Im Laufe des Jahres haben fast 700 Schüler aus dem Stadt-und Landkreis an 14 Durchläufen der Berufsorientierungsmaßnahme "Werkstattcamp Plus" tellgenommen. Zudem Projekt der Handwerkskammer Karlsruhe kamen die Schüler aus 21 Schulen und besuchten die siebten und achten Klassen in Haupt-und Werkrealschulen. Zwei Wochen lang tauschten sie Füller gegen Werkzeuge und sammelten dabei jede Menge Erfahrung.
Die Qual der Wahl
Aus 14 verschiedenen Handwerken mit insgesamt 20 Berufen galt es, sich für drei Berufe zu entscheiden, die die Schüler kennenlernen wollten und sollten. Darunter waren zum Beispiel Tischler, Schneider, Elektroniker, Zahntechniker, Maler, Bäcker, Glaser- und Fensterbauer, das Kfz-Handwerk und Tätigkeiten im Baubereich, aber auch Raumausstatter und Friseur. "Die Schüler wählen vorab ihre drei Wunschberufe, von denen wir versuchen, zwei zu berücksichtigen", erklärt Anja Menges, Projektleiterin von "Werkstattcamp Plus". Der Dritte werde eher zufällig zugeteilt, damit die Schüler auch mal Berufe kennelernen, von denen sie vorher noch nichts gewusst hatten. "So kommen Mädchen auch mal in Elekroberufe und Jungs in die Schneiderei oder zum Friseur."
Schulsozialarbeiter einbinden
Ansonsten wollten 80 Prozent der Mädchen Berufe, die mit Styling und Mode zu tun hätten, während bei den Jungen ganz klar der Elektrobereich und die Metallberufe hoch im Kurs stünden. Am Ende der 14 Tage bekommen die meisten ein Zertifikat. "Es ist toll zu sehen, wie stolz die Schüler darauf sind", so Menges, die noch einen Ausblick auf das nächste Jahr gab: "Wir befinden uns in der Phase der Umstrukturierung und wollen verstärkt Schulsozialarbeiter einbinden", da die Kapazizäten einfach nicht ausreichen würden. Desweiteren ließ die Projektleiterin auf die geplante Ausweitung in Richtung Pforzheim blicken, da man für Städte wie Bretten einfach zu weit weg sei.
Zwei Lehrerinnen von der Richard-Hecht-Schule in Stutensee berichteten von ihren Erfahrungen mit den Schülern. Es gebe viel positives Feedback, die meisten Schüler kämen nach den zwei Wochen mit Sätzen wie: "Ich weiß jetzt, was ich machen will" - oder was man nicht machen wolle, was auch eine Erfahrung wert sei. Die Lehrkräfte finden es gut, dass ihre Schützlinge gerade Berufe kennelernen, von denen sie vorher nichts wussten oder nicht so begeistert waren. Eine große Bereicherung seien auch die Ausbilder, die sich teilweise vor die Schüler stellten und sagten: "Ich war auch auf der Hauptschule. Wenn ihr es wollt und euch anstrengt, könnt ihr das gleiche wie ich schaffen." Solche Sätze würden die Jugendlichen ungemein motivieren.
Schüler lassen soziale Kompetenzen vermissen
Das größte Problem der Jobfindung sind aber gar nicht die Noten - es ist die fehlende Sozialkompetenz vieler Schüler. Das bestätigt auch Johann-Peter Pfeifer, Ausbildungsmeister Elektrotechnik der Bildungsakademie der Handwerkskammer. "Es gibt sehr viel Handlungsbedarf im sozialen Bereich", stellt er klar und sieht vor allem die Eltern in der Pflicht. "Die Schüler müssen lernen, im Team zu arbeiten", denn diese Kompetenz fehle vielen. Hier zeige sich, dass "die Hauptschulen die sozialen Brennpunkte" seien. Nach einem acht-Stunden-Tag sei man als Ausbilder so erschöpft wie die Schüler selbst, die feste Arbeitszeiten nicht gewohnt sind. "Aber wir machen es gerne", lacht Pfeifer, schließlich sehe man das Ergebnis der Mühe. So geschehen bei zwei Mädchen, die besser löten konnten als ihre männlichen Kollegen und nach anfänglicher Skepsis hellauf begeistert vom Beruf des Elektrotechniker waren und auch den nötigen Sachverstand mitbrachten.