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Karlsruhe: "Ein Skandal" auch im Karlsruher Sommer: Lehrer stehen mit Ferienbeginn auf der Straße

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"Ein Skandal" auch im Karlsruher Sommer: Lehrer stehen mit Ferienbeginn auf der Straße

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    Viele Lehrer werden zu den Sommerferien entlassen.
    Viele Lehrer werden zu den Sommerferien entlassen. Foto: Julian Stratenschulte

    Bei den entlassenen Lehrern handelt es sich vornehmlich um Saisonlehrkräfte. Darunter sind nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) knapp 4.000 befristet Beschäftigte und über 5.000 Referendare. Im Ländervergleich ist Baden-Württemberg damit trauriger Spitzenreiter. "Ein Skandal!", empört sich auch Matthias Schneider, Landesgeschäftsführer der GEW, im Gespräch mit ka-news.

    Die Schuld sieht er ganz klar bei der Landesregierung: "Von Seiten der Landesregierung wurde immer die Ergreifung von Maßnahmen versprochen, getan hat sich aber nie etwas!" Auch GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz kritisiert die Landesregierung in einer Pressemitteilung vor diesem Hintergrund als "Arbeitgeber ohne Verantwortung".

    Matthias Schneider, Landesgeschäftsführer und Pressesprecher der GEW
    Matthias Schneider, Landesgeschäftsführer und Pressesprecher der GEW Foto: GEW

    Durchbezahlung kostet 12,5 Millionen Euro 

    Eine Durchbezahlung der befristeten Vertretungslehrer während der Sommerferien würde das Land laut Angaben des Kultusministeriums 12,5 Millionen Euro kosten. GEW-Landesgeschäftsführer Schneider sieht die Zahl jedoch für finanziell machbar. "Der Landeshaushalt und die Steuereinnahmen sprudeln", sagt er im Gespräch mit ka-news.

    Das Land Rheinland Pfalz geht hier mit gutem Beispiel voran: Ab 2019 werden Vertretungslehrer hier auch während der Sommerferien bezahlt. Die GEW will sich laut Pressemeldung nun dafür einsetzen, es dem Nachbarland ab 2019 gleichzutun. "Es ist kaum vorstellbar, dass das reiche Baden-Württemberg nicht dem Beispiel von Rheinland-Pfalz folgen kann", empört sich Moritz.

    Doro Moritz, Landesvorsitzende der GEW Baden-Württemberg.
    Doro Moritz, Landesvorsitzende der GEW Baden-Württemberg. Foto: GEW

    Durch die Neuregelung im Nachbarland befürchtet die GEW allerdings eine Abwanderung von Lehrkräften, die in den rheinland-pfälzischen Grenzregionen leben. Das würde den Lehrermangel noch weiter verschärfen. 

    Land soll Verantwortung übernehmen

    Auch die Jungen Sozialen (Jusos) der SPD in Karlsruhe üben Kritik an der Untätigkeit der Landesregierung. Mitglied Lorenz Pistorius erklärte in einer Pressemeldung: "In Zeiten voller Landeskassen ist es keine Herkulesaufgabe, diese Gelder aufzubringen." Weiterhin ließen sich damit die Probleme der Schulen, zu Schuljahresbeginn das Kollegium zusammenzustellen, erheblich mindern, so Pistorius weiter.

    Um "diese unwürdige und destruktive Praxis" zu beenden, fordern die Jusos Karlsruhe-Stadt Entfristungsangebote für Lehrer, die für unbefristete Stellen qualifiziert sind sowie finanzielle Sicherheit für Referendare durch Durchbezahlung oder ein Entlassungsgeld in Höhe zweier Monatsgehälter. Auch die Erhöhung der ständigen Lehrerreserve des Landes von 1666 auf mindestens 4000 fest angestellte Vertretungslehrer ist für sie essentiell.

    "Angehende Lehrer erst einmal pauschal mit sechs Wochen Arbeitslosigkeit zu begrüßen, ist der falsche Weg", meint die stellvertretende Juso-Vorsitzende Maike Koch. "Nur wenn das Land endlich die Verantwortung übernimmt, können wir mittel- bis langfristig die ausreichende Versorgung mit Lehrkräften in unseren Schulen sicherstellen."

    "Befristete Beschäftigung ist die Ausnahme"

    Für eine Sprecherin des Kultusministeriums sind die Lehrer-Entlassungen jedoch kein Aufreger-Thema: Unbefristete Stellen gebe es genug. "Wir gehen davon aus, dass die Mehrheit der derzeit befristet beschäftigten und voll ausgebildeten Lehrkräfte eine reguläre, unbefristete Stelle haben kann", heißt es auf Anfrage von ka-news. Entsprechende Einstellungsangebote würden momentan durch das Kultusministerium geprüft.

    Den Eindruck, Lehrkräfte würden ohne Grund in die Arbeitslosigkeit entlassen werden, weist das Kultusministerium "in aller Deutlichkeit" zurück. So könne beispielsweise 2.000 der zirka 4.000 befristet angestellten Pädagogen keine unbefristete Stelle angeboten werden, da sie die Voraussetzungen dafür nicht erfüllen, so die Sprecherin des Kultusministeriums. Auch die Lehrkräfte, die sich aufgrund eines bestimmten Ortswunsches bewusst für eine befristete Stelle entscheiden, seien zu beachten.

    "Die befristete Beschäftigung in Baden-Württemberg ist ohnehin die Ausnahme", betont die Sprecherin. Von den zirka 110.000 Lehrkräften an öffentlichen Schulen seien nur etwa drei Prozent befristet angestellt. 

    Regierungsbezirk Karlsruhe: 953 Lehrer sind befristet

    Und wie sieht die Situation für Lehrer im Regierungsbezirk Karlsruhe aus? Im Schuljahr 2017/18 gab es hier 953 befristete Arbeitsverhältnisse. Davon würden 474 Lehrkräfte formal die Voraussetzungen für ein unbefristetes Anstellungsverhältnis erfüllen. Das erklärt Uwe Herzel, Pressesprecher des Regierungspräsidiums, auf Nachfrage von ka-news. 

    Dennoch sei zu beachten, dass es auch hier wieder Lehrer gibt, die sich bewusst für eine befristete Stelle entscheiden, so Herzel. Wie viele Lehrer genau von den Entlassungen betroffen sind, könne man bisher noch nicht abschätzen. Würde man im Regierungsbezirk Karlsruhe aber alle befristeten Arbeitsverhältnisse über die Sommerferien weiter bezahlen, entstünden Kosten in Höhe von zirka vier Millionen Euro.

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