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Ettlingen/Stuttgart: Lenkzeiten im Busverkehr: Wer kontrolliert hier eigentlich?

Ettlingen/Stuttgart

Lenkzeiten im Busverkehr: Wer kontrolliert hier eigentlich?

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    Buskontrolle 2016.
    Buskontrolle 2016. Foto: Thomas Riedel

    Bei ka-news haben mehrere Busfahrer Kritik an ihrem Arbeitgeber geäußert: Bei den Albtal-Verkehrs-Betrieben (AVG) sollen bereits mehrfach die Lenk- und Ruhezeit über- beziehungsweise unterschritten worden sein. Aus diesem Grund würden unter anderem Angaben in Fahrtenbüchern bewusst vorenthalten werden. Doch wie werden die Einsatzzeiten bei Linienbusse überhaupt kontrolliert?

    1. Bundesamt für Güterverkehr (BAG)

    In Karlsruhe finden immer wieder Großkontrollen für Reisebusse statt, meist in Zusammenarbeit von Polizei und Bundesamt für Güterverkehr (BAG). Doch die Zuständigkeit des Amtes endet an der Autobahnausfahrt. Da sich "der Linienverkehr sich ganz überwiegend im nachgeordneten Straßennetz abspielt", so das BAG, sei man nicht direkt verantwortlich. Hier verweist man an das für den Arbeitsschutz zuständige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in Baden-Württemberg.

    2.  Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in Baden-Württemberg

    Hier laufen zwar immer wieder Anzeigen von Fahrern und Fahrgästen bei Verstößen gegen die Regelungen auf, eine ka-news-Nachfrage ergibt allerdings: Auch die Mitarbeiter des Ministeriums werden nicht kontrollierend tätig. Diese Aufgabe übernehme die örtliche Polizei oder die Gewerbeaufsicht des entsprechenden Stadt- oder Landkreises, heißt es auf Anfrage von ka-news weiter.

    3. Örtliche Gewerbeaufsicht

    Fragt man beim Regierungspräsidium Karlsruhe nach, wo es ebenfalls einen Bereich für Arbeitsschutz gibt, erhält man folgende Antwort: "Für Betriebe, hier aus dem Bereich Personenbeförderung, liegt die Zuständigkeit in Arbeits- und Umweltschutzfragen bei den unteren Verwaltungsbehörden, beispielsweise für die KVV bei der Stadt Karlsruhe."

    Eine Anfrage bei der Stadtverwaltung Ettlingen, in welchem Bereich der AVG-Busverkehr hauptsächlich stattfindet, führt aber auch nicht zum Ziel. Hier ist die Gewerbeaufsicht nicht beim Ordnungsamt angegliedert: "Die Gewerbeaufsicht liegt beim Landratsamt Karlsruhe und Ordnungswidrigkeitsverfahren sind beim Ordnungsamt Ettlingen in letzter Zeit nicht aufgelaufen."

    Ettlinger Rathaus
    Ettlinger Rathaus Foto: Barros

    Eine Sprecherin der Stadt Karlsruhe gibt eine ähnliche Aussage zu Protokoll: "Kontrollen (Anmerkung der Redaktion: im Fernverkehr) werden regelmäßig durch die Polizei zusammen mit der BAG und dem Zoll durchgeführt. Anzeigen gegen Busfahrer im Linienverkehr sind beim Ordnungsamt keine eingegangen."

    4. Polizei-Kontrollen

    Wie sehen die Kontrollen im Linienbusverkehr bei der Polizei aus? Dazu gibt Thomas Gietz von der Verkehrspolizei Auskunft: So werden diese Fahrzeuge sporadisch an den Endhaltestellen kontrolliert. Eine Großkontrolle sei schwierig, immerhin würde man die Fahrplanstabilität gefährden, wenn beispielsweise sämtliche Busse auf einer Strecke kontrolliert werden würden.

    An verschiedenen Kontrollpunkten konnten mehrere Busse gleichzeitig überprüft werden.
    An verschiedenen Kontrollpunkten konnten mehrere Busse gleichzeitig überprüft werden. Foto: (ks)

    Bei den Prüfungen werden zwar auch die mitgeführten Dienstpläne gesichtet, aber die Kontrolle würde sich hauptsächlich auf technische Mängel konzentrieren. Kontrollgeräte können vor Ort nicht ausgelesen werden - auch hier wird an die Abteilung Arbeitsschutz im Landratsamt für den Landkreis verwiesen.

    5. Landratsamt Karlsruhe

    Beim Landratsamt Karlsruhe gibt es dann mehr Informationen: "Was Busfahrer im Linienverkehr betrifft haben wir keine Verstöße gemeldet bekommen, beziehungsweise gesondert überprüft. Grund ist vor allem, dass bereits bei der der Festlegung der Umlaufzeiten (Fahrplanerstellung) im Busverkehr die Lenk- und Ruhezeiten beachtet und eingeplant werden. Anzeigen bei Kontrollen durch die Polizei und Hinweise auf Verstöße haben wir keine erhalten." Fehlerhafte Schichtplanungen werden hier aber nicht berücksichtigt.

    Keine Seltenheit: 66 Fahrer begehen 152 Verstöße!

    "Die Kontrollen erfolgen in der Regel anlassbezogen sowie stichprobenartig durch die Gewerbeaufsicht im Umweltamt bei Betriebskontrollen. Ein weiterer Schwerpunkt sind Meldungen der Polizei bei deren Kontrollen an uns mit dem Hinweis, die Betriebszeiten könnten missachtet worden sein. Seltener gibt es Hinweise von Fahrern selbst", so Martin Zawichowski, Leiter des Büros des Landrats, gegenüber ka-news.

    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: Thomas Riedel

    Das Ergebnis der Kontrollen ist sind beachtlich: Konkret wurden im vergangenen Jahr in und um Karlsruhe vom Landratsamt 66 Busfahrer mit 189 Arbeitstagen im Personenverkehr kontrolliert. Dabei wurden 29 Überschreitungen der Lenkzeiten, neun fehlende Aufzeichnungen der Fahrzeiten, 64 Lenkzeiten von mehr als 4,5 Stunden ohne Unterbrechung, 30 Nichtbeachtungen der Ruhezeiten sowie 20 Verstöße gegen die Aufbewahrung der Lenkzeitunterlagen.

    Zusammengerechnet sind das 152 Verstöße - und damit fast jeden kontrollierten Arbeitstag einer! Aufgrund der Verstöße gegen das Fahrpersonalgesetz wurden 2017 vom Landratsamt 16 Bußgeldbescheide im Personenverkehr verhängt.

    ka-news Hintergrund:

    Bei Fahrten in nationalen Personenlinienverkehr mit einer Linienlänge von bis zu 50 Kilometern muss, sofern das Fahrzeug mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgerüstet ist, die Fahrerkarte nicht gesteckt werden. Ist ein analoger Fahrtenschreiber vorhanden, sind Schaublätter zu verwenden. Seit dem 1. Januar 2013 ist für erstmals in Verkehr kommende Fahrzeuge, die ausschließlich im nationalen Linienverkehr bis 50 Kilometer Linienlänge eingesetzt werden, die Pflicht zum Einbau eines Fahrtschreibers aufgehoben worden. In diesen Fällen muss der Fahrer einen Auszug aus dem Arbeitszeitplan und eine Ausfertigung des Fahrplans, der die gerade durchgeführte Fahrt betrifft, mitführen. Somit können bei Straßenkontrollen nur die mitgeführten Schaublätter oder die Daten des Massenspeichers des digitalen Fahrtenschreibers bzw. der mitgeführte Arbeitszeit- und Fahrplan kontrolliert werden. Zur Aufzeichnung von Lenk- und Ruhezeiten sind keine Fahrtenbücher mehr vorgeschrieben.

    Das Fahrpersonalgesetz (FpersG) droht für Zuwiderhandlungen gegen die Sozialvorschriften (z. B. Lenk- und Ruhezeiten) eine Geldbuße von bis zu 30.000 € für Unternehmer und bis zu 5.000 € für Fahrer an. Regelsätze für die Bußgeldhöhe zu den einzelnen Verstößen wurden vom Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik als Buß- und Verwarnungsgeldkataloge zum Fahrpersonalrecht (LV 48) veröffentlicht.

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