Still und heimlich machte es sich der Borstwurm wohl seit Jahren im Haifischbecken des Karlsruher Naturkundemuseums gemütlich. Woher er kam, stellt Museum und Experten wie Prof. Dr. Markus Böggemann von der Universität Vechta vor ein Rätsel.
Wie kommt ein Borstenwurm ins Museum?
Den ersten Verdacht hatte Johann Kirchhauser, Leiter des Vivariums im Naturkundemuseum Karlsruhe, schon vor Monaten. Ungewöhnliche Fraßspuren an den Korallen hatten ihn stutzig gemacht.

Das Becken, in dem sich der Übeltäter eingenistet hatte, ist mit seinen 240.000 Litern eines der größten seiner Art in Deutschland – ideale Bedingungen für einen gut getarnten Untermieter.
Am 1. April – kein Scherz – wurde der Wurm schließlich entdeckt. Tagsüber hielt er sich zwischen den Korallen versteckt, eingewoben in spinnenwebartige Strukturen. Nur nachts kam er offenbar aus seinem Unterschlupf, um auf Nahrungssuche zu gehen.
Ein Borstenwurm im Becken: Eine Rarität!
„Das Tier zählt zur Familie der Eunicidae, die zu den Vielborstern – einer Gruppe innerhalb der Ringelwürmer – gehört“, erklärt Wurm-Experte Böggemann. Der Fund sei ungewöhnlich – und selbst unter Fachleuten eher eine Rarität.
Vermutlich lebte „Schrödingers Wurm“, wie Museumsdirektor Martin Husemann ihn taufte, schon seit rund zehn Jahren im Becken, eingeschleppt über sogenannte „lebende Steine“, die bei Meerwasseraquaristik und der Gestaltung von Riffbecken zum Einsatz kommen.

“Diese Steine werden in tropischen Gebieten gesammelt. Auf ihnen sind Mikroorganismen, Schwämme oder Algen angesiedelt, die wie ein biologischer Filter wirken, indem sie zum Beispiel durch die Abwehr verschmutzender Fadenalgen das Wasser sauber halten und allgemein die Wasserqualität stabilisieren”, erklärt Kirchhauser.

Während seiner Zeit im Aquarium ernährte sich der Wurm nicht nur von Korallen – auch Fischreste fanden sich in seinem Verdauungstrakt. „Es gibt Arten, die sich sogar vom Fett toter Wale ernähren, andere leben in Symbiose mit Schwefelbakterien”, fügt Böggemann hinzu.
Der Borstenwurm: Ein Überlebenskünstler mit Biss
Im April fischten Mitarbeiter des Museums den Borstenwurm aus dem Becken. Doch damit war die Geschichte von „Schrödingers Borstenwurm“ noch nicht zu Ende. Kurze Zeit später fand man erneut Spuren des Borstenwurms im Becken. Wie ist das möglich?

Die Vermutung: Einen Teil seines Hinterendes biss oder schnürte er vermutlich ab. Der Kopf überlebte und das fehlende Stück wuchs nach. „Ursprünglich könnte der Borstenwurm bis zu zwei Meter lang gewesen sein“, so Böggemann. In der Natur wurden sogar schon Exemplare mit drei Metern Länge beobachtet.
Der Teil des Wurms, der im April entdeckt wurde, ist mittlerweile verendet und wird in Alkohol konserviert – ein Objekt für die wissenschaftliche Sammlung.
Der Wurm lebt - und jetzt?
Ob der heimliche Untermieter nun im Becken bleiben darf? Hier scheiden sich die Geister: Laut Direktor Husemann ist er nun Teil des Ökosystems im Vivarium.

Kirchhauser blickt angesichts der gefressenen Korallen und Fische eher skeptisch auf den Eindringling. „Ihn zu erwischen, das würde aber sowieso eher schwierig werden“, gesteht er. Und was sagt Böggemann dazu? „Ein Rest des Tieres lebt noch im Haibecken – und hoffentlich bleibt er auch dort“, meint er.
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