(mda)

"Wir haben keine Laufkundschaft mehr. In so einem kleinen Laden merkt man die Umsatzeinbußen schnell. Der ganze Flair dieses Platzes ist kaputt gegangen", sagt Sylvia Herzog, Inhaberin des "Geniesser-Eck". Durch die großen undurchsichtigen Bauzäune würden die Passanten von der anderen Straßenseite nicht sehen, dass sich hier noch Geschäfte befinden.

Herzog hat bereits bei der Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig) einen Entschädigungsantrag gestellt. Doch dieser sei ein Bürokratiemonster und bis die Zahlungen eingingen werde noch viel Zeit vergehen.

Entschädigungszahlungen brauchen Zeit

Für Geschäftsleute die unmittelbar von der Baustelle durch Lärm, Staub oder Zugangshindernisse gestört werden, bietet die Kasig Entschädigungszahlungen an. Sei der Rohgewinn aufgrund der Arbeiten im Vergleich zu den Monaten, in denen noch keinen Baumaßnahmen stattgefunden haben, rückläufig, so würden die Geschäftsleute mit 80 Prozent der Differenz entschädigt. In einem Infoflyer der Kasig liest sich das so: "Ein Entschädigungsanspruch setzt zunächst voraus, dass die Grundstücksnutzung durch die Baumaßnahme gestört wird. Der Betroffene richtet einen schriftlichen Antrag an die Kasig. Anschließend werden die generellen Antragsvoraussetzungen geprüft."

Danach erfolge die Abstimmung mit einem Sachverständigen, so das Unternehmen. Seien die Voraussetzungen erfüllt, erfolge die Entschädigungszahlung auf Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung. Zahlungen können bereits während der Baumaßnahme geleistet werden. Dieser Vorgang könne sieben bis acht Wochen, aber auch länger dauern, erklärte eine Sprecherin der Kasig gegenüber ka-news.

Geschäftsleute bangen um Existenz

Diese Zeit hat Nazar Omer nicht. Er betreibt seit einem Jahr einen Imbiss. Dieser liegt unmittelbar neben der Baustelle. "Wir sind am stärksten von der Baustelle betroffen", empört sich Omer. Es ist Mittagszeit: Ohrenbetäubender Lärm, Staub und Dreck, aber kein Kunde weit und breit, der nach einem Döner verlangt. Omer musste kürzlich zwei Mitarbeiter entlassen. "Der Laden lief prima. Jetzt kann ich nicht mal mehr die Miete bezahlen." Die Terrasse nutze kein Mensch mehr. "Wir hatten die beste Terrasse in der Kaiserstraße", sagt er wehmütig.

Auch er habe kürzlich einen Antrag auf Entschädigung bei der Kasig gestellt. "Wir wurden nicht ausreichend informiert. Keiner hat uns gesagt, wie es hier weitergeht. Ich warte auf meine Entschädigung. Ohne diese muss ich schließen." Omer ist frustriert. Jede Woche schmeiße er Dönerfleisch im Wert von fast 1.000 Euro weg, da die Kunden ausbleiben. Auch Scherzad Schakkur spürt die Auswirkungen der Baustelle. Der Inhaber eines Internetcafés hat seit Baubeginn 50 Prozent weniger Kundenzulauf.

"Hier herrschen katastrophale Zustände"

Wolfgang Heß arbeitet in einem Schreibwarenladen. Die Kunden würden trotz Baustelle kommen, weiß er zu berichten. "Wir sind ein Traditionsgeschäft; uns gibt es seit 30 Jahren an Ort und Stelle. Finanziell stehen wir das daher schon durch."

Heß ärgert die Baustelle dennoch. Lärm und Dreck seien unerträglich. Er müsse den ganzen Tag die Tür geschlossen halten und dennoch dröhne der Baulärm durch den Laden und der Boden vibriere. "Manchmal fallen Dinge aus dem Regal", beschwert sich der Schreibwarenhändler. Außerdem sei die Verkehrsleitung im Baustellenbereich überhaupt nicht geregelt. Fußgänger und Radfahrer zwängten sich an der Baustelle vorbei und Baustellenfahrzeuge würden rücksichtlos um die Kurve brettern und alle Zufahrtswege zuparken, ärgert sich Heß, "das ist ein Unding und eine Gefahr für Passanten. Hier herrschen katastrophale Zustände".

"Vielleicht ist es schon zu spät"

"Wir wollen die Existenz der Geschäfte in unmittelbarer Umgebung der Baustellen nicht gefährden. Daher bieten wir den Betreibern diese Entschädigung an", erklärt Sonja Croissant, verantwortlich für das Entschädigungsmanagement bei der Kasig. "Wir tun alles dafür, dass die betroffenen Geschäftsleute schnellst möglich entschädigt werden."

"Da ist es vielleicht schon zu spät und unseren Imbiss gibt es nicht mehr", beklagt Imbissbuden-Inhaber Omer.

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