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Karlsruhe: Risiko Bankberatung: Werden Kunden ausreichend aufgeklärt?

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Risiko Bankberatung: Werden Kunden ausreichend aufgeklärt?

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    Verschweigen Banken gutgläubigen Kunden bewusst Risiken?
    Verschweigen Banken gutgläubigen Kunden bewusst Risiken? Foto: (dpa)

    Bendlin verließ sich Anfang der 90er Jahre auf die Beratung seiner Bank. Er investierte 110.000 Deutsche Mark in geschlossene Immobilienfonds. Doch man habe ihm ein "faules Ei ins Nest gelegt", sagt der 63-Jährige heute. Dabei erhoffte sich Bendlin eine solide Anlage für seine Alterssicherung.

    Heute sind die Fonds überschuldet, sein Geld damit so gut wie weg. Bendlin fühlt sich von seiner Bank getäuscht, gründet den Verein "Geschädigte Genossenschaftlicher Immobilienfonds" und zieht vor Gericht. Heute beginnt um 10.15 Uhr der erste Verhandlungstermin einer Güteverhandlung am Landgericht Karlsruhe. Der Diplom-Ingenieur fordert rund 85.000 Euro Schadensersatz von seiner Bank.

    Ob seinen Forderungen vor Gericht entsprochen wird, dass müssen jetzt die Richter entscheiden. Die Bank möchten sich zum laufenden Verfahren nicht äußern, betont aber, dass ihre Berater die Kunden stets über alle erkennbaren Risiken aufklären.

    Hohes Risiko bei geschlossenen Immobilienfonds

    Generell sind geschlossene Immobilienfonds mit einem hohen Risiko behaftet, warnt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Bei einem geschlossenen Immobilienfonds investiert der Kunde sein Geld in ein Immobilienprojekt. Der Anleger wird mit der Vertragsunterzeichnung Miteigentümer einer Immobilie, die ein Bürogebäude, ein Gewerbepark, aber auch eine Seniorenresidenz sein kann.

    Lässt sich das Objekt allerdings nicht wie geplant vermieten, wackelt das gesamte Anlagenkonzept. Denn der wirtschaftliche Erfolg von geschlossenen Fonds steht und fällt damit, wie erfolgreich das Gebäude vermietet werden kann. Steht das Objekt länger leer, droht im schlimmsten Fall sogar der Totalverlust der Anlagegelder. Bei einem offenen Immobilienfonds hingegen gibt es die Möglichkeit Objekte zu kaufen und verkaufen, damit ist das Risiko besser steuerbar. Diese Option gibt es bei einem geschlossenen Immobilienfond nicht. Bei geschlossenen Immobilienfonds besteht daher ein hohes Risiko.

    "Ich wurde nicht auf Risiken aufmerksam gemacht"

    Bendlin investierte 1992 und 1993 jeweils 40.000 D-Mark und 1994 nochmals 30.000 D-Mark in geschlossene Immobilienfonds. Die Immobilien, in die Bendlin investierte, befanden sich überwiegend in den neuen Bundesländern. In einem Werbe-Prospekt von 1992 hieß es dazu: "Die Immobilien-Anlage investiert in ausgewählte Immobilien überall dort, wo hoher Bedarf an gewerblichen und Wohn-Objekten eine gute Rendite und optimale Wertentwicklung erwarten lässt." Doch der Erfolg blieb aus, die Immobilien brachten nicht das erhoffte Geld und die Fonds gingen Pleite.

    Fast 20 Jahre später sieht Bendlin das so: "Mir wurden bei der Beratung nur die Vorteile aufgezeigt. Ich wurde nicht explizit auf die Risiken der Anlage aufmerksam gemacht. Die Anlage wurde als sicher bezeichnet und eine hohe Wachstumsrate auf den Immobilienmarkt in Ostdeutschland prognostiziert. Heute sind die Fonds überschuldet. Ich wollte mein Geld wertbeständig anlegen, denn ich habe mein Geld immer konservativ angelegt. Mein Anlageverhalten war der Bank bekannt. Es gab keinen Anlass der Bank zu misstrauen", empört sich Bendlin.

    Verbraucherschützer: Banken wollen verkaufen

    "Man muss bei allen Banken die Interessenslage sehen. Und diese heißt: Verkaufen", sagt Niels Nauhauser, Referent für Bank- und Kreditwesen der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Beratung ist hier nur Mittel zum Zweck." Das Ziel eines jeden Berater sei es, die Produkte seiner Bank zu verkaufen.

    "Produktberatung und Verkauf passen einfach nicht zusammen. Es handelt sich hierbei um einen Systemfehler. Wir fordern daher eine strikte Trennung von Verkauf und Beratung", sagt der Verbraucherschützer. Ein Berater müsse unabhängig beraten und dürfe nicht durch die Bank bezahlt und bei erfolgreichen Abschlüssen mit einer Provision belohnt werden. Berater müssten sich durch Honorare, die der Kunde direkt an den Berater bezahlt, finanzieren.

    "Das ist wie bei einem Arzt und Apotheker bei verschreibungspflichtigen Medikamenten. Der Arzt stellt die Diagnose und verschreibt das Medikament. Der Apotheker verkauft dieses und erklärt das Produkt, verschreibt es aber nicht. Wir verteufeln ja auch nicht die Produkte, sondern die Art und Weise der Beratung", vergleicht Nauhauser. Außerdem liege es Nahe, wenn ein Verkäufer gewisse Vorgaben der Bank erfüllen müsse und täglich Abschlüsse in einem gewissen Wert vorzuzeigen habe, dass er dann aus Zeitgründen nur die Vorteile nenne und die Risiken bei der Beratung weg lasse.

    Banken nehmen ihre Berater in Schutz

    Dem widerspricht Reinhard Bock-Müller, Pressesprecher des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands: "Das ein Berater gezielt irgendwelche Risiken herunterspielt, dass sehe ich überhaupt nicht." Er sei überzeugt, dass die rechtlichen Vorgaben in der Breite eingehalten werden. "Natürlich können Fehler passieren. Es ist aber kein Systemfehler der Bank. Unsere Bank ist nicht falsch gestrickt."

    Bei der Spar- und Kreditbank Karlsruhe sieht man das ähnlich: "Unsere Berater haben ausreichend Zeit, unserem hohen Qualitätsanspruch in ihren Beratungen nachzukommen. Mit dem Kunden werden bei risikobehafteten Anlagen auf der Basis detaillierter Produktinformationen alle heute erkennbaren Risiken besprochen. Die Produktinformationen werden unseren Kunden vorab ausgehändigt", teilt Ulrike Bantle, Bereichsleiterin Vermögensberatung bei der Spar- und Kreditbank, auf eine Anfrage von ka-news mit.

    "Unsere Berater profitieren von keinem Geschäftsabschluss direkt. Als Genossenschaftsbank haben wir einen gesetzlich verankerten Grundauftrag - die Förderung unserer Mitglieder", so Bantle weiter. Die auf langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit ausgerichtete Geschäftsphilosophie verbiete es geradezu, mit Kunden und Mitgliedern "das schnelle Geschäft" zu machen. "Unsere Anlageempfehlungen basieren auf der Risikobereitschaft unserer Kunden und alle Risiken, die im Zusammenhang mit der Anlage nach heutigen Erkenntnissen realistisch erscheinen, werden besprochen. Kunden, die keine Risiken tragen können oder wollen, empfehlen wir risikofreie Anlagen."

    Kunden sollen wachsam sein

    Kunden sollten dennoch wachsam sein, findet die Verbraucherzentrale und weist auf einige Indizien hin, die auf eine qualifizierte Beratung schließen lassen. "Wenn der Bankberater ein Honorar verlangt und nicht nur die Vorteile, sondern auch die Nachteile eines Produktes nennt, so ist das ein gutes Zeichen. Denn jedes Produkt, sei es auch noch so sicher, hat Nachteile", betont Nauhauser. Ein Beschluss des Bundesgerichtshof im Juni 2010 besagt daher auch, dass der Berater den Kunden über Vergütungen, die seine Bank bei erfolgreichem Abschluss bekommt, offen legen muss. Berater werden damit zu einer ausführlichen Aufklärung verpflichtet.

    "Der Berater muss sich explizit ein Bild über die Situation des Kunden machen und sich direkt erkundigen, ob dieser ein Risiko und wenn ja welches eingehen möchte", so der Finanzexperte. Außerdem müsse der Berater den genauen Gesprächsinhalt schriftlich protokollieren und dem Kunden aushändigen. "Vorsicht bei Formularen mit vorgefertigten Textbausteinen", warnt der Verbraucherschützer.

    Ob die Bank Bendlin ausreichend über die Risiken aufgeklärt hat, das beschäftigt ab heute die Richter des Landgerichts Karlsruhe.

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