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Karlsruhe: Weitere Urteile beim Pyro-Prozess - Richter: "Choreografie wie ein Orchester – alle trugen zum Erfolg bei"

Karlsruhe

Weitere Urteile beim Pyro-Prozess - Richter: "Choreografie wie ein Orchester – alle trugen zum Erfolg bei"

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    Im Karlsruher Pyroprozess gab es am 19. Dezember zwei weitere Urteile.
    Im Karlsruher Pyroprozess gab es am 19. Dezember zwei weitere Urteile. Foto: Marius Nann

    Hintergrund zu den beiden Prozesstagen am 12. und 19. Dezember war auch dieses Mal der Einsatz von Pyro-Technik am November 2022 im BBBank Wildpark. Dabei wurden elf Personen verletzt.

    Die beiden Angeklagten, Stefan H. und Sascha V., hätten das billigend in Kauf genommen, so der Vorwurf. Die beiden äußerten sich dazu am ersten Verhandlungstag selbst vor Gericht (ka-news.de berichtete).

    Der Rauch der Pyrotechnik im BBBank Wildpark im Spiel gegen St. Pauli im Jahr 2022.
    Der Rauch der Pyrotechnik im BBBank Wildpark im Spiel gegen St. Pauli im Jahr 2022. Foto: Mia

    Zeugen, Videos und Chatverläufe: Die Beweislage

    Am ersten Verhandlungstag wurden Zeugen vernommen, Videos gesichtet und Chatverläufe ausgewertet. Die Staatsanwaltschaft stützte ihre Forderung nach Bewährungsstrafen darauf, dass die Angeklagten als Mitglieder der Ultragruppierung "Rhein Fire" von den Pyro-Einsätzen hätten wissen müssen. Obwohl H. und V. selbst keine Pyrotechnik gezündet hatten, sei ihre Mitschuld durch die Organisation der Choreografie belegt, argumentierte Staatsanwalt Graulich: "Den rauchenden Colt gibt es hier nicht."

    Mehrere Zeugen sollten  am ersten Verhandlungstag klären, ob sich die Angeklagten schuldig gemacht haben.
    Mehrere Zeugen sollten am ersten Verhandlungstag klären, ob sich die Angeklagten schuldig gemacht haben. Foto: Marius Fritz

    Staatsanwaltschaft fordert harte Strafen

    Die Aussagen der Angeklagten zu Prozess-Beginn am 12. Dezember wertete Graulich als Zeichen von Reue, kritisierte jedoch ihre Darstellung: "Sich hier als Opfer zu inszenieren, ist schlicht und ergreifend falsch." Die Beweisaufnahme habe gezeigt, dass beide die Verletzungen anderer Fans in Kauf genommen hätten. Die Forderung der Staatsanwaltschaft: 14 Monate auf Bewährung für H. und elf Monate für V.

    Die  Angeklagten wurden wegen Körperverletzung vor Gericht gestellt.
    Die Angeklagten wurden wegen Körperverletzung vor Gericht gestellt. Foto: Marius Fritz

    Verteidigung plädiert auf Freispruch

    Die Verteidigung sah die Lage völlig anders. Christian Süß, Anwalt von V., argumentierte, dass sein Mandant keine Pyrotechnik gezündet habe. Ein Video zeige eindeutig, dass V. selbst vom Ausmaß der Pyrotechnik überrascht worden sei. Sein Mandant habe lediglich Teile der Blockfahne genäht und an Vorbereitungstreffen teilgenommen. "Mein Mandant hat mit Pyro nichts zu tun", betonte Süß und warf der Staatsanwaltschaft vor, ein Exempel statuieren zu wollen.

    Beide Verteidiger forderten das Gericht dazu auf, ihre Mandanten freizusprechen.
    Beide Verteidiger forderten das Gericht dazu auf, ihre Mandanten freizusprechen. Foto: Marius Nann

    Norman Lenz, der Verteidiger von H., kritisierte ebenfalls die Beweisführung der Karlsruher Staatsanwaltschaft. Sein Mandant habe lediglich die Blockfahne mitgehalten und sie anschließend eingerollt. Zudem habe sich H. aufgrund eines Trauerfalls kaum noch in der Gruppe engagiert. "Wie hätten die Angeklagten wissen sollen, dass so viel Pyrotechnik gezündet wird?", fragte Lenz und forderte einen Freispruch.

    Richter Nyarko: "Die Choreografie war wie ein Orchester"

    Richter Nyarko folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft und sah die Vorwürfe bestätigt. Beide Angeklagten hätten von der Pyrotechnik gewusst und die körperliche Unversehrtheit der Zuschauer dem Erfolg der Choreografie untergeordnet. Dass sie selbst keine Pyrotechnik gezündet hätten, spiele dabei nur eine untergeordnete Rolle: "Die Choreografie war wie ein Orchester – alle trugen zu ihrem Erfolg bei."

    Richter Nyarko verurteilt die beiden Angeklagten zu mehrmonatigen Bewährungsstrafen.
    Richter Nyarko verurteilt die beiden Angeklagten zu mehrmonatigen Bewährungsstrafen. Foto: Marius Nann

    Bewährungsstrafen für beide Angeklagte

    Die Tatsache, dass die Angeklagten sich zu den Vorwürfen äußerten, wertete der Richter positiv. Gleichzeitig betonte er die "hohe kriminelle Energie", mit der die Aktion geplant wurde, sowie die Vorstrafen des Angeklagten H. 

    Das Urteil: Sascha V. erhielt neun Monate auf Bewährung, Stefan H. zwölf Monate auf Bewährung.

    Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Verteidiger ließen durchblicken, dass sie Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen werden.

    Der Karlsruher "Pyro-Prozess"
    Am 12. November 2022 trafen der Karlsruher Sportclub (KSC) und der FC St. Pauli aufeinander.  

    Vor Anpfiff der Partie kam es zu einer nicht angemeldeten Pyro-Aktion der Ultra-Gruppierung "Rheinfire". Sie  feierten mit der Aktion ihr 20-jähriges Jubiläum, zündeten pyrotechnische Gegenstände und Feuerwerksbatterien.

    Die Partie musste mit 15 Minuten Verzögerung angepfiffen werden - der Rauch behinderte die Sicht im gesamten Stadion. Nach dem Spiel meldeten sich Stadionbesucher: Der Rauch verletzte elf Fans, einen davon schwer und nachhaltig.

    Das Thema beschäftigt seitdem die Karlsruher Justiz: Im Mai 2024 starteten die Verhandlungen am Amtsgericht Karlsruhe. In insgesamt 28 Verfahren stehen 25 Ultra-Fans und drei Sozialarbeiter des Fanprojekts vor Gericht. Für 18 "Rheinfire"-Mitglieder wurde bereits ein Urteil gesprochen (Stand: 19. Dezember). 

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