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Karlsruhe: "Fachkräfte von übermorgen": So will Karlsruhe junge Flüchtlinge integrieren

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"Fachkräfte von übermorgen": So will Karlsruhe junge Flüchtlinge integrieren

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    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: Uwe Anspach/Archiv

    Am Donnerstagnachmittag kamen die Vertreter zahlreicher Betriebe aus Karlsruhe und Umgebung in die Räume der IHK Karlsruhe, um sich darüber zu informieren, wie der Landkreis Karlsruhe, die Arbeitsagentur, die IHK sowie die HWK junge Flüchtlinge mit Bleibeperspektive langfristig in den lokalen Arbeitsmarkt integrieren wollen und welche Beitrag sie als Betrieb dazu leisten können.

    Die Kooperationspartner stellen sich folgenden Königsweg vor: Flüchtlingsbegleiter - sogenannte Kümmerer - machen in den Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises junge Flüchtlinge ausfindig, die geeignet und gewillt sind, nach umfangreichen Deutschunterricht über ein Praktikum den Einstieg in einen Ausbildungsbetrieb zu finden. 

    Auf dem Stundenplan: Sprache, Werte und Pflichten

    Der erste Schritt führt in eine VABO-Klasse - Vorqualifizierung auf Arbeit und Beruf ohne Deutschkenntnisse - an der Balthasar-Neumann-Schule II Bruchsal, den Beruflichen Schulen Bretten oder der Albert-Einstein-Schule Ettlingen. Neben Sprachkenntnissen bekämen die Flüchtlingen dort auch Pflichten, Werte und sonstiges Wissen vermittelt, das nötig ist, um auf dem deutschen Arbeitsmarkt zurecht zu kommen, wie die Schulleiter bei der Kick-Off-Veranstaltung erklären.

    Nach der Fastnachtszeit werde es im Landkreis 25 Klassen mit insgesamt 400 Schülern geben, so Horst Schwab, Leiter der Balthasar-Neumann-Schule II Bruchsal. Einige davon seien bereits vor über einem Jahr gestartet. Nachdem zunächst Flüchtlinge bis zum Alter von 25 Jahren in die Klassen aufgenommen wurden, müsse die Grenze nun auf 20 Jahre heruntergesetzt werden, da nicht genügend Plätze vorhanden sind, wie Landrat Christoph Schnaudigel berichtet. 

    Wunsch erfüllt: Flüchtling Lamin Sillah will Fließenleger werden

    Wie es im besten Fall weitergeht, wenn die Deutschkenntnisse ausreichen, um sich mit Kollegen zu verständigen und wichtige Infos wie Sicherheitshinweise zu verstehen, zeigt das Beispiel Lamin Sillah . Der 20-Jährige kam vor zwei Jahren aus Gambia nach Deutschland. An der Volkshochschule und an der Albert-Einstein-Schule Ettlingen hat er seither Deutsch gelernt. Im August konnte ihm ein Praktikum vermittelt werden. "Fließenleger war mein Wunsch", erzählt Sillah. Dieser ging in Erfüllung.

    Thomas Weik, begleitender Lehrer von der Albert-Einstein-Schule liest aus dem Praktikumszeugnis vor: "Die Zusammenarbeit war angenehm und problemlos. (...) Wir sind überzeugt, dass Lamin Sillah ein engagierter Mitarbeiter in unserem Betrieb werden könnte." Ab Sommer 2016 wird der junge Flüchtling die Chance haben, das weiter zu beweisen: Er startet nach dem Berufsschul-Abschluss eine Ausbildung zum Mosaik-Fließen- und Plattenleger, die ihm im Anschluss an sein Praktikum angeboten wurde. 

    Dass Betriebe und Flüchtlinge ihren jeweiligen Wünschen entsprechend zusammenfinden, dafür sorgen die Kümmerer. Zudem seien ihm Rahmen eines Speed-Datings auf der Karlsruher Messe "Einstieg Beruf" Ende Januar erste Kontakte geknüpft worden, wie IHK-Präsident Grenke berichtet. 

    Zuwanderung als Chance für das Handwerk

    "Betriebe merken den demografischen Wandel jeden Tag, insbesondere bei der Nachwuchsgewinnung. Menschen, die nicht mehr geboren sind, können nicht eingestellt werden", meint Gerd Lutz, Hauptgeschäftsführer der HWK Karlsruhe. Er verstehe Zuwanderung als Chance für das Handwerk - an der Geburtenrate könne man so schnell nichts ändern, so Lutz weiter.

    "Wir wollen Betriebe ermuntern, einfach mal anzufangen, mal jemanden kommen zu lassen und auszuprobieren, was der kann", verkündet der HWK-Geschäftsführer. Schon vor dem Flüchtlingsstrom habe es Angestellte aus 64 verschiedenen Nationen in den HWK-Betrieben gegeben. "Wir müssen die Qualifikationsmerkmale der einzelnen Flüchtlinge finden und individuell darauf aufbauen", merkt Lutz an.

    Das brauche seine Zeit, wie Landrat Schnaudigel sowie weitere Referenten immer wieder betonen. "Junge Flüchtlinge sind nicht die Fachkräfte von morgen, aber wenn wir alles richtig machen die Fachkräfte von übermorgen", resümiert Ingo Zenkner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt. 

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