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Insekten und Spinnen
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Fleischfressende Raupe entdeckt: Wie gefährlich ist das Tier mit der Rüstung aus toten Körpern?

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Fleischfressende Raupe entdeckt: Wie gefährlich ist das Tier mit der Rüstung aus toten Körpern?

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    Die Knochensammler-Raupe lebt ausschließlich in Spinnennetzen und tarnt sich mit den Überresten ihrer Opfer, um nicht selbst verspeist zu werden.
    Die Knochensammler-Raupe lebt ausschließlich in Spinnennetzen und tarnt sich mit den Überresten ihrer Opfer, um nicht selbst verspeist zu werden. Foto: Rubinoff Lab, dpa (Archivbild)

    Fressen und gefressen werden - darum geht es oft in der Natur. Und um sich im harten Kampf ums Überleben behaupten zu können, lassen sich Lebewesen die wundersamsten Strategien einfallen. Das beweist erneut eine Raupe, die Wissenschaftler nun im US-Bundesstaat Hawaii entdeckt haben. Ihre Lebensweise ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: Sie ernährt sich nicht nur von Fleisch, sondern wendet dazu noch recht makabre Methoden an, um selbst nicht verspeist zu werden. Wie die neu entdeckte und extrem seltene Knochensammler-Raupe ihrem Namen alle Ehre macht, und ob das Insekt gefährlich ist, lesen Sie hier.

    Neue Raupenart entdeckt: Knochensammler-Raupe

    Raupen sind Schmetterlinge, Motten und Falter im Larvenstadium. Im Regelfall ernähren sie sich rein pflanzlich, vor allem heimische Arten. Allerdings gibt es unter den rund 200.000 bekannten Arten einen kleinen Teil, der sich von Fleisch ernährt: Laut einem Bericht im Wissenschaftsjournal Science sind es weniger als 0,13 Prozent. Eine dieser Falterlarven ist die Knochensammler-Raupe, die in dem Bericht vorgestellt und näher beschrieben wird.

    Die Knochensammler-Raupe gehört zur Gattung Hyposmocoma und wurde bereits 2008 von Daniel Rubinoff von der University of Hawaiʻi in Honolulu erstmals beobachtet. Nach jahrzehntelanger Suche hat ein Team um den Wissenschaftler jetzt wieder Exemplare der Art entdeckt und beschreiben können.

    Mittels Genetik konnten die Experten außerdem herausfinden, dass die Art mindestens sechs Millionen Jahre alt ist - und damit fünf Millionen Jahre älter als die älteste hawaiianische Insel. Sie ist evolutionär gesehen damit vermutlich der letzte Vertreter einer eigenen, langen Linie von fleischfressenden Raupen.

    Knochensammler-Raupe: Neue Raupenart frisst Fleisch

    Der Wohnort der Knochensammler-Raupe ist ein lebensfeindlicher: Die Raupen leben in den Netzen von Spinnen in Holz- und Felsspalten auf der hawaiianischen Insel Oʻahu. Dass Raupen Seite an Seite mit Spinnen leben, ist bei dieser Art einzigartig. Laut dem Science-Bericht krabbeln die Raupen mühelos durch das Geflecht der Spinnennetze und fressen dabei alle geschwächten oder kürzlich verstorbenen Insekten, auf die sie stoßen. Dabei können sie auch von Spinnen eingesponnene Beute freilegen und auffressen. Die Tiere sind demnach sowohl Aasfresser als auch Raubtiere.

    Rubinoff beobachtete, dass die Raupen in Gefangenschaft jedes lebende, sich langsam bewegende oder bewegungsunfähige Insekt angreifen und fressen - selbst vor Kannibalismus schrecken die Raupen nicht zurück. Weil ein größeres Exemplar einen kleineren Artgenossen schnell auffressen würde, sei die Anzahl der Raupen pro Spinnennetz in freier Wildbahn in der Regel begrenzt. Nach etwa vier Monaten wird aus der Knochensammler-Raupe eine große Motte.

    Übrigens: Nicht nur die Knochensammler-Raupe frisst Insekten. Auch für die menschliche Ernährung können Insekten die Zukunft sein: Sie könnten Fleisch ersetzen, sind eine hervorragende Proteinquelle und sind in der EU auch schon teilweise in Lebensmitteln zugelassen. In Brot, Pasta und Kuchen können beispielsweise mittlerweile Mehlwürmer in Pulverform vorkommen. Doch auch in Kosmetikprodukten stecken Insekten.

    Rüstung aus toten Körpern: Fleischfressende Raupe verkleidet sich

    Ihren schaurigen Namen verdankt die Knochensammler-Raupe einer Eigenschaft, die Rubinoff als „makaber“ und als „bizarre Haushaltsführung“ bezeichnet: Sie baut sich aus den Überresten ihrer Opfer eine tragbare Hülle, ähnlich einer Rüstung. Die ausgelutschten Körperteile von anderen Insekten spinnt die Raupe in ihren seidenen Schutz mit ein.

    Der bizarre Schmuck dient allerdings dem Überleben der Raupe. Denn schließlich lebt die Insektenlarve Seite an Seite mit gefährlichen Spinnen. Damit die Knochensammler-Raupe nicht zu deren Opfer wird, muss sie sich tarnen. Und die Strategie scheint aufzugehen: „Die Raupen wurden noch nie von Spinnen erbeutet oder in Spinnenseide eingewickelt gefunden“, schreiben die Wissenschaftler in Science.

    Übrigens: Eine giftige Schmetterlingsraupe ist bereits seit einiger Zeit in Deutschland beheimatet, seit Kurzem aber scheint die Population zu explodieren. Auch der berüchtigte Eichenprozessionsspinner breitet sich immer weiter aus. In Deutschland gibt es außerdem zahlreiche Insekten, die sich von Blut ernähren.

    Knochensammler-Raupe: Ist sie gefährlich?

    Obwohl sich die gefräßige Raupe von Fleisch ernährt, scheint sie keine Gefahr für Menschen zu sein - zumindest schreibt Rubinoff nichts davon. Größere Beutetiere sind wohl sowieso nichts für die Larve. Und selbst, wenn die Raupe Jagd auf Menschen machen würde, so ließe sie sich sowieso viel zu selten blicken: Sie kommt nämlich nur noch in einer einzigen Population auf rund 15 Quadratkilometer auf der Insel Oʻahu vor. In mehr als 22 Jahren Feldarbeit und mehr als 150 Felduntersuchungen in dem Gebiet, wurden laut dem Bericht nur 62 Individuen gefunden, schreiben Daniel Rubinoff und sein Team.

    Statt „gefährlich“ passt auch eher das Wort „gefährdet“ zur Knochensammler-Raupe. Denn die Insektenart ist bedroht, die Populationszahlen sind möglicherweise nicht stabil, warnen die Wissenschaftler. Viele Faktoren, die zum Rückgang der einheimischen Insekten auf Hawaii führen, könnten sich auch auf die neu entdeckte Art auswirken. So könnten zum Beispiel eingeführte Raubtiere wie Ameisen und parasitische Wespen zur Gefahr für die seltene Raupe werden, heißt es in Science.

    Deshalb fordern die Forscher, dass die Art speziellen Schutz erfahren sollte: „Ohne Schutzmaßnahmen ist es wahrscheinlich, dass der letzte lebende Vertreter dieser Linie fleischfressender, Körperteile sammelnder Raupen, die sich an ein prekäres Leben in Spinnennetzen angepasst hat, verschwinden wird.“

    Übrigens: Ein Spinnenbiss bei Menschen ist äußerst selten. Beißt doch mal ein Achtbeiner zu, kann es unangenehm werden - auch bei Arten in Deutschland. Spinnenbisse sind dabei oft so schmerzhaft wie Wespenstiche. Einige Spinnen leben in Haus und Garten.

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