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Karlsruhe: Wege aus Worten: die Telefonseelsorge Karlsruhe

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Wege aus Worten: die Telefonseelsorge Karlsruhe

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    Die Telefonseelsorge Karlsruhe ist rund um die Uhr für die Menschen da.
    Die Telefonseelsorge Karlsruhe ist rund um die Uhr für die Menschen da.

    "Oft ist ein Anruf der erste Schritt sich jemandem anzuvertrauen", so Wiebke Altrogge, die stellvertretende Leiterin der Telefonseelsorge Karlsruhe. Dabei sei die Telefonseelsorge weder eine Rechtsberatung, noch eine medizinische Beratungsstelle. "Seelsorge heißt in erster Linie zuhören und da sein. Seelsorge heißt auch sich erschüttern zu lassen. Es gehört dazu, scheinbar aussichtslose Situationen aus Sicht des Betroffenen erst einmal als solche zu betrachten. Es geht nicht darum gleich einen Ratschlag zu geben," so die Pädagogin.

    Ehrenamtliches Engagement

    Aufgabe der Telefonseelsorger ist also keine umfassende Beratung, Diagnose oder Therapie, sondern vor allem eine erste Hilfestellung. Es sei für die meisten Menschen einfach hilfreich einmal auszusprechen, was in ihrem Inneren vorgehe, betont Altrogge. Bei Bedarf vermitteln die Seelsorger einen Ratsuchenden an eine passende Beratungsstelle weiter.

    Insgesamt 74 ehrenamtliche Mitarbeiter, in der Mehrzahl Frauen, teilen sich den Dienst am Seelsorgetelefon. Viele von ihnen engagieren sich trotz Berufstätigkeit und Familie schon seit Jahren für die Sache. Jeden Tag ist mindestens eine Leitung besetzt. Die Mitarbeiter wechseln sich mit Schichten von vier bis fünf Stunden ab. Monatlich sind die Seelsorger zirka 20 Stunden im Einsatz. Darunter fallen drei Schichten, die restlichen Stunden sind für Supervision und Weiterbildung reserviert.

    Einjährige Ausbildung

    Die Bewerber um eine Stelle als Seelsorger müssen vor allem offen und einfühlsam sein. Daneben ist die Bereitschaft zur Selbstreflexion ein wichtiges Kriterium. "Menschliche Fähigkeiten sind das wichtigste, ein bestimmter Berufsabschluss ist keine Voraussetzung für die Arbeit als Telefonseelsorger," so Altrogge. Die potentiellen Seelsorger durchlaufen eine einjährige Ausbildung, bevor sie das erste Telefonat führen. Zu je einem Drittel besteht diese aus den Bereichen Krisenintervention, Gesprächsführung und Selbsterfahrung. Mit der einjährigen Ausbildungszeit endet der Lernprozess für die Seelsorger aber nicht. Jedes Jahr gibt es zwei Wochenendtagungen zur Fortbildung. Zudem finden regelmäßig Supervisionsgruppen statt, die den Mitarbeitern auch dabei helfen, wenn es einmal nicht gelingt die Probleme der Anrufer hinter sich zu lassen.

    "Vertrauen ist ein Geschenk"

    Welche Motivation treibt die Ehrenamtlichen an? Es gebe ganz unterschiedliche Beweggründe sich in der Telefonseelsorge zu engagieren, so Altrogge. Ein ganz wichtiger Aspekt sei sicherlich der Wunsch für andere da zu sein, aber auch die Chance mit verschiedenen Menschen in Beziehung zu treten. "Die Mitarbeiter betrachten es als Geschenk, wenn ihnen jemand soviel Vertrauen entgegenbringt und über seine persönlichen Probleme spricht. Öffentliche Anerkennung ist dagegen sicher kein Motiv, da die Mitarbeiter in der Regel niemandem außer ihren engsten Vertrauten von ihrer Tätigkeit erzählen," so die Pädagogin. So solle verhindert werden, dass potentielle Anrufer aus Angst an einen Bekannten zu geraten darauf verzichten sich den Seelsorgern anzuvertrauen, erklärt Altrogge dieses Verhalten.

    23.000 Anrufe, aber nur 11.000 Gespräche

    Im Jahr 2009 sind zwar ungefähr 23.000 Anrufe in der Telefonseelsorge eingegangen, tatsächlich wurden aber nur zirka 11.000 Gespräche geführt. Die Diskrepanz erklärt sich daraus, dass die restlichen Anrufe in die Kategorien Scherzanrufe von Kindern, Sexanrufe oder "Aufleger" fallen. Täglich klingelt in der Telefonseelsorge also etwa 60 mal das Telefon, zirka 30 ernsthafte Gespräche entstehen daraus. Die meisten Anrufe gehen in den frühen Abendstunden in der Zentrale ein.

    So wie die meisten Seelsorger weiblich sind, sind auch unter den Anrufern mehr Frauen als Männer. Eine typische Altersgruppe, die sich mit der Telefonseelsorge in Verbindung setzt, gibt es aber nicht. Die meisten Anrufer, rund 40%, rufen wegen zwischenmenschlicher Probleme an, also wegen Schwierigkeiten mit dem Partner, Freunden oder in der Familie. Der Wunsch nach einem Gespräch über psychische Krankheiten mit 15% und Einsamkeit mit 10% sind die zweithäufigsten Beweggründe zum Hörer zu greifen.

    Wie es nach dem Anruf weitergeht, erfahren die Seelsorger nicht

    Normalerweise besteht nach dem Gespräch zu dem Hilfesuchenden kein weiterer Kontakt mehr. Wie es mit den Anrufern nach dem Gespräch weiter geht, erfahren die Seelsorger nicht. "Das ist nicht ganz einfach für die Mitarbeiter, sie müssen erstmal lernen damit umzugehen", merkt Altrogge an. Dass ihre Arbeit sinnvoll und hilfreich ist, erfahren die Mitarbeiter der Telefonseelsorge aber immer wieder am Ende eines Telefonats. Mit den Worten: "Gut, dass sie da waren", endet so manches Gespräch. Auch Dank-Schreiben treffen hin und wieder ein.

    Neben dem klassischen Telefondienst gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit per Email oder Chatmit Seelsorgern in Kontakt zu treten. Diese Angebot wird vor allem von jüngeren Menschen wahrgenommen. "Die Telefonseelsorge wird von diesen neuen Medien aber sicher nicht abgelöst, denn hier entstehen eine ganz andere Beziehung und Nähe zwischen den Gesprächspartnern, die für viele Menschen wichtig sind," so Altrogge.

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