Eine bröckelnde und mit Graffiti beschmierte Fassade, eingeschlagene Fenster und Müllstapel vor der Tür: Die leerstehenden Häuser in der Werderstraße 76 und 78 sind verdreckt und verfallen immer weiter.
Erste Schädlingsbekämpfung 2023
Komplett unbewohnt sind sie jedoch nicht - Tauben und Schaben haben sich dort eingelebt und drohen, sich auf die angrenzenden Gebäude auszubreiten.
Bereits 2023 rückte das Ordnungs- und Bürgeramt zur Schädlingsbekämpfung an. Weitergehende Schritte wurden nicht eingeleitet, doch warum? Zuletzt pochten die Grünen im August auf eine Antwort (ka-news berichtete).
Die Eigentümer sind nicht erreichbar
Im September liegt schließlich die Stellungnahme der Stadtverwaltung vor. Das Problem: Die Eigentümer sind der Stadt bekannt, ihr Wohnort jedoch nicht.
Einer Aufforderung an die Eigentümer im Jahr 2023, die Schädlingsbekämpfung selbst durchzuführen, schlug fehl. Die Verfügungen wurden öffentlich zugestellt, also offiziell bekanntgemacht. Gebracht hat es nichts. Die Stadt griff zur Ersatzvornahme, führte die Schädlingsbekämpfung selbst durch. Knapp zwei Jahre später droht dasselbe Szenario erneut.

Warum ist das Prozedere so umständlich?
Der Zugriff auf Eigentum ist nur innerhalb strenger rechtlicher Grenzen erlaubt. Deswegen kann das Ordnungs- und Bürgeramt erst eingreifen, sobald eine Gefährdung unmittelbar bevorsteht. Zum Beispiel, wenn eine Verbreitung von Krankheitserregern zu befürchten ist.

Was ist der Plan?
- Eigentümer erhalten eine neue Verfügung nach dem Infektionsschutzgesetz. Darin werden sie verpflichtet, die Schädlingsbekämpfung durchzuführen.
- Erneute Aufforderung der Eigentümer zur Schädlingsbekämpfung per öffentlicher Zustellung. Bleibt dies ohne Reaktion, müsste das Ordnungs- und Bürgeramt selbst die Schädlinge beseitigen (Ersatzvornahme).
- Die Kosten sollen den Eigentümern in Rechnung gestellt werden. Da die Stadtverwaltung von einer Nichtzahlung ausgeht, werden gleichzeitig Zwangsmaßnahmen angedroht.
Wohl keine Maßnahmen durch Bauordnungsamt
Das Bauordnungsamt wird nach dem gleichen Muster vorgehen. Doch in diesem Fall werden so schnell wohl keine Maßnahmen erfolgen.
Der Grund: „Eine marode Bausubstanz führt noch nicht zu einer konkreten Gefahr. Diese wäre beispielsweise zu begründen, wenn ein Ziegel in den öffentlichen Bereich zu fallen droht“, heißt es in der Stellungnahme der Stadt.
Versteigerung möglich?
Könnte das Problem nicht leichter durch eine Zwangsversteigerung gelöst werden? Oder die Volkswohnungen die Gebäude erwerben? Diese Fragen stellten die Grünen bereits im August an die Stadtverwaltung.

Doch für eine Versteigerung müsse die Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Ein Ankauf durch die städtische Wohnbaugesellschaft (Volkswohnung) sei nur denkbar, wenn die Kosten für Kauf und Sanierung wirtschaftlich tragbar seien und vorher genau geprüft werden.
Aktualisierung 1. Oktober, 12.05 Uhr: „Eigentum verpflichtet, so steht es im Grundgesetz“
In der Gemeinderatssitzung am Dienstag, 30. September, stellte die Grünen-Fraktion Nachfragen zur Antwort der Stadt. Diese sei in mehreren Punkten zu unklar gewesen, sagte Stadträtin Susanne Heynen. Die Fraktion möchte wissen:
- Wie viel Grundsteuer wurde von den Eigentümern bisher nicht gezahlt?
- Wieso ist die Stadt 2023 selbst aktiv geworden, statt die Besitzer weiter unter Druck zu setzen?
- Warum wurden die Rechnungen an die Eigentümer nicht schon verschickt?
- Wie hoch waren die Kosten bisher?
- Was passiert jetzt konkret?
Abschließend betonte die Stadträtin: „Eigentum verpflichtet, so steht es im Grundgesetz.“ Sie fordert, dass die Eigentümer stärker in die Verantwortung genommen werden sollen.
In anderen Städten ausshalb von BW ist auch es jetzt schon möglich, dass solche Häuser beschlagnahmt werden, saniert und wieder vermietet werden. Ist so etwas hier nicht möglich?
Wenn die Stadt eingreift und die Häuser wegen Einsturzgefahr und Gefährdung baulich sichert oder sogar abreißt, dann werden die Eigentümer sicherlich ganz schnell auftauchen und die Stadt verklagen. Einen ähnlichen Fall gibt es im Schwarzwald mit dem ehemaligen Kurhaus Hundseck. Die Eigentümer haben das Haus verfallen lassen, waren nicht erreichbar, und der Landkreis musste einen Teil des Hauses wegen Einsturzgefahr auf die benachbarte Straße abreißen lassen. Daraufhin tauchten die verschollenen Eigentümer wieder auf, und seitdem gibt es einen Rechtsstreit.
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