Sie verdrückt eine Träne, als sie darüber spricht, was sie alles mit dem Erbe ihrer Großmutter verbindet: Ariane Manolakoglou leitet das Brautmodengeschäft "Füner-Manola" in der dritten Generation, doch seit der Gründung 1949 habe sich vieles in der Branche verändert. "Obwohl das Feedback seit Jahrzehnten sehr gut ist und wir schon die Enkel von ehemaligen Kunden bedienen, zahlt sich das Geschäft nicht mehr aus", sagt sie im Gespräch mit ka-news - zu groß sei die Angst, in den nächsten Jahren keinen Absatz mehr zu finden, weil Online-Shops und Outlets boomen und Billig-Linien in großen Kaufhäusern den Markt anführen.
Sakko mit Jeans statt Tüll und Puffärmel
"Es ist wohl kein Platz mehr für individuelle Beratung und Kundenservice vor Ort", so Manolakoglou weiter. Bis die Familie jedoch zu der Entscheidung kam, einen Schlussstrich zu ziehen, vergingen Monate der Ungewissheit. Karin Manolakoglou hatte sich vorgenommen, aus Altersgründen aus dem Geschäft auszusteigen, das sie im Laufe der Jahre an ihre Tochter Ariane vermachte. Ariane blieb die Wahl: Allein gegen den Konkurrenzdruck weiter ankämpfen oder die Arbeit niederlegen. "Trotz der engen Verbundenheit mit dem Geschäft - die Argumente für letzteres siegten schließlich", erklärt sie wehmütig. Ende Juli muss die Brautmoden-Familie aus dem Laden in der Amalienstraße ausziehen - was im Anschluss mit der Immobilie passiert, sei noch unklar. Schon jetzt hängen im Schaufenster und an Kleiderstangen rote Schilder, die auf reduzierte Ware im Räumungsverkauf hinweisen.
64 Jahre Hochzeitsgarderobe, das heißt auch Modegeschichte hautnah miterleben. Während Trends wie Puffärmel, Tüll, Hüte und rote Akzente seit den 50ern immer mal wieder kamen und gingen, stellt sich laut Ariane Manolakoglou der Schleier als Dauerbrenner heraus. Im Vergleich zu früher dürfe es heute in vielen Hinsichten moderner sein: "Auf männlicher Seite geht der Trend ins Legere - da kann heute problemlos Sakko mit Jeans oder Lederhose kombiniert werden", so Manolakoglou. Erlaubt sei vieles, doch eine Regel gilt noch jetzt: "Das Outfit des Bräutigams muss auf das der Braut abgestimmt werden." Und die möge es 2013 mehr schlicht als verspielt: "Up to date sind derzeit Kleider der A-Linie, am besten schulterfrei und creme-farben - klassisch, edel, pfiffig und figurbetont eben", sagt Manolakoglou und deutet auf einige Kleider in der Ladenauswahl hin.
"Man muss sich beim Brautkleid-Kauf daheim fühlen"
Was Altes, was Neues, was Blaues und was Geliehenes: Hochzeits-Traditionen hingegen spielen für viele noch heute eine große Rolle, das bestätigt auch die Inhaberin von "Füner-Manola": "Das Brautkleid wird ohne den Mann gekauft und wenn doch, ist das eine Seltenheit bei uns." Statt Bräutigam begleiteten Mutter, Schwester und Großmutter die zukünftige Ehefrau in der Regel beim Kleiderkauf. Auch auf Schmuck aus dem Familienschatz werde immer gerne zurückgegriffen - schließlich soll dies ja auch Glück für die gemeinsame Zukunft bringen. Etwas Blaues und Geliehenes dürften natürlich auch nicht fehlen.
Kindheitserinnerungen und Kundengeschäfte: Die Familie verbindet viele Erinnerungen mit dem Laden, in dem Töchter groß wurden und das Erbe antraten. "Füner-Manola" sei mit der Gründung in der Nachkriegszeit laut Ariane Manolakoglou eines der ältesten Brautmoden-Fachgeschäfte Deutschlands - was ist das Geheimrezept für 64 Jahre Erfolg? "Man muss sich beim Kauf 'daheim' fühlen", erklärt Manolakoglou, "dann entsteht eine gewisse Wärme zwischen den Parteien, sodass sich beide wohlfühlen - schließlich fiebern wir mit jedem Kunden mit, wenn es um den 'schönsten Tag im Leben' geht." Scheinbar hat diese Einstellung in der Geschichte des "Füner-Manola" Früchte getragen: Schon oft wurden die Verkäuferinnen selbst zu Hochzeiten ihres Kundenstammes eingeladen - und der komme nicht nur aus der Region Karlsruhe, sondern auch aus Frankreich, der Schweiz und anderen Teilen der Bundesrepublik.
"Das Lustigste, was uns hier während der Arbeit je passiert ist, war, als ein Bräutigam kurz vor dem Altar seinen Hosenknopf verlor und zu uns herein gerannt kam, damit wir ihn wieder annähen", lacht Mutter Karin. Seit jeher freuten sich die Manolakoglous eigenen Angaben nach über jegliche Erinnerungen an die Hochzeiten, die sie begleitet haben - ein Fotoalbum mit Bildern ihrer Kunden wird eines der wenigen materiellen Dinge sein, die die Familie, wenn es so weit ist, aus dem ehemaligen Traditionsgeschäft mitnehmen wird.

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