Herr Striebel, laut einer Studie von PwC und dem HWWI wird bis 2030 in 80 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland die Beschäftigung sinken. Wie sieht diese Entwicklung speziell in der Region Karlsruhe aus?
In der Region Karlsruhe droht Germersheim, dem Ortenaukreis, dem Kreis Rastatt, dem Enzkreis und den kreisfreien Städten Karlsruhe und Pforzheim ein Rückgang an Beschäftigten um bis zu acht Prozent. Dagegen steigt in Baden-Baden die Erwerbstätigkeit um sechs Prozent, im Landkreis Karlsruhe um drei Prozent.
Steht Karlsruhe im Vergleich zu anderen Städten eher gut oder schlecht da? Inwiefern wird der viel genannte "Fachkräftemangel" der Region Karlsruhe in Zukunft zu schaffen machen?
Karlsruhe ist aufgrund seiner dynamischen Wirtschaft, insbesondere im Technologiebereich, heute noch gut aufgestellt. Das zeigen die Studienergebnisse, wonach die Erwerbstätigen von 2000 bis 2011 um rund zehn Prozent gestiegen sind. Auch bei der Anzahl der Hochqualifizierten steht die Region überdurchschnittlich gut da.
Der demografische Wandel wird aber auch Karlsruhe in Zukunft zu schaffen machen. Immer weniger junge, gut ausgebildete Fachkräfte stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Daher gilt es, Maßnahmen zu entwickeln, damit beispielsweise Hochschulabsolventen nicht in Metropolen wie Berlin oder München abwandern.
Welche Branchen werden in den nächsten Jahren besonders Schwierigkeiten bekommen, geeignete Arbeitskräfte zu bekommen?
Von 2000 bis 2011 hat ein Strukturwandel hin zu einer stärkeren Bedeutung der Dienstleistungssektoren stattgefunden. So stieg in diesem Bereich die Erwerbstätigkeit um bis zu 27 Prozent bei gleichzeitiger Steigerung der Produktivität und der Bruttowertschöpfung. Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleistungen sowie der Handel und der Verkehr, die Informations- und Kommunikationsbranche sowie der Gesundheitssektor haben in Zukunft einen erhöhten Bedarf an geeigneten Fachkräften.
Was kann Karlsruhe dem demografischen Wandel entgegensetzen?
Insgesamt hat die Studie gezeigt, dass der demografische Wandel nicht aufzuhalten ist. Kreise und Städte müssen dafür sorgen, dass ihre Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit dennoch bewahrt bleibt. Ein Ansatzpunkt ist, die interkommunale Zusammenarbeit zu stärken, bis hin zu Fusionen kommunaler Einheiten und Angebote wie etwa Musikschulen, Stadtarchive oder Theater.
Karlsruhe darf sich zudem nicht auf dem bislang Erreichten ausruhen, sondern muss weiterhin in die Steigerung der Standortattraktivität investieren. Neben der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sind Infrastrukturprojekte wie zum Beispiel die "Kombilösung" in der Innenstadt oder eine zweite Rheinbrücke ein Schritt in die richtige Richtung.
Muss sich Karlsruhe stärker um qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland bemühen?
Durch die direkte Nachbarschaft zu Frankreich hat Karlsruhe einen großen Vorteil und sollte diesen noch stärker nutzen. Hier empfiehlt sich eine engere Vernetzung, um einerseits ausländische Hochqualifizierte anzuwerben, andererseits um Unternehmen und Investoren aus dem Ausland auf die attraktive Region Karlsruhe aufmerksam zu machen.
Fragen: Moritz Damm
Über PwC:
PwC ist eigenen Angaben zufolge in Deutschland mit 9.300 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,5 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe.
Die PwC Niederlassung Karlsruhe wurde 1949 gegründet und hat sich laut Unternehemensangaben seither zur führenden Beratungsgesellschaft in der Technologieregion Karlsruhe entwickelt. Der Schwerpunkt von PwC Karlsruhe liegt neben der Betreuung national und international agierender Mandanten jeglicher Rechtsform, Non-Profit-Organisationen und der öffentlichen Hand in der Beratung und Betreuung von mittelständischen Unternehmen verschiedenster Größen und Branchen. Rund 100 Mitarbeiter sind am Standort tätig.
Zur Person:
Oliver Striebel ist seit 1995 als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater für PwC tätig und leitet seit 2008 die PwC Niederlassung Karlsruhe. Seit seiner Studienzeit ist er mit der Region verwurzelt: Der Diplom-Wirtschaftsingenieur hat sein Studium an der Technischen Universität Karlsruhe absolviert.
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