Die von der Bundesagentur für Arbeit geplante Fusion der Arbeitsagenturen in Karlsruhe und Rastatt stößt im Landkreis Rastatt und in Baden-Baden auf heftigen Widerstand. In einem Brief an die Bundesagentur fordern Landrat Jürgen Bäuerle und der Oberbürgermeister der Stadt Baden-Baden, die Arbeitsagentur Rastatt zu erhalten. Eine gemeinsame Verwaltung könne die Bedürfnisse beider Landkreise nicht angemessen berücksichtigen, heißt es in dem Schreiben.
"Wir brauchen eine Agentur vor Ort"
Nach aktuellem Planungsstand soll es künftig nur noch 156 Agenturen in Deutschland geben. Derzeit sind es 178. Die Bundesagentur für Arbeit plant daher die Zusammenlegung der beiden Agenturen. Das Ziel der Maßnahme sei laut Bundesagentur "mehr Markt- und Bürgernähe und eine weitere Verbesserung der Bearbeitungsqualität bei unverändertem bundesweitem und kundennahem Dienstleistungsangebot."
Dieser Aussage schenken die Kritiker der Reformpläne wenig glauben. Sie befürchten, durch die geplante Fusion passiere genau das Gegenteil. Die Arbeitsagenturen könnten nicht mehr angemessen auf die unterschiedlichen Arbeitsmärkte reagieren, Arbeitssuchende würden nicht mehr adäquat versorgt. "Wir brauchen eine Arbeitsagentur unmittelbar vor Ort, in heutiger From und mit den heutigen Kompetenzen", fordert Landrat Bäuerle im ka-news-Gespräch. Nur wenn die Agentur vor Ort präsent sei, sei eine direkte und effektive Zusammenarbeit mit der Stadt- und Landkreisverwaltung möglich.
Rastatt wird nicht geschluckt
Bäuerle befürchtet, dass die Agentur Rastatt den Fusionsplänen zum Opfer falle. "Der Größere übernimmt den Kleineren. So ist das doch meistens", mutmaßt er. Der Landrat kritisiert, dass sich zunehmend Verwaltungsaufgaben in so genannten Oberzentren konzentrierten. Die Gemeinden im ländlichen Raum würden durch solche Reformen zu Verlierern.
Die Pläne seien für Mittelbaden ein Rückschritt. Wie wichtig die Agentur vor Ort sei, habe sich gerade in der Krise gezeigt, als gemeinsam mit allen Akteuren effektiv und erfolgreich gegensteuert werden konnte, so der Landrat. Zudem verweist er auf den hohen Anteil des produzierenden Gewerbes in Mittelbaden und auf den daraus resultierenden wachsenden Fachkräftemangel.
"Für die Bürger ändert sich nichts"
"Die Fusion bedeutet nicht, das eine Agentur die andere schluckt", betont der Karlsruher Agentur-Chef Ingo Zenkner gegenüber ka-news. Man verfolge keinen zentralistischen Ansatz für die Arbeitsmarktpolitik. Die regionale Arbeitsmarktpolitik bleibe bestehen. Es sei klar, dass man auch weiterhin auf die unterschiedlichen Arbeitsmarktsituationen unterschiedlich reagieren müsse.
Vielmehr wolle man mit der Reform auf die aktuelle Wirtschaftslage eingehen. "Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit 19 Jahren. Das bedeutet, dass wir mittelfristig in den Arbeitsagenturen nicht mehr so viel Personal brauchen als zu Zeiten der Wirtschaftskrise", erklärt Zenkner. "Der Personalkörper wird durch die Reform kleiner", prognostiziert er. Vor allem Verträge von Arbeitsvermitteln, die während der Wirtschaftskrise nur befristet eingestellt worden seien, würden jetzt nicht mehr verlängert. Momentan arbeiten bei der Agentur in Karlsruhe rund 460 Angestellte.
Jobcenter bleiben unangetastet
Wie viele Stellen bei der Arbeitsagentur im Rahmen der Umstrukturierung gestrichen werden, weiß Zenkner derzeit noch nicht. Der Standort der neuen Agentur sei genauso unklar wie der Namen, so Zenkner. Auch unter welcher Führung die fusionierte Agentur stehe, wisse derzeit niemand. Momentan gestalten die Chefs beider Agenturen ein Konzept. Anfang nächsten Jahres wolle man mit der Umsetzung der Pläne beginnen, mutmaßt der Karlsruher Agentur-Chef.
Jobcenter, die Hartz-IV-Empfänger betreuen, seien von den Reformplänen nicht betroffen. "Für die Bürger ändert sich nichts. Alle Anliegen werden weiterhin wohnortnah und effektiv bearbeitet. Auch die regionalen Jobcenter sind hiervon nicht berührt", erklärt Zenkner.
Weniger Arbeitslose als im Vorjahr
Nach Angaben der Arbeitsagentur waren im Juli 15.861 Menschen in der Region Karlsruhe ohne Arbeit. Im Juli erhielten 61,7 Prozent aller Arbeitslosen aus dem Stadt- und Landkreis Karlsruhe Hartz-IV. Die Arbeitslosenquote lag bei 4,2 Prozent. In Rastatt lag die Zahl der Arbeitslosen im Juli bei 6.001. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Arbeitslosigkeit damit um 15 Prozent.
Die Agentur für Arbeit ist für alle Bezieher von Arbeitslosengeld I und Arbeitssuchende zuständig ist. Die Jobcenter betreuen Hartz-IV-Empfänger.