„Am 9. Dezember 2008 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die ab dem Jahr 2007 gültige Einschränkung der Pendlerpauschale in ihrer jetzigen Form verfassungswidrig ist. Das bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger die Pendlerpauschale für die Fahrt zur Arbeitsstelle rückwirkend ab 1. Januar 2007 wieder ab dem ersten Kilometer mit 30 Cent je Entfernungskilometer geltend machen können. Viele sind verunsichert, wie sie sich nun verhalten sollen, um in den Genuss einer möglichen Steuererstattung zu kommen. 'Muss ein neuer Antrag gestellt werden oder berücksichtigt das Finanzamt automatisch den Wegfall der Beschränkung bei der Pendlerpauschale?', ist eine häufig gestellte Frage bei den Finanzämtern“, erklärte Oberfinanzpräsidentin Andrea Heck am 12. Dezember in Karlsruhe.
Für 2008 wird Entfernungspauschale automatisch in alter Form berücksichtigt
Die Leiterin der OFD Karlsruhe, welche die Dienst- und Fachaufsicht über die Finanzämter des Landes Baden-Württemberg führt, gibt hierzu folgende Hinweise: „Für das Jahr 2008 erfolgt die Berücksichtigung der Entfernungspauschale ab dem ersten Entfernungskilometer automatisch in den Steuerbescheiden bei allen Bürgerinnen und Bürgern, die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 geltend machen. Außerdem tragen die Finanzämter für das Jahr 2009 auf Antrag die ungekürzte Pendlerpauschale auf der Lohnsteuerkarte ein. Soweit bereits ein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 2009 ohne Berücksichtigung der ersten 20 Entfernungskilometer eingetragen wurde, kann dies beim Finanzamt geändert werden.“
Für das Jahr 2007, in dem die Beschränkung der Pendlerpauschale Anwendung gefunden hat, bestehe folgende Besonderheit: „Seit dem Rechentermin 12. Dezember 2008 sind die neuen Rechenmodule, mit denen die oben genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt wird, bei den Finanzämtern im Einsatz. Aufgrund interner Abläufe kann es allerdings dazu kommen, dass in den nächsten Tagen noch Steuerbescheide mit der gekürzten Pendlerpauschale zugehen. Dies erfolgt im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, um bereits anstehende Steuerrückerstattungen nicht zu verzögern“, so die Oberfinanzpräsidentin.
Einsprüche gegen Steuerbescheide für 2007 nicht nötig
Ohnehin bestehe kein Grund zur Besorgnis: „Da alle Einkommensteuerbescheide ab dem Veranlagungszeitraum 2007 bezüglich der Pendlerpauschale automatisch für vorläufig erklärt wurden, muss kein Bürger Einspruch einlegen. Die Arbeitnehmer brauchen nichts zu veranlassen, wenn sie die Kilometer zur Arbeitsstätte und die Zahl der Arbeitstage in der Steuererklärung angegeben haben. Eine Anpassung der Steuerbescheide an die neue Rechtslage erfolgt automatisch durch die Finanzämter. Entsteht hierdurch ein Guthaben, erfolgt eine Auszahlung bzw. Verrechnung“, stellte Frau Heck klar.
Das Finanzamt könne allerdings in den Fällen nicht selbständig tätig werden, in denen in der Steuererklärung 2007 keine Angaben zur Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und der Zahl der Arbeitstage gemacht worden sind. In diesen Fällen könne der Bürger diese Angaben aber nunmehr dem Finanzamt schriftlich unter Angabe der Steuernummer mitteilen und die nachträgliche Berücksichtigung der Aufwendungen geltend machen. Dies sei aber nur sinnvoll, wenn die Werbungskosten bei Arbeitnehmern insgesamt über 920 Euro liegen.
Erstattung hängt von individuelle steuerlichen Verhältnissen ab
An der für die Umsetzung der neuen Rechtslage erforderlichen Neuprogrammierung der Großrechner werde derzeit mit Hochdruck gearbeitet. Es sei geplant, die Bearbeitung dieser Vielzahl von Fällen bis Ende März 2009 abzuschließen.
„Ob der Bürger sich über eine Steuererstattung freuen kann, hängt allerdings auch von seinen sonstigen individuellen steuerlichen Verhältnissen ab“, erläuterte der Leiter der Steuerabteilung bei der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Finanzpräsident Reinhard Portlu. So müssten die Werbungskosten insgesamt bei den Arbeitnehmern über 920 Euro liegen, da dieser Betrag bereits pauschal von den Finanzämtern im Steuerbescheid berücksichtigt werde. Bei einem Arbeitnehmer, der im Jahr 2007 an 220 Tagen im Betrieb tätig war und sonst keine Werbungskosten für seine Arbeitnehmertätigkeit hat, müsse die Arbeitsstätte mehr als 14 Kilometer von der Wohnung entfernt sein, damit sich die Änderung auswirke. Herr Portlu verdeutlichte dies an folgendem Beispiel: „Bei einer Entfernung von 15 Kilometern und 220 Arbeitstagen beträgt die Summe der Pendlerpauschale 990 Euro (220 Tage x 15 km x 0,30 Euro = 990 Euro). Somit kann in diesem Fall der Betrag von 70 Euro (990 Euro abzüglich 920 Euro Werbungskostenpauschbetrag) steuerlich berücksichtigt werden. Die Höhe der Steuererstattung hängt dann vom persönlichen Steuersatz ab.“
Abschließend verwies der Leiter der Steuerabteilung darauf, dass Arbeitnehmer, die bisher keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2007 beim Finanzamt abgegeben haben, weil sie davon ausgegangen sind, dass aufgrund der gekürzten Entfernungspauschale ihre Werbungskosten insgesamt nicht den Betrag von 920 Euro überschreiten, noch eine Einkommensteuererklärung einreichen müssen, wenn sie die Aufwendungen steuerlich berücksichtigt haben wollen.
Karlsruhe