Steckt in jeder Feige eine tote Wespe? Diese Frage geistert seit Jahren durchs Netz und löst bei Menschen, die sich pflanzlich ernähren, Konfusionen aus wie auch bei all denjenigen, die es nicht so mit Insekten haben. Tatsächlich stehen Feigenbaum und besondere Wespenarten in intimer wie teils fataler Beziehung. Im Gegensatz zur Asiatischen Riesenhornisse sind die Wespen winzig – und erfahren ein tragisches Schicksal. Die Symbiose zwischen den beiden Arten ist eine Geschichte voll Aufopferung, Überlebenskampf, aber auch Betrug.
Gibt es in jeder Feige eine Wespe?
Wespen sind entgegen der populären Wahrnehmung durchaus nützliche Tiere, insbesondere wenn es um Feigen geht. Tatsächlich gibt es auf der ganzen Welt nach Angaben des Online-Wissenschaftsportals spektrum.de rund 600 Arten der Feigenwespe, die bis maximal vier Millimeter groß werden. Alle Arten seien an die Blüten- und Fruchtstände der über 1000 Feigen-Arten gebunden. Am bekanntesten sei die Feigengallwespe, die die Echte Feige bestäubt.
Der Clou: Die Feigenwespe kann sich ohne die Feigen nicht fortpflanzen, und die Blüten der Echten Feige können ohne die Feigenwespe nicht bestäubt werden. Aus botanischer Sicht heißt es aus der Universität Wien, habe die Echte Feige eine „besonders interessante und komplizierte Fortpflanzungsbiologie“.
Bestäubung: Können Feigen ohne Wespen wachsen?
Für die Wespen ist die Bestäubung von Feigen tragisch. Zwar sichern sie sich durch ihren Einsatz das Überleben ihrer Artgenossen. Doch die einzelne Wespenmutter opfert sich dafür regelrecht auf, wie die Wiener Wissenschaftler erklären. Denn die Wespe möchte ihre Eier ablegen und schlüpft so durch eine winzige Öffnung auf der Feigen-Unterseite in den Blütenstand, also jenen Part, den wir als „Frucht“ essen. Bei diesem Prozess könne sie die Flügel verlieren und sich tödlich verletzen, jedoch reiche es noch, um die Eier abzulegen. Die Symbiose ist in vollem Gange.
Die Larven entwickeln sich und verlassen als vollständig entwickelte Insekten die Blütenstände dieser sogenannten Vorfeigen. Die weiblichen Gallwespen fliegen mit dem männlichen Pollen die Blüten der zweiten Feigengeneration an, die ausschließlich weiblich sind. Dann erfolgte die Befruchtung.
Letztlich legt die Gallwespe wieder ihre Eier ab, dann in die weiblichen Blüten der dritten Feigengeneration. Die Eier überwintern bis zum Frühjahr in der Feigen. Die Insekten schlüpfen, die weiblichen Exemplare haben Flügel und fliegen aus, mit dem Vorhaben, in die blühenden Vorfeigen im Frühjahr ihre Eier abzulegen.
Wie die biologische Fakultät an der Technischen Universität Dresden beschreibt, gebe es mittlerweile einige Feigensorten, die so gezüchtet worden seien, dass sie sich selbst bestäuben. Das habe insbesondere kommerzielle Gründe. In diesen Feigen steckt entsprechend keine Wespe.
Wespen: Sind in Feigen Insekten drin?
Tagesschau.de berichtet, dass es bei der Echten Feige einen Unterschied mache, um welchen Blütenstand es sich handle. Die Echte Feige sei nämlich „funktionell zweihäusig“: Sie hat auf verschiedenen Bäumen männliche wie weibliche Blüten. Die rein weiblichen Blütenstände sind die Feigen, die wir essen. Die anderen hätten weiblichen wie auch männliche Blüten in ihrem Inneren, seien demnach funktionell männlich.
Die sogenannte Holzfeige oder Bocksfeige zum Beispiel. Sie schmeckt, wie es der Name schon verrät, nur Ziegenböcken. Für den Menschen sind diese Feigen ungenießbar. Lande ein Feigenwespenweibchen dort, habe es „Glück“: Zwar verendet es im Innern der Feige, kann aber noch die Eier ablegen und den Fortbestand der nächsten Generation sichern.
Der „Essfeigenbaum“, betonten auch die Autoren an der Uni Wien, bringe essbare Früchte hervor, wie beschrieben bis zu drei Generationen. Dort komme es, so tagesschau.de, zum Betrug: Weil der Legestachel der Wespe zu kurz für die längeren Stiele sei, misslinge die Eiablage. Noch tragischer: Vor Erschöpfung sterbe das Tier, während die Pflanze dennoch bestäubt wurde.
Es kann also vorkommen, dass in reifen Feigen eine tote Wespe steckt.
Übrigens: Wem Fruchtfliegen in der Wohnung nicht geheuer sind, kann diese relativ einfach und dennoch effektiv bekämpfen.
Wespe stirbt: Sind Feigen vegan?
Insekten im Essen können gut für die Gesundheit sein. Mittlerweile ist es nicht mehr allzu exotisch, beim Einkaufen auf Produkte zu stoßen, die schon heute Insekten beinhalten. Doch keine Sorge: Sind Insekten im Lebensmittel verarbeitet, muss das stets gekennzeichnet sein. Dass Insekten in vegetarischen Produkten landen, ist nicht erlaubt.
Wenn es nun also vorkommen kann, dass in manchen Feigen tatsächlich eine Wespe, oder genauer zersetzte Reste des Insekts, steckt, „dürfen“ vegetarisch und vegan lebende Menschen Feigen essen? Geht es nach der Tierrechtsorganisation Peta lautet die Antwort: ja. Schließlich handle es sich eine „natürliche Symbiose zwischen zwei Lebewesen“, ohne diese beide Arten nicht überleben könnten – und nicht um systematisches Tierleid. Zudem sind die „meisten kommerziellen Feigensorten, die im Supermarkt erhältlich sind, ohne Bestäubung angebaut“ worden.
Übrigens: Das Paarungsverhalten von Insekten ist schon lange Gegenstand der Forschung. Mittlerweile ist insbesondere klar, dass sich der Schadstoff Ozon auf Insekten-Sex auswirkt. Mit extremen Verletzungen kennen sich auch andere Insekten aus, etwa die Schneefliegen, die sich mitunter ihre Beine amputiert.
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