Bei jedem Heimspiel ist er mit dabei: Seit über 60 Jahren begrüßt der steinerne "Nackte Mann" die Fans vor dem Wildparkstadion. Doch diese Zeit ist nun erst einmal vorbei: Am heutigen Mittwochmorgen um 9.30 Uhr war es so weit: Der "nackte Mann" entschwebte seinem Sockel und verließ seinen Stammplatz vor dem Stadion für immer.

Seine letzten Tage zählten dabei aber nicht zu den schönsten. Denn bei den Ausschreitungen rund um das Derby des KSC gegen den VfB Stuttgart gehörte auch der Mann aus Stein zu den Leidtragenden. In großen, roten Lettern prangte das Worte "VfB" auf dem Bauch der Statue und auch sein "bestes Stück" wurde angemalt.
Nun bekommt der arme Kerl, dem nicht nur Fans gegnerischer Mannschaften sondern auch Wind und Wetter über die Jahre ziemlich zugesetzt haben, eine wohlverdiente Restaurierung. Dabei führt seine Reise nach Gaggenau, zum Steinmetzbetrieb Bernhard Binder.
Der "Nackte Mann" muss von seinem Sockel herab
Der erste Schritt an diesem Morgen: Die Statue muss von ihrem Sockel herunter. "Die Schwierigkeit dabei ist, dass man nicht in die Statue hineinsehen kann und so nicht weiß, ob sie beispielsweise verdübelt ist", erklärt Bernhard Binder im Gespräch mit ka-news.de.

Nach nicht einmal einer Stunde ist die erste Hürde genommen: Der "Schlotter-Beck", wie die Statue unter den eingefleischten KSC-Fans genannt wird, hat es - ohne dabei zu kippen - von ihrem Sockel hinab auf den Boden vor dem Wildparkstadion geschafft.
Viele Risse - und eine offene Stelle am Fuß
Wie geht es dem "Nackten Mann" nach über 60 Jahren Dienstzeit vor dem Wildparkstadion? "Er ist in einem mittelmäßig bis schlechtem Zustand", sagt Steinmetz Binder. Das zeige sich an den vielen Rissen und Abplatzungen, die an der Oberfläche des Betons zu sehen sind.

Die größte Wunde der Statue befindet sich wohl an ihrem linken Fuß. Hier ist so viel Substanz abgeplatzt, dass das stählerne Skelett zum Vorschein kommt. Die Wundheilung verläuft laut Binder wie folgt: "Das Eisen wird mit Rostschutz behandelt, die Stelle darüber mit Mörtel aufgefüllt."
"Betonhaut" darf nicht verletzt werden
Ist der "Nackte Mann" sicher im Steinmetzbetrieb in Gaggenau angekommen, wird zuerst die Farbe entfernt. "Dabei müssen wir vorsichtig sein, um die Betonhaut nicht zu verletzen", erklärt Binder im Gespräch mit ka-news.de. Danach kämen die Risse an die Reihe, sie werden verpresst oder ebenfalls mit Mörtel aufgefüllt.
Zurück zum Wildparkstadion: Die Beton-Figur ist auf dem Boden angekommen, jetzt geht es für ihn in die Waagerechte. Ein grüner Gurt wird ihm um die Brust gelegt und behutsam wird er mithilfe eines Kranes hingelegt.
Nach ein bisschen Hin und Her - die richtige Position des Gurtes war nicht auf Anhieb gefunden - ist auch dieser Schritt geschafft. Jetzt steht der wohl spektakulärste Teil bevor: Der "Nackte Mann" hebt ab und kommt auf dem bereits bereitstehenden Transporter zum Landen.
"Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nie"
Damit Bodenwellen und enge Kurven der Statue nichts anhaben können, wird sie gut gesichert und mit Schaumstoff gepolstert. "Eine 100-prozentige Sicherheit, dass beim Transport nichts schief geht, gibt es allerdings nie", so Bernhard Binder.

Und so macht sich die Betonfigur auf den Weg. Doch es ist kein Abschied für immer, denn wenn das neue Stadion voraussichtlich 2022 fertig ist, soll sie die Fans wieder zu den Spielen begrüßen. Allerdings an einem neuen Standort, im Süden des Stadions. Bis dahin sagen wir: Tschüss, "Nackter Mann"!
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