(von Moritz Damm)
 "Jeder Tag ist anders", sagt Britta Wirtz. Sie sitzt in ihrem Büro in der Karlsruher Messe. Ein heller, moderner Raum - lichtdurchflutet. Hier hängen Gemälde von Wolfgang Isle als Leihgabe des Messekurators der art Karlsruhe an den weißen Wänden. Ein eleganter Raum - elegant wie die gesamte Architektur des Messegeländes in Rheinstetten.

"Ich bin mit großer Ernsthaftigkeit hier angetreten, um mich dieser Aufgabe voll anzunehmen."

Britta Wirtz ist seit 2009 Geschäftsführerin der Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH (KMK) - und damit die längste Messe-Chefin seit Eröffnung der "Neuen Messe" im Jahr 2003. Erst kürzlich wurde ihr Vertrag vorzeitig um weitere fünf Jahre verlängert. Mit Britta Wirtz ist Kontinuität in die Karlsruher Messewelt eingezogen.

Karlsruher Macherin: Britta Wirtz

Wirtz steht für Stabilität. Keiner ihrer Vorgänger war länger in dieser Position. Als sie vor sechs Jahren Messe-Chefin wurde, zog sie mit ihrer vierköpfigen Familie nach Karlsruhe. "Ich bin mit großer Ernsthaftigkeit hier angetreten, um mich dieser Aufgabe voll anzunehmen." Wirtz blickt auf erfolgreiche Jahre zurück: "Wir konnten unser Portfolio stabilisieren, unsere Auslastung steigern. Dieses Jahr dürfte das stärkste Messe-Jahr in der Geschichte der Messe Karlsruhe werden."

"Die Tage vor einer Messe-Eröffnung sind für das Team besonders anstrengend."

Ob Whirlpool, Unimog oder Rasse-Hund - jede Messe hat ihre individuellen Anforderungen, einen eigenen Schwerpunkt, spezielle Ansprüche. Erst kürzlich ist die Verbrauchermesse offerta zu Ende gegangen. Rund 136.000 Besucher kamen vom 31. Oktober bis 8. November in die Messe Karlsruhe und informierten sich über regionale Produkte zu den Themen Freizeit, Genuss, Bauen, Wohnen und Haushalt. Ein paar Wochen zuvor verwandelte die Nutzfahrzeugmesse (Nufam)die Messehallen in einen Treffpunkt der Branche. Über 300 Aussteller präsentierten hier auf mehr als 60.000 Quadratmeter Fläche Unimogs, Lkw und Kran-Fahrzeuge. Und wenige Tage später standen bei der Haustiermesse "TIERisch gut"Hunde, Katzen und Fische im Mittelpunkt.

"Die Aufgabenstellungen sind ganz unterschiedlich. Das ist spannend und faszinierend", so die 44-Jährige. Planung, Konzeption, Entwicklung: ein großer Teil der Organisation läuft im Hintergrund ab. Etliche Telefonate, unzählige Faxe, zahlreiche E-Mails und viele Kundengespräche sind notwendig, bis eine Messe steht. "Die Tage vor einer Messe-Eröffnung sind für das Team besonders anstrengend. Das bedeutet einen gewissen Stress, aber ist für uns professionelle Routine", erläutert die KMK-Chefin. Denn dann komme alles zusammen, worauf man zwei Jahre hin gearbeitet habe. "Es ist immer ein schöner Moment, wenn man sieht, wie aus den Planungen im Büro eine komplette Messe in Szene gesetzt wird. Das ist das Tolle an diesem Beruf", so Wirtz begeistert.

Karlsruher Macherin: Britta Wirtz

Messen, Kongresse, Fachtagungen, kulturelle Veranstaltungen oder Podiumsdiskussion: Britta Wirtz ist als KMK-Geschäftsführerin nicht nur für die vier Messehallen mit einer Gesamtfläche von 52.000 Quadratmeter auf dem Messegelände in Rheinstetten (62.000 Quadratmeter Außengelände) zuständig. Auch das Kongresszentrum (rund 20.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, etwa 13.000 Sitzplätze) in der Karlsruher Innenstadt mit den vier Veranstaltungshäusern Stadthalle, Schwarzwaldhalle, Konzerthaus und Gartenhalle zählen zu ihrem Verantwortungsbereich.

Britta Wirtz hatte zuerst gar nicht vor, ins Messe-Geschäft einzusteigen. Sie studierte Kommunikationswissenschaften, arbeitete für Großbanken, Chemieunternehmen und PR-Agenturen. Bei einem Seminar an der Uni sollte sie für ein Messeprojekt einen Messe-Stand gestalten und umsetzen. Diese Arbeit hat Wirtz nachhaltig begeistert.  Sie wurde nach ihrem Studium Projektassistentin bei dem dem weltweit größten Messeveranstalter Reed Exhibitions in Düsseldorf. "Das war mein Einstieg ins Messe-Geschäft", sagt sie.

"Dieses Messe-Gelände ist einfach traumhaft. Es ist funktional, es ist schön, es ist ästhetisch."

Heute ist Wirtz Chefin von rund 120 Mitarbeitern. Sie lasse ihrem Team viele Freiheiten, sagt sie. "Ich gebe die Zielvorgaben. Aber welchen Weg meine Mitarbeiter gehen, das können sie selbst bestimmen. Jeder Mitarbeiter kann kreative Ideen selbst entfalten und mit seinem Team umsetzen. Ich glaube, das ist sehr motivierend."

Aber das alles geht nicht ohne Kraftanstrengung. "Wir wissen, dass wir ein B-Standort sind. Wir wissen, dass unsere Kunden, etwas geboten bekommen müssen, um hierher zu kommen. Und das tun wir mit Haut und Haaren", betont Wirtz. Dazu habe die KMK in den vergangenen Jahren einige strategische Hebel umgelegt -  das Portfolio ergänzt und erweitert, insbesondere den Fokus verstärkt auf eigene Messen gelegt.

"Das ist uns gelungen mit einer Reihe von qualitativ hochwertigen Veranstaltungen und einer unglaublich überzeugenden Gelände-Qualität. Dieses Messe-Gelände ist einfach traumhaft. Es ist funktional, es ist schön, es ist ästhetisch. Wir haben hier alles unter einem Dach, alles ist ebenerdig und wir können auf eine brillante Logistik zurückgreifen", schwärmt die Messe-Chefin.

"Wir brauchen dringend das Messe-Hotel in Rheinstetten und eine bessere Anbindung an den Karlsruher Hauptbahnhof."

Sicher habe man Nachteile, was Lage und Anschluss angingen, wenn man den Standort mit Hamburg, München oder Frankfurt vergleiche. "Wir haben keinen internationalen Groß-Flughafen, liegen nicht auf der Via Regia", so Wirtz. Doch die Karlsruher Messe habe ganz andere Vorteile, betont Wirtz.

Auch in der Bilanz klafft ein Fehlbetrag von rund elf Millionen Euro. "Das ist bereits deutlich weniger als noch 2012/13", sagt Wirtz. Sie betont: "Das Defizit ist im Wesentlichen auf die hohen Gebäude- und Mietkosten für die Messe zurückzuführen und zudem für das gesamte Engagement - also auch für die Bewirtschaftung des Kongresszentrums. Das ist alles zusammen eine gewaltige Aufgabe. "Den Defizitausgleich von der Stadt verwenden wir, um unserer Mietzahlungen an die Neue Messe Karlsruhe  GmbH & Co. KG als Eigentümerin des Geländes und als Verpächterin zu leisten und um unsere Infrastruktur- und Gebäudekosten zu decken. Das macht den größten Teil aus."

Das operative Geschäft indes habe stark zugelegt. "Wir benötigen keinerlei Zuschüsse für die Veranstaltungen oder Personalkosten", betont Wirtz. Zudem tut die KMK etwas für die Wirtschaftskraft in der Region." Hotelübernachtungen, regionale Dienstleister, Bus- und Taxiunternehmer: "Etwa 1.800 Arbeitsplätze sind direkt und indirekt durch das Geschäft der KMK induziert", so Wirtz.

"Die größte Herausforderung wird künftig sein, dass wir auf einem sehr umkämpften Markt unsere Marktposition halten." Wirtz hat auch eine Wunschliste für die Zukunft: "Wir brauchen dringend das Messe-Hotel in Rheinstetten. Außerdem brauchen wir mittelfristig eine bessere Anbindung an den Karlsruher Hauptbahnhof."

"Die Frau, die ungenutzteste Ressource auf dem deutschen Arbeitsmarkt."

Am Freitag, 27. November, findet in der Messe Karlsruhe zum zweiten Mal die "WoMenCONNEX" statt. Die Messe stellt die Bedeutung und die Chancen von Frauen in der modernen Arbeitswelt in den Fokus. Ein Thema das Wirtz selbst stark beschäftigt. Wirtz ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern.

Karlsruher Macherin: Britta Wirtz

"Es geht darum, die Potentiale von Frauen in den Vordergrund zu stellen. Alle Welt klagt über den Fachkräftemangel. Wenn man sich aber die Analysen anschaut, dann ist die Frau, die ungenutzteste Ressource auf dem deutschen Arbeitsmarkt", analysiert Wirtz. "Wir vergeuden unheimlich viel Kapital, indem wir perfekt ausgebildete Frauen Zuhause sitzen lassen. Wir müssen Frauen für die Arbeit motivieren, aber wir müssen auch Arbeitgeber motivieren, Frauen eine entsprechende Chance im Arbeitsleben zu geben. Das ist eine gesellschaftliche und politische Aufgabe."

"Jeder zweite Mensch auf der Welt ist eine Frau, da können wir bei dieser Quote doch nicht von einer Gleichberechtigung in den Führungsebenen sprechen."

Wirtz selbst gelingt es sehr gut, gemeinsam mit ihrem Mann Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. "Ich habe von vornherein gesagt, dass ich nicht dazu geeignet bin, den ganzen Tag Zuhause zu verbringen, um mich um das Umkippen von Sandförmchen zu kümmern." Beide Elternteile müssten ihr Möglichstes tun, um Familie und Beruf vereinbaren zu können. "Wir sind als Eltern gefordert", betont die Messe-Chefin. "Ich glaube, dass Familie und Beruf kombiniert werden können, wenn beide Elternteile es wollen."

Was hält die Messe-Chefin von einer gesetzlich festgelegten Frauenquote? "Schade, dass es dazu kommen musste. Die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie hat leider nicht funktioniert", so Wirtz. Die Quote hält sie für wenig zielführend. "Wir sprechen von ein paar wenigen Dax-Unternehmen, die einen Frauenanteil von 30 Prozent im Aufsichtsrat beachten sollen. Damit haben wir in Deutschland doch noch lange keine gleichberechtigte Arbeitswelt. Jeder zweite Mensch auf der Welt ist eine Frau, da können wir bei dieser Quote doch nicht von einer Gleichberechtigung in den Führungsebenen sprechen. Das ist doch ein Witz", so Wirtz.

Frauen müssten sich in der Berufswelt auch heute noch stärker beweisen als Männer. "Ja, als Frau muss man fleißiger und gründlicher sein. Als Frau müsse man jederzeit eine gute Performance ablegen, belastbar sein, immer gut sein", sagt Wirtz. Karriere und Familie: Britta Wirtz hat beides geschafft.

Weitere Infos unter www.messe-karlsruhe.de

Fotos: Carola Böhler

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