Herr Grenke, zunächst: Herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl als IHK-Präsident im April!
(lacht) Vielen Dank. Wenn mir die Menschen zur Wiederwahl gratulieren, weiß ich nie ob sie gratulieren oder kondolieren. Dennoch ist mir wichtig zu betonen, dass es ein Ehrenamt ist und nichts was man als Profi gegen Bezahlung macht - sondern aus Überzeugung. Ich wurde letztens auch bei einer Versammlung gefragt, wie ich Ehrenämter und Vorstandsvorsitzender unter einen Hut bekomme. Meine Antwort war: Ich spiele kein Golf.
Wenn Sie nicht Golf spielen, was machen Sie dann, um abzuschalten?
Ich jogge. Und wenn ich ein paar Tage Zeit habe, dann segle ich auch.
Zurück zum Wirtschaftsamt: Gibt es gewissen Eigenschaften, die man als IHK-Präsident mitbringen sollte?
Die Fähigkeit, Ruhe zu bewahren. Ich denke, zuhören ist ganz wichtig. Aber das sind eigentlich die allgemeinen Kommunikationseigenschaften, die man haben sollte. Vielleicht noch etwas Erfahrung, um sich nicht bei jeder Sache zu sehr aufzuregen. Zusätzlich benötigt man ein Interesse, auch über den eigenen Horizont und das eigene Unternehmen hinaus schauen zu wollen - als IHK-Präsident muss man den Blick auf alle Branchen werfen, die alle unterschiedliche Herausforderungen haben. Nicht unerheblich ist auch, dass man sich in die Lage versetzen können sollte, Politik und Behörden zu beraten.
Bei welchem Thema drückt die IHK der Schuh aktuell am meisten?
Im Moment bei der öffentlichen IT-Infrastruktur - der Breitbandversorgung. Darüber hinaus haben wir natürlich eine ganze Reihe weiterer Herausforderungen: Im regionalen Umfeld ist es die Frage nach Gewerbegebieten. Denn wenn es der Wirtschaft weiterhin so gut geht wie jetzt, will sie natürlich wachsen. Nicht alles, was die Wirtschaft künftig unternimmt, wird nur digital sein, also ohne großen Flächenverbrauch. Wenn Sie transportieren, brauchen Sie beispielsweise Speditionen. Natürlich benötigen wir auf der anderen Seiten einen entsprechenden Flächenausgleich, und der ist auch möglich.
Gibt es noch Flächen in Karlsruhe, von denen die IHK sagen würde "Ja, die könnte man ausweisen"?
In der Entscheidungsphase befinden sich aktuell die Flächen südlich vom Hauptbahnhof. Ich kann mir gut vorstellen, dass früher oder später überhaupt solche großflächigen Gelände wie Güterbahnhöfe anders organisiert werden und dadurch zentrumsnahe Gewerbeflächen zur Verfügung stehen. Gewerbe bedeutet heutzutage ja nicht mehr rauchende Schlote.
Vor allen Dingen nicht in Karlsruhe ... heißt das im Umkehrschluss, dass Gewerbeflächen außerhalb von Karlsruhe nicht attraktiv sind für die Unternehmen der Technologieregion?
Wir können in puncto Gewerbeflächen durchaus noch etwas dazu tun, nur momentan sind wir sehr erfolgreich, auch ohne dass wir alles ausgeschöpft haben. Wir versuchen schon noch einiges dran zu ändern. Ich bin überzeugt, da ziehen auch alle in der Region an einem Strang - Politik und Unternehmen.

Die Unternehmen in Karlsruhe sind erfolgreich, in der Außenwahrnehmung ist das gefühlt aber nicht vorhanden. Macht sich die Technologieregion manchmal zu klein?
Bei IT-nahen, konsum- und app-orientierten Fragen ist man in Berlin ganz gut aufgehoben. Geht es mehr um technische Aspekte, sind Sie in Karlsruhe richtig. In Karlsruhe besteht die IT-Branche meistens aus B2B-Geschäften - ist also im Bewusstsein der Öffentlichkeit gar nicht so sehr vorhanden. Es ist im B2B-Gewerbe auch nicht üblich, Beziehungen werblich darzustellen. Hier handelt es sich mehr um einen persönlichen Wissensaustausch zwischen Kunden und Lieferanten. Und hierbei sind wir in Karlsruhe sehr gute aufgestellt.
Apropos Wissensaustausch wie steht es um lebenslanges Lernen - was unternimmt die IHK für ihre Mitglieder?
Die Aus- und Weiterbildung ist ein großes Thema bei der IHK: Die Probleme, die wir aktuell haben, können wir nur lösen, wenn Menschen eine bessere Aus- und Weiterbildung bekommen. Wir brauchen hier eine gute Ausbildung in der Breite - sowohl im dualen Studium, als auch in der Lehre.
Im Bereich der Weiterbildung gibt es eine IHK-Studie, dass im Alter von 40 Jahren die Weiterbildung stark abbricht. Das passt natürlich nicht unbedingt dazu, dass wir als Gesellschaft immer länger leben und länger arbeiten wollen. Wir haben das Thema in den vergangenen Jahren bei der IHK angepackt, können schon erste Erfolge verzeichnen, müssen das Thema aber weiter forcieren: Dazu müssen wir Räumlichkeiten schaffen. Wir werden in das IHK-Bildungszentrum n der Technologiefabrik und in entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen investieren.
Wie spielt das Thema Digitalisierung bei der Fort- und Weiterbildung mit rein? Ist nicht gerade die angesprochene Altersgruppe von der "Industrie 4.0", den damit einhergehenden Automatisierungsprozessen und potentiellen Arbeitsplatzwegfall besonders betroffen?
Es gibt natürlich immer die Sorge der Betroffenen, dass ihre Arbeitsplätze vielleicht wegfallen könnten. Nur, wenn man sich die Wirtschaftsgeschichte anschaut - und unser heutiger Zustand zeigt das ja sehr gut - wir haben immer dazu gewonnen, nur man muss sich eben weiterentwickeln. Und es ist natürlich heute noch weniger möglich als früher, dass wir mit dem, was wir am Anfang gelernt haben, das ganze Leben lang durchkommen. Lebenslanges Lernen ist ein entscheidender Faktor für Erfolg im Arbeitsleben.
Gibt es noch einen großen Themenbrocken, den Sie sich in den nächsten Jahren als Ziel gesetzt haben, in Ihrer Funktion als IHK-Präsident aus dem Weg zu räumen? Den bereits angesprochenen Breitbandausbau ausgespart.
Natürlich die zweite Rheinbrücke - weiterhin die Vollendung der Kombilösung, dass die Innenstadt von Karlsruhe wieder attraktiv wird und die Autoanbindung des Baden Airpark. Infrastrukturelle Projekte spielen eine große Rolle: Es gilt den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, wo noch Entwicklungspotentiale vorhanden sind. Weitere Themen werden die Aus- und Weiterbildung sein, die Gründer- und Start-Up-Szene oder die Nachfolge-Regelung in mittelständischen Unternehmen.
Das Gespräch führte Corina Bohner.
Wolfgang Grenke
Wolfgang Grenke wurde am 3. Februar 1951 geboren, ist verheiratet und hat 3 Söhne. 1978 gründete er die Grenke Leasing KG, 1990 folgt die erste Niederlassung, 1997 die erste Auslandsgesellschaft, 2000 dann der Börsengang des Unternehmens. Inzwischen ist die Grenke Gruppe in 30 Ländern aktiv und beschäftigt über 1.100 Mitarbeiter. Seit 2005 ist Grenke Mitglied der Vollversammlung der IHK Karlsruhe, von 2007 bis 2013 bekleidet er das Amt des Vize-Präsidenten und wird ab 2013 Nachfolger von Bernd Bechthold. Seit November 2016 ist Grenke zudem Präsident des baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags. Wolfgang Grenke ist ein Förderer von Kultur und Sport: 2004 gründet er die Grenke-Stiftung zur Förderung des Sports, insbesondere des Schachsports sowie von Kunst, Architektur und Denkmalschutz. 2009 eröffnet er das restaurierte Kulturhaus LA8 in Baden-Baden. Seit 2011 ist er Mitglied im Vorstand des Stiftungsrates des Festspielhauses Baden-Baden sowie Vizepräsident des Unternehmerkreises des Festspielhauses Baden-Baden und Mitglied im Freundeskreis des Festspielhauses Baden-Baden.