Wohnraum ist knapp - das ist kein Geheimnis. Auch die zu bebauenden Flächen werden immer weniger. Eine Möglichkeit wäre daher, vermehrt in die Höhe zu bauen, den Platz also effektiver auszunutzen. Eine andere Art der effektiven Platznutzung haben nun die Freien Wähler in Karlsruhe ins Gespräch gebracht: Wohnungen über Bahngleisen.
Wie das aussehen kann, hat die Hansestadt Hamburg bereits gezeigt: Auch hier herrscht Platzmangel und auch hier sollen Gleistrassen mit einem "Deckel" versehen werden. "Wir brauchen mehr Kreativität bei der Wohnraumgewinnung und müssen eben auch auf ungewöhnliche Weise Platz für die wachsende Zahl der Einwohner schaffen", wird der SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf im Hamburger Abendblatt zitiert.
Wiener überbauen einen Bahnhof
Ein Gebäude nach diesem Prinzip wurde in der Hansestadt schon gebaut: In der Innenstadt wurde ein Bürogebäude über der Hochbahn errichtet. Der Bahnbetrieb ist während der Baumaßnahme weitergelaufen.
Auch die Hamburger werfen dabei unter anderem einen Blick in die Österreichische Hauptstadt: Hier wurde in der Innenstadt der Bahnhof Wien Mitte überbaut. Über den Gleisen entstand ein Büro- und Shopping-Center. Auch hier war das Ziel, die wenige Fläche im Zentrum effektiver zu nutzen.
Ein architektonischer Ansatz, der auch in Karlsruhe Anwendung finden könnte? "Stets geht die Schaffung von Infrastrukturmaßnahmen und Wohnraum zu Lasten von Grünflächen", so Jürgen Wenzel in seiner Anfrage für die Freien Wähler im Karlsruher Gemeinderat. "Wie die Aufstockung von bestehenden Gebäuden und dem Dachgeschossausbau. Daher sollte geprüft werden, ob die Möglichkeit besteht, Gleis- und Straßentrassen für Wohnraumschaffung zu überbauen, wie es in der Hansestadt Hamburg nun geplant ist."
Südtangente oder Nordbahn überbauen?
Konkret schlägt Wenzel vor, dass beispielsweise Teile der Südtangente, zwischen Bulacher Kreuz und Kühlen Krug mit Terrassenhäusern überbaut werden könnte. Weiter solle die Stadt prüfen, ob auch Gleistrassen für eine Überbauung in Frage kommen könnten.
Die Stadtverwaltung gibt in ihrer Stellungnahme an, dass dieses Thema grundsätzlich nicht neu sei: "Die Idee (...) wird für die Stadt Karlsruhe immer wieder diskutiert." Zuletzt habe das Stadtplanungsamt 2016 eine Untersuchung durchgeführt, wie Flächen durch Innenentwicklung besser genutzt werden könnten.
Hier habe man sich auch an einem Forschungsprojekt orientiert, an dem auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt war. Bei "Urban Voids" wird untersucht, wie einzelne Quartiere aufgewertet werden können. Ein Ergebnis sei dabei gewesen, dass beispielsweise eine Bebauung entlang der Fiduciastraße möglich wäre. "Eine Realisierung stieß jedoch bedauerlicherweise auf Ablehnung", heißt es von der Stadt weiter.
Keine Realisierung in der nächsten Zeit
Abgeschrieben ist die Idee der Überbauung in der Fächerstadt aber auch noch nicht: Derzeit würden tatsächlich, wie von den Freien Wählern vorgeschlagen, bereits Überlegungen laufen, die Südtangente zu überbauen. Weiter betrachte man auch, ob ein solches Bauprojekt auch für die Nordbahn, also die S-Bahn-Trasse in Höhe der Nordweststadt möglich ist.
Mit einer zeitnahen Umsetzung kann nicht gerechnet werden: "Keine der Planungsüberlegungen ist derzeit in einem Stadium, welches zuverlässige Aussagen zur Realisierbarkeit erlaubt", so die Stadtverwaltung. Auch in Hamburg ist das letzte Wort noch nicht gesprochen: Der Oberbaudirektor Jörn Walter betrachtet laut Hamburger Abendblatt beispielsweise die hohen Kosten und die aufwendige Planung skeptisch.