei zudem wenig hilfreich.

    Auf 24 Tafeln informiert die Ausstellung über den Moscheebau von den Anfängen des Islam bis zu zeitgenössischen Bauten. Fotos, Illustrationen und Modelle zeigen die vielfältige Architektur von Moscheen auf der ganzen Welt. Eine solche Ausstellung sei so bisher in Deutschland "einmalig", sagt Palanci. Die Ausstellung soll künftig als Wanderausstellung bei muslimischen Gemeinden, in Schulen und Vereinen in ganz Deutschland für mehr Verständnis werben und Toleranz fördern.

    Die Ausstellung versteht sich als Beitrag zur Moscheebaudebatte, welche Teil der Integrationsdiskussion in Deutschland ist. Sie möchte den Besuchern der Ausstellung sowohl architektonische, gesellschaftliche als auch historische Einblicke dazu liefern.

    "Mittlerweile ist die Ablehnung gegenüber dem Islam in der Mitte der Gesellschaft angekommen", bemerkt Palanci. Man hoffe, dass man durch die Ausstellung auch Bürger erreiche, die so vielleicht ihre bisher negative Einstellung gegenüber dem Islam überdenken. "Es gab Zeiten, da war Deutschland dem Bau von Moscheen offener gegenüber."

    Preußenkönig Friedrich Wilhelm ließ im Jahre 1731 in Potsdam eine Moschee für seine muslimischen Infanteristen bauen, die als erstes muslimisches Gotteshaus in Deutschland gilt.

    "Es gibt genug Beispiele in der Geschichte, wo sich die Moschee an die örtliche Umgebung und die Nachbarschaft sehr gut anpasst: ein schönes Zusammenspiel von Tradition und Moderne", sagt Mahiye Sarikan. Die 28-Jährige Muslima studiert Kunstgeschichte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und hat die Ausstellung mitgestaltet. "Es gibt in Deutschland bereits Moscheen eines neuen mitteleuropäischen Moscheebautyps."

    Die Islamische Gemeinde Penzberg beauftragte den Augsburger Architekten, Alen Jasarevic, mit dem Bau eines Moscheegebäudes, das als selbstverständlicher Bestandteil der Stadt aufgenommen werden soll. (...) Entstanden ist ein kunstvolles Gebäude. Ein Zusammenspiel aus schlichter Betonästhetik, geschmückt mit maurischer Ornamentik, freundlicher Offenheit und elegantem Licht- und Farbenspiel.

    "Eine Moschee braucht nicht immer eine Kuppel und Minarette. Es gibt Moscheen in ganz verschiedener architektonischer Gestalt", so Studentin Sarikan. Und genau das wolle die Ausstellung zeigen: Moscheen haben ganz vielfältige Formen. "Es gibt Moscheen, die sehen auf den ersten Blick gar nicht aus wie eine Moschee. Eine Moschee soll sich ins Stadtbild und die Umgebung einfügen. Eine moderne Moschee mit symbolischen Elementen", findet Sarikan.

    Zur Straße hin öffnet sich das langgestreckte Gebäude mit Einrichtungen wie einem Ladengeschäft, einem Bistro, einer Bibliothek und einem Kinderspielplatz. Im hinteren Gebäudeteil befinden sich die Gebetsräume, die mit Hilfe von Schiebewänden flexibel vergrößert oder verkleinert werden können.

    Was sollen die Besucher der Ausstellung mitnehmen? "Neue Eindrücke und ein neues Bild von der Moschee an sich", sagt Sarikan. "Es wäre schön, wenn das starre Bild von der vermeintlich typischen Moschee aufgebrochen würde." Wenn Vorurteile abgebaut würden und neue Denkansätze entstünden, dann könnte auch die Debatte um einen Moscheeneubau versachlicht werden.

    Die Initiatoren der Ausstellung sind der Ansicht, dass ein Moscheebauprojekt vor allem einer objektiven und konstruktiven Debatte aller Akteure bedarf. Sie muss zudem die bereits existierende innermuslimische Diskussion intensivieren und die Gesellschaft, die Politik und die Fachwelt involvieren.

    Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschafft von Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup und wird vom Dachverband Islamischer Vereine in Karlsruhe und dem Architekturschaufenster konzipiert und organisiert. Unterstützt wird sie vom Kulturbüro der Stadt Karlsruhe.

    Der Dachverband Islamischer Vereine versteht sich als Arbeitsgemeinschaft neun islamischer Gemeinden und Vereine in Karlsruhe. Er organisiert die Seelsorge am Städtischen Klinikum und in der JVA Karlsruhe. Darüber hinaus ist er Ansprechpartner für das muslimische Gräberfeld auf dem Hauptfriedhof Karlsruhe.

    Termin: 10. September bis 3. Oktober, täglich von 10 bis 12 Uhr und 14 bis 16 Uhr, Architekturschaufenster (Waldstraße 8) in Karlsruhe

    Führungen: jeweils sonntags 12 bis 14 Uhr und mittwochs 17 bis 20 Uhr

    Weitere Infos zur Ausstellung und Moschee-Debatte finden Sie unter: www.moscheenausstellung.de

    Moscheebau, Kopftuch, Koran, Glaube, Irrtümer und Vorurteile: In unserem Dossier "Islam in Karlsruhe" haben wir zahlreiche Artikel über den Islam und Muslime in Karlsruhe für Sie zusammengefasst. Einfach hier klicken!

    *Kursive Schrift im Artikel: Auszüge aus den Texten auf den Infotafeln der Ausstellung

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