"Es muss regnen", sagt Frank Lamm, Sachbereichsleiter der Abteilung "Gewässer", damit der Rhein eine kritische Wassermenge führt. Zusätzlich muss der Schnee in den Schweizer Alpen schmelzen. "Rheinhochwasser entsteht in der Schweiz von der Aare aus." Diese führt das Schmelzwasser bei Waldshut dem Rhein zu, der es in die Rheinebene transportiert. Treffen Regen- und Schmelzwasser zusammen, sind die Karlsruher Wasserbauer gefordert.
Über die Dämme ist der Rhein noch nie geflossen. Dazu müsste er den Pegel von neun Metern übersteigen. Seinen bisher höchsten Stand erreichte das markante Gewässer am 13. Mai 1999 mit 8,83 Meter. Zehn Wochen hielt der hohe Pegelstand damals an, bevor die Abteilung "Gewässer" des Tiefbauamts (TBA) Entwarnung geben konnte.
Zwei Hochwassersaisons kennen die Wasserexperten vom TBA: Eine vor Weihnachten, wenn die Temperaturen kurzzeitig ansteigen und im Frühjahr, wenn die Schneeschmelze einsetzt. Eine Ausnahme war das Hochwasser im August 2007, als starke Gewitterschauer den Sommer durchnässten. Wie gefährlich ein Hochwasser für die Fächerstadt sein kann, hängt zum einen von der Höhe des Wasser ab und ob die Gefahr besteht, dass es über die Dämme fließen kann. Zum anderen kann lange andauerndes Hochwasser die Erdwälle durchweichen.
500 Badewannenfüllungen pro Sekunde
Die Kontrolle und die Wartung aller Hochwasserschutzbauten in der Stadt - auch bei akutem Hochwasser - ist die Hauptaufgabe der Abteilung "Gewässer", denn "jahrzehntelang wird's vielleicht nicht gebraucht und dann aber gleich richtig." Damit ist die Fächerstadt jederzeit auf steigende Wassermengen in ihren Flüssen vorbereitet. Laut TBA stellt weder der Rhein, noch die Alb eine unmittelbare Gefahr für die Stadt dar. "Der Rhein ist weit weg und die Alb schlängelt sich in einer tiefen Rinne durch die Fächerstadt", gibt Lamm Entwarnung.
Die kleine Alb kann allerdings auch anders: 1978 überflutete der Fluss die Autobahn. Daraufhin leitete die Stadt Hochwasserschutzmaßnahmen für Karlsruhe und Ettlingen in die Wege. Den Beweis, dass diese auch heute noch funktionieren und notwendig sind, lieferten die beiden Albhochwasser 1998 und 2002. "Normalerweise führt die Alb fünf bis zehn Badewannenfüllungen in der Sekunde", erläutert Frank Lamm. "In den beiden Jahren flossen jeweils zirka 500 Badewannen pro Sekunde die Alb hinunter." Weit mehr als 1978.
Klimawandel auch in der Fächerstadt spürbar
Die zunehmende Wassermenge ist ein deutliches Zeichen für den Klimawandel und stellt die Wasserbauer vor neue Herausforderungen. "Die Winter werden wärmer und regenreicher. Da steigt die Hochwassergefahr zunehmend", erklärt Lamm. Für die Alb geht diese vom Albtal aus. Von dort fließt das Wasser den Berg hinunter nach Karlsruhe.
Bisher gibt es Dämme in Ettlingen, die Schlimmeres verhindern. Außerdem wirken der Weiherwald, der Oberwald und die Salmenwiesen bei Rüppurr als Puffer. Sie nehmen das überschüssige Wasser aus dem Albtal auf. Die Wetterveränderungen machen zusätzliche, langfristige Schutzmaßnahmen notwendig. Denn reichen die bisherigen Maßnahmen nicht mehr aus, "wird der ganze Dreck aus Ettlingen runter nach Karlsruhe gespült", warnt der "Gewässer"-Chef.
Warten und Beobachten als Hauptarbeit bei Hochwasser
Übersteigen die Flüsse im Stadtgebiet die kritische Marken, beruft das TBA die Wasserwehr ein. Mitarbeiter des Wasserbaus überwachen die Flussläufe und die Dämme rund um die Uhr. Entsprechend der Alarmstufen ruft die Abteilung weitere Abteilungen des TBA zur Hilfe. Anschließend folgt unter anderem die Unterstützung des Gartenbauamts und des Amts für Abfallwirtschaft. Wenn sich die Hochwasserlage weiter verschlimmert, kommen auch die Berufs- und freiwilligen Feuerwehren zum Einsatz. Erst im Katastrophenfall würden auch das Technische Hilfswerk (THW) und die Bundeswehr anrücken.
"Die Hauptarbeit beim Hochwasser ist Warten und Beobachten", berichtet Frank Lamm. Zirka 24 bis 36 Stunden Vorlaufzeit bleiben ihm und seinen Männern, um Vorbereitungen zu treffen, bevor die Fluten des Rheins Karlsruhe erreichen. Bei der Alb haben die Männer weniger Zeit. Um den Rhein im Auge zu behalten, besetzt das TBA seine drei Stützpunkte am Hochwassersperrtor im Rheinhafen, am Ölhafen und im Rheinstrandbad Rappenwörth. Von dort aus starten die Mitarbeiter zu regelmäßigen Kontrollgängen, um gegebenenfalls Schwachstellen im Damm zu beheben.
"Die Dämme sind nicht 100 Prozent dicht"
Selbst die Bürger können einen kleinen Beitrag zum Hochwasserschutz beitragen, "indem sie die Dämme nicht betreten", wenn das Wasser bis dorthin reicht. Durch die Vibrationen, die ein Mensch mit seinen Bewegungen auf den Damm ausübt, kann der Erdwall seine Stabilität verlieren und Wasser durchlassen. "Hundebesitzer sollten ihre Hunde davon abhalten im Damm zu wühlen, denn aus kleinen Löchern können besonders bei steigender Wasserhöhe schnell große werden", erklärt Frank Lamm.
"Selbst bei Hochwasser sind die Dämme nicht 100 Prozent dicht." Das Entscheidende sei, wo und wie das Wasser durchkommt. Tritt trübes Wasser aus dem Damm aus, zeigt dies, dass er durchgeweicht ist und zu brechen droht. Der beste Hochwasserschutz für Karlsruhe ist jedoch die Hochwasserrückhaltung in Südbaden, so Lamm. "Die Karlsruher sind auf den Hochwasserschutz in Südbaden angewiesen und darauf, dass die, die oberhalb liegen, dafür sorgen, dass das Wasser nicht unkontrolliert nach unten ins Tal fließt."