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EnBW-Affäre: Mappus' umstrittener Rückkauf und die Folgen für Baden-Württemberg

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Karlsruher Kraftwerk-Krimi – Wie der EnBW-Kauf zum Justizfall wurde

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    (Archivbild)
    (Archivbild) Foto: Uli Deck/dpa

    Im Jahr 1997 fusionieren die Energie-Versorgung Schwaben und das Badenwerk, ein Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in Karlsruhe, zu EnBW, dem drittgrößten Energieunternehmen in Deutschland. Der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) hielt 45,01% der Aktien.

    Am 19. Januar 2000 verkauft das Land Baden-Württemberg 25,01% des Energieversorgers EnBW an die französischen Energiefirma EDF und erhält dafür 4,7 Milliarden Mark (umgerechnet 2,4 Milliarden Euro). Das meiste Geld wird verwendet, um die gemeinnützige Landesstiftung zu gründen und Ministerpräsident Erwin Teufel kündigt sinkende Strompreise an. Die EDF hat dann 45,01 % der EnBW-Aktien. Zwischen EDF und OEW gab es einen Konsortialvertrag, der die paritätische Führung zwischen den beiden regelt.

    Wiederkauf der Aktien

    Ministerpräsident des Landes Stefan Mappus hat den Eindruck, dass die EDF die Mehrheit der EnBW-Aktien anstrebt bzw. sich von der Beteiligung zurückziehen möchte und entscheidet, dass das Land Baden-Württemberg die EnBW von der EDF zurückkauft, um potentielle unerwünschte Großaktionäre auszuschliessen.

    Das Parlament wird nicht miteinbezogen und die Neckarpri GmbH wird gegründet, um das Aktienpaket zu erwerben. Am 6. Dezember 2010 gibt Mappus bekannt, dass der von EDF gehaltene Aktienanteil an EnBW für das Land Baden-Württemberg zurückgekauft wurde, was einem Anteil von 45,0% entsprach, und zwar zu einem Preis von 4,7 Milliarden Euro. Der Landtag stimmt mit der CDU/FDP-Mehrheit dem Wiedereinstieg des Landes bei der EnBW zu.

    (Archivbild)
    (Archivbild) Foto: Uli Deck/dpa

    Die Opposition – SPD und Grünen – kündigt eine Klage gegen das EnBW-Aktiengeschäft vor dem Staatsgerichtshof an mit der Begründung, das Haushaltsrecht des Landtags wurde verletzt. Es stellt sich auch heraus, dass EDF eigentlich hätte gar nicht verkaufen wollen und auch kein anderer Interessent vorhanden war.

    EnBW-Geschäft wird für verfassungswidrig erklärt

    Am 6. Oktober 2011 erklärt der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg den EnBW-Deal für verfassungswidrig. Der damals amtierende Finanzminister Willi Stächele tritt vom Amt des Landtagspräsidenten zurück. Den Grünen und der SPD, die jetzt die Regierung bilden, wird recht gegeben – die CDU-Regierung vom damaligen Ministerpräsident Mappus hätte das Geschäft nicht ohne parlamentarische Zustimmung abwickeln dürfen. Ende 2011 setzt der baden-württembergische Landtag einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, um die Ereignisse zu untersuchen.

    Die Landesregierung findet, dass Mappus angeblich den Rat seiner Rechtsberater ignoriert hat, die vor einer Umgehung des Parlaments gewarnt hatten.

    Im Februar 2012 legt der baden-württembergische Finanzminister und Vizeministerpräsident Nils Schmid Schiedsklage vor der Internationalen Handelskammer ein. Dies soll klären, ob EDF zu viel für den Rückkauf der EnBW-Anteile bekommen hat. Es wird eine Rückzahlung von etwa 840 Millionen Euro gefordert. EDF fordert in einer Widerklage auch Schadensersatz in zweistelliger Millionenhöhe. Im Mai 2016 teilt das Finanzministerium Stuttgart mit, dass die Internationale Handelskammer die Klage des Landes auf die Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises abgelehnt hat.

    Gutachten und Ermittlungen durch Staatsanwaltschaft

    Im Juni 2012 wird ein Gutachten über den Ankauf der EnBW-Anteile durch das Land Baden-Württemberg fertiggestellt. Es wird festgestellt, dass ein Parlamentsvorbehalt notwendig gewesen wäre, die möglichen Risiken nicht ausreichend gewürdigt wurden, keine ausreichende Wertermittlung des Zielunternehmens stattgefunden hat und es wurden keine Alternativen zum Kauf untersucht.

    Die jetzige rot-grüne Landesregierung will eine komplette Rückabwicklung des Deals wenn EDF das geforderte Geld nicht zurückzahlt. Der Morgan-Stanley-Deutschlandchef Dirk Noteis, der Mappus bei dem Deal beraten hatte, zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt gegen Mappus und Noteis wegen Verdachts der Untreue bzw. Beihilfe. Auch gegen den früheren CDU-Landesfinanzminister Willi Stächele und den früheren Staatsminister Helmut Rau wird ermittelt.

    Im Februar 2013 gibt Ulrich Müller, Vorsitzender des Untersuchungsauschusses zu, dass er mehrfach Stefan Mappus informiert hat, was im Ausschuss besprochen wurde und ihm auch andere Informationen weitergeleitet hat. Infolge muss er als Vorsitzender und Mitglied des Ausschusses zurücktreten, zusammen mit Volker Schebesta und Winfried Mack, die Mappus auch interne Informationen weitergegeben hatten.

    Im November 2013 veröffentlicht die Staatsanwaltschaft Stuttgart das Ergebnis ihres Gutachtens, in dem sie feststellt, dass das Land Baden-Württemberg 780 Millionen Euro zu viel für die Aktien bezahlt hat. Im Gegenzug stellt die Verteidigung von Dirk Noteis jedoch einen weit höhereren Wert als der Kaufpreis in ihrem Gutachten fest.

    Die Ermittlungen werden eingestellt

    Am 28. Oktober 2014 stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Stefan Mappus, Helmut Rau, Willi Stächele und Dirk Noteis ein. Die Vorwürfe über Untreue beim Erwerb der Aktien können nicht bestätigt werden. Mappus klagt auch gegen die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz, die ihn rechtlich beraten hatte und wirft ihr Beratungsfehler vor.

    Stefan Mappus war von 2015 bis 2023 im Vorstand des IT-Beratungsunternehmens pmOne tätig. Seit April 2024 ist er Geschäftsführer der EUTOP Group.

    Seit 2017 investiert die EnBW in Elektromobilität und Photovoltaik und beschäftigt sich mit dem Schutz kritischer Infrastrukturen. Im März 2023 gab die Firma bekannt, die Kohlenutzung bis 2028 beenden zu wollen und will bis 2035 klimaneutral sein.

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