Kretschmann sagte der "Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten" (Montag): "Auf Dauer wird die öffentliche Hand die Tests nicht finanzieren können. Das ist auch eine Frage von fairer Lastenverteilung, denn es gibt ja ein kostenfreies Impfangebot für alle."
Dabei geht es nur um jene, für die es eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission gibt - also nach derzeitigem Stand keine Kinder - und bei denen keine medizinischen Gründe dagegen sprechen.

Wie geht es ab dem Herbst weiter?
Angesichts steigender Infektionszahlen erhofft sich Kretschmann von der Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag eine klare Linie, wie es im Herbst weitergehen soll. "Es ist richtig, dass wir mit dem Fortschreiten der Impfquote zu einem neuen Umgang mit Freiheiten und Beschränkungen kommen müssen. Dabei gilt grundsätzlich: Einschränkungen bei Geimpften und Genesenen werden wir zu großen Teilen aufheben", erklärte er.

Für Nichtgeimpfte werde man wegen des höheren Ansteckungsrisikos den Zugang zu Veranstaltungen oder Einrichtungen "weiter an Bedingungen knüpfen". Maßnahmen wie die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen werde man aber "sicher erst mal beibehalten."
Weil argumentierte ähnlich. Viele Menschen seien mittlerweile geimpft, höhere Infektionszahlen wirkten sich nicht mehr unmittelbar auf die Belegung der Kliniken aus. "Vor diesem Hintergrund sind massive Einschränkungen, wie wir sie beispielsweise noch im Frühjahr hatten, nicht mehr angemessen", sagte er.

"Wir benötigen ein abgestimmtes Vorgehen, das die Verhältnismäßigkeit wahrt - darauf haben uns zuletzt auch die Gerichte immer wieder hingewiesen." Denn nach einer Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg sind auf Grundlage der derzeitigen Schwellenwerte schwere Grundrechtseingriffe nur noch für kurze Zeit zu rechtfertigen.
Für wen soll es Beschränkungen geben?
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz wies Überlegungen des Gesundheitsressorts von Minister Jens Spahn (CDU) zurück, im Notfall Ungeimpfte generell nicht mehr zu Veranstaltungen zuzulassen - auch nicht mit negativem Schnelltest. "Wichtig ist mir, dass diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen, auch weiterhin über Tests die Möglichkeit haben, am öffentlichen Leben teilzunehmen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Die Frage ist: Mit welcher Art von Tests?

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) plädierte dafür, Ungeimpfte nur mit negativem PCR-Test Geimpften und Genesenen gleichzustellen. "Antigen-Schnelltests sind nicht zuverlässig genug", sagte der frühere Mediziner der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Soll es überhaupt noch Beschränkungen geben?
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Bundestags, Erwin Rüddel (CDU), stellt das infrage. "Es muss die Botschaft kommen, dass es keine automatischen Lockdowns mehr geben wird - auch keine nur für Ungeimpfte", sagte er der "Bild"-Zeitung mit Blick auf die Bund/Länder-Beratung. "Es stellt sich die Frage, ob es unsere Gesellschaft nicht auch aushalten kann, diejenigen, die sich bewusst nicht impfen lassen und dann schwer erkranken, entsprechend zu versorgen, statt das gesamte Land und die Wirtschaft mit dem Damoklesschwert des Lockdowns zu ängstigen und zu schädigen."

Und wenn doch, was soll das Kriterium sein? Darüber scheint in der Politik weitgehend Einigkeit zu bestehen: Die Sieben-Tage-Inzidenz - also die Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und Woche - soll es allein nicht mehr sein. Hinzu kommen sollen Parameter wie die Impfquote und die Auslastung der Krankenhäuser.
Derzeit erscheint die Lage auf den ersten Blick noch entspannt: Die Inzidenz liegt bei gut 21. Allerdings steigt sie seit rund einem Monat wieder kontinuierlich. Und das früher und schneller als im vergangenen Sommer um dieselbe Zeit, als die dritte Welle folgte.

Damals gab es zwar noch keine Impfungen - aber auch noch keine Delta-Variante, die sich anders als frühere Varianten nicht erst bei längerem Kontakt verbreitet, sondern schon bei Begegnungen "im Vorbeigehen", wie die Vizeverbandspräsidentin der Ärzte des Gesundheitsdienstes, Elke Bruns-Philipps, vor kurzem gesagt hatte.